Bildungswerkstatt
Vertrauen ist gut, Zutrauen ist besser
29.-31. August 2024, Leuphana Universität Lüneburg
Bildungswerkstatt der Utopie-Konferenz 2024
Die Alemannen Schule in Wutöschingen (Südschwarzwald) ist derzeit das Mekka für Pädagogen, die ihre Schulen verändern wollen. Wir sehen uns mit Stefan Ruppaner, dem Schulleiter, die Geschichte des Wandels an und werden die Grammatik dieser Pädagogik analysieren. Vorsicht, Ansteckungsgefahr!



Mit:
Stefan Ruppaner- Alemannen Schule, Wutöschingen
Prof. Uta Hauck-Thum - LMU München
Maxi Heß - Leiterin der Universitätsschule Dresden
Kuratiert und moderiert von Reinhard Kahl
Unterricht ist aller Laster Anfang
Resümee von Stefan Ruppaner, Schulleiter
Eine demokratische Gesellschaft braucht andere Schulen
Uta Hauck-Thum, Professorin für Erziehungswissenschaft, LMU München
Versuch macht klug
Maxi Heß, Leiterin der Universitätsschule Dresden

„Wer eine vandalensichere Schule baut, erzieht Vandalen.“
Motto der Alemannenschule
Ich habe viele Schulen gesehen und filmisch dokumentiert, auch in Kanada oder in Skandinavien und natürlich in Deutschland („Treibhäuser der Zukunft“). Doch noch nie habe ich so freundliche Schüler und so entspannte Lehrer gesehen wie in der Alemannen Schule Wutöschingen.
Woran liegt das? Am Vertrauen zu den Kindern und Jugendlichen und dessen Steigerung, dem aktiven Zutrauen? Am selbstorganisierten Lernen mit iPads, über die alle Schüler, sie heißen dort Lernpartner, verfügen?
An den Lernpaketen und der OpenSource-Lernplattform, die zunächst von den Lehrern der Schule, die nun Lernbegleiter heißen, gemacht wurden, dann auch zusammen mit den Lernpartnern und inzwischen von einem Materialnetzwerk, zu dem viele Schulen gehören?
Das selbstorganisierte Lernen ist eine Seite der Schule. Die andere Seite heißt Lernen durch Erlebnis. Beide zusammen verleihen der Schule Flügel und heißen „Schmetterlingspädagogik“.
Wie verlief die Verpuppung dieser Schule, deren Zeit und Raum in 18 Jahren so grundlegend verwandelt wurde? Und welche weiteren Verpuppungen stehen an?
Ein Einschnitt war die Kürzung des Lehrdeputats der Lernbegleiter auf 12 Stunden. Zugleich wurde ihre Anwesenheit auf 35 Zeitstunden (Jahresdurchschnitt) erweitert.
In diesem neuen Zwischenraum wird gelernt. Darin entstehen vielfältige Beziehungen zwischen den Menschen und zur Welt. Und vor allem Beziehungen in jedem zu sich selbst.
Zur Ernte gehören auch überragende Ergebnisse in Vergleichsarbeiten (Baden-Württemberg) und beim Abitur, das die Gemeinschaftsschule, die aus einer Hauptschule in Nöten hervorgegangen ist, nun zum dritten Mal abgenommen hat. (Viele der Abiturienten hatten nach der Grundschule keine „Gymnasialempfehlung“!)
Zum Erstaunlichen dieser Schule gehört auch, wie sie vom Gemeinderat und Bürgermeister, der zunächst ganz anderer Meinung war, getragen wird. Und selbst die FAZ jubelt ganzseitig: „Das Schulwunder von Wutöschingen.“ Es scheint als könnte die radikalste, am gründlichsten an die Wurzeln gehende Schulveränderung in Deutschland, bündnis- und sogar mehrheitsfähig sein. Woran liegt das?
Stefan Ruppaner, der langjährige Schulleiter ist die ganze Werkstatt von Donnerstag bis Samstag dabei. Prof. Uta Hauck-Thum wird aus ihrem Urlaub zugeschaltet sein. Sie arbeitet wissenschaftlich und praktisch an der Veränderung der Grundschule und am Gebrauch digitaler Medien. Wir erwarten in Lüneburg auch Maxi Heß von der Universitätsschule Dresden, wo ebenfalls der Schulalltag einer gründlichen Wurzelbehandlung unterzogen wird.
Wir können der Sache also auf den Grund gehen.
Dazu gehören auch Fragen zur Nutzung und Gestaltung des Digitalen. In der Alemannen Schule läuft die Digitalisierung auf eine Erweiterung und Kultivierung des kommunikativen Nervensystems des Alltags hinaus. Kein Hardwarefetischismus! Wie wird dieses Nervensystem in „Leib und Seele“ der Schule integriert? Damit sind wir in der Mitte der Gesellschaft und ihrer Konflikte. Denn die digitale Transformationen öffnet die Gesellschaft den Zugriffen der Macht. Wer hat sie? Und nirgendwo werden Verwundungen dieses Zugriffs, wenn er von Verwertung und Profit gesteuert wird, deutlicher als bei Kindern und Jugendlichen.
Wer hat Macht über die Gestaltung der neuen neuronalen Netze - nicht nur zwischen sondern auch in den Menschen? Die Alemannen Schule hat sich das Empowerment erlaubt und einfach gemacht, was sie für richtig hielt. Allein das ist enorm.
Reinhard Kahl wird Ausschnitte aus seiner vor der Fertigstellung stehenden großen Dokumentation über diese Schule zeigen und auch von anderen, nicht nur schulischen Transformationen: Von einer Schülerakademie mit Hartmut Rosa. Von der Villa Monte und der Primaria in der Schweiz. Und von der Kinderrepublik Mini München. Schließlich auch Ausschnitte aus einem im Schnitt befindlichen Film über Peter Fratton aus der Schweiz, der den Wandel der Alemannen Schule wesentlich (mit) inspiriert hat. Andere Schauplätze und Geschichten werden von Teilnehmern ins Spiel gebracht.
Im Zentrum die Alemannen Schule. Ihre Geschichte soll über die drei Tage so genau es geht betrachtet, die Grammatik der Schule soll analysiert werden. Geschichten können allerdings nicht kopiert werden. (Auch wenn viele Pädagogen genau das am liebsten - leider! - hätten.) Allerdings können sie Resonanz erzeugen und anstecken. Resonanz ist das Gegenteil von bloßem Echo oder einer Kopie.
Wenn Schulen lernende Organisationen sein wollen, dann haben sie nicht nur eine Geschichte, dann ist jede eine Geschichte, jeweils eigen und souverän, ähnlich menschlichen Biografien. Wesentlich ist das Zusammenspiel mit anderen, also die Gesellschaft.
Es geht um eine übergreifende Grammatik guter Schulen.
Geschichten müssen erzählt, die Grammatik muss analysiert werden. Beides steht auf dem Programm der drei Tage Ende August. Auch Geschichten und Ideen von Teilnehmern! Stefan Ruppaner wird mit Einblicken ins „innere Labor“ eines mutigen Schulleiters voran gehen. Denn auf die Personen kommt es an! Die Haltung.
Das Thema hinter unserem Thema, die zu erneuernde Grammatik der Bildung, ist die Erneuerung der Gesellschaft. Sollten Schulen nicht DNA-Werkstätten für die anstehende große Transformation werden? Wir wollen so unbescheiden sein. Genau darum geht es.
Aber was bzw. wer hindert die Schulen eigentlich daran?
Die Antwort ist beinahe leicht. Sie selber!
„Wir haben den Feind lange gesucht" schreibt Peter Senge vom MIT, einer der Erforscher lernender Organisationen, „wir haben ihn gefunden, wir sind es selber.“
Diese Werkstatt knüpft an die Werkstatt in der vorangegangenen Utopie-Konferenz an: „Die Schule - ein Gasthaus des Lernens.“
Zuvor (Corona) entstanden Zoom-Videos „Was heißt hier Bildung“ . Eines der Videos ging bereits über die Alemannen Schule, andere mit Ute Frevert, Hartmut Rosa, Marina Weisband u.a.
Zeiten der Werkstatt im Verlauf der Utopie-Konferenz
Die Utopie-Konferenz beginnt am 29. August um 10 Uhr und endet am 31. August gegen 21:30 Uhr. Zum Programmüberblick der Konferenz
Donnerstag 29.08.2024:
15:30 - 16:45: | Präsentation des Themas vor dem interessierten Kongresspublikum |
17:15 - 18:30: | Beginn der Arbeit und eventuell Verabredungen für den Abend |
Freitag 30.08.2024:
11:00 - 12:30: | Vorstellen der Alemannen Schule und ihres Wandels |
15:45 - 17:45: |
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Samstag 31.08.2024:
11:30 - 13:00: | Die Grammatik der „Schmetterlingspädagogik“ und anderer Schultransformationen |
14:30 - 16:30: | Abschlussreflexionen, Erweiterung des Gesichtsfeldes, viele Geschichten und weiter mit der Grammatik der Schulerneuerung. Verabredungen weiter zu machen. |