Forschungsaufenthalt in Estland: ESD for 2030 Projekt

25.05.2023 Interview mit Anne Terhardt über ihren Forschungsaufenthalt im Februar/März 2023 in Viljandi, Estland.

1. Hey, schön dass du dir die Zeit genommen hast. Lass uns mit einer kleinen Vorstellung beginnen; wer bist du und was ist deine Verbindung zum ISDL?

Hey, ich bin Anne und ich studiere Global Environmental and Sustainability Studies (im Major) und Bildungswissenschaften (im Minor) an der Leuphana Universität Lüneburg. Seit Februar 2023 arbeite ich als studentische Hilfskraft für das Institute for Sustainable Development and Learning (ISDL). Außerdem schreibe ich am Institut momentan meine Bachelorarbeit in dem Projekt “ESD for 2030 - Learning for and in resilient and sustainable communities”, dass Reallabore als transdisziplinäre und transformative Lernumgebungen thematisiert.

2. Interessant! Was ist das Thema deiner Bachelorarbeit?

In der Bachelorarbeit geht es um die Stärkung der Rolle von jungen Menschen, an nachhaltiger Stadt- und Kommunalentwicklung teilzuhaben. Konkret geht es darum, inwieweit sich junge Menschen (hier: hauptsächlich Schüler*innen zwischen 16 und 18 Jahren) befähigt und motiviert fühlen, sich für nachhaltige Entwicklung in ihrer Stadt/Kommune einzusetzen. 

3. Spannend. Bist du dafür nach Estland gereist? Und was genau machst du im Rahmen deiner Forschung?

Genau, ich war vom 15.02. bis 15.03.23 in Viljandi - einer Kleinstadt im Süden von Estland. Sie ist Partnerstadt in unserem ESD Projekt. Mein Forschungsaufenthalt wurde durch ein PROMOS Stipendium des Deutschen Akademischen Austauschdiensts (DAAD) gefördert.

Vor der Reise habe ich ein spielerisches Workshopkonzept aufgesetzt (deveLAB - New city horizons), welches von Studierenden des Seminars “The future cities of Europe – beyond Lüneburg 2030+” im Sommersemester 2022 entwickelt wurde. Zudem habe ich mich, durch Literaturrecherchen mit den Themen “Reallabore und transdisziplinäre Nachhaltigkeitsforschung” sowie “Youth Empowerment” auseinandergesetzt. Das Workshopkonzept habe ich dann während meines Aufenthalts in Viljandi mit der Unterstützung der Projektpartner*innen im Viljandi Gümnaasium vor Ort umgesetzt. Ziel des Workshops war es, verschiedene Akteur*innen zusammenzubringen und einen Rahmen zu schaffen, in dem sie gemeinsam Ideen für Interventionen für mehr Nachhaltigkeit in Viljandi entwickeln können. Dafür wurde der Gamification Ansatz genutzt; die Workshop Materialien funktionieren wie ein Brettspiel. Das hat auch gut geklappt,insofern, dass die Teilnehmenden spannende und realistische Ideen entwickelt haben, durch die sie lokale Nachhaltigkeitsprobleme angehen können. Zu diesen zählen beispielsweise die Gestaltung eines Gemeinschaftsgartens an der Schule, mehr Radstellplätze an zentralen Orten oder ein Design Projekt für Mülleimer, welches Menschen dazu animieren soll, den Müll richtig zu trennen. 

Nach dem Workshop habe ich die Teilnehmer*innen, die sich dafür freiwillig gemeldet haben, interviewt. Ziel der Interviews war es, herauszufinden, wie sehr sich die Workshop-Teilnehmer*innen darin bestärkt fühlen, sich für mehr Nachhaltigkeit in Viljandi, insbesondere im Rahmen des anlaufenden Realexperiments zu engagieren. Dafür habe ich beispielsweise nach ihrer Motivation, Kompetenzen und Wissen, welche sie in das Projekt einbringen können, und nach ihrem persönlichen Bezug zu den Projektideen sowie zum Thema Nachhaltigkeit allgemein interviewt. Ich habe sie auch danach gefragt, wie sie die Chancen einschätzen, dass ihre Projektideen Wirklichkeit werden.

4. Cool. Das klingt nach einem vielversprechenden Projekt und es scheint, dass du eine gute Zeit in Estland hattest?

Ja, ich hatte auf jeden Fall eine gute Zeit. Ich habe viele nette und engagierte Menschen kennengelernt, sowohl Studierende, Lehrkräfte und Mitarbeiter*innen der Stadtverwaltung als auch insbesondere Schüler*innen, die mich mit ihrer Leidenschaft und Willensstärke für das Thema Nachhaltigkeit fasziniert haben. Sehr spannend fand ich auch, dass die Schule mit der ich zusammengearbeitet habe, bereits sehr engagiert ist und in der Vergangenheit schon viele Projekte in Zusammenarbeit mit der Stadt oder anderen Institutionen umgesetzt hat. Dadurch haben die Schüler*innen die Möglichkeit bekommen auch außerhalb des Schulalltags aktiv zu werden. Außerdem ist Viljandi eine wunderschöne Kleinstadt, die viele kulturelle Veranstaltungen und viel Natur in der direkten Umgebung zu bieten hat. Sehr gerne komme ich bald wieder.

Während meines Forschungsaufenthaltes habe ich auch meine Kommilitonin, Merle Dreessen in Valmiera, Lettland,während des dort stattfindenden Eco-school Forums besucht. Das war auch super spannend. 

5. Jetzt, wo du wieder zurück in Deutschland bist, wie geht es mit deiner Forschung weiter und was passiert mit den Daten, die du während deines Forschungsaufenthalts gesammelt hast?

Ich analysiere jetzt die Interviews und die Workshopergebnisse ( die Teilnehmenden haben ihre Ideen und Arbeitsprozesse schriftlich festgehalten) inwieweit die Teilnehmenden empowered sind um sich weiterhin für eine nachhaltige Entwicklung in Viljandi zu engagieren. Mithilfe der Daten versuche ich auch herauszufinden, was an dem Workshopkonzept noch weiter optimiert werden könnte und ich möchte praktische Tipps für die Umsetzung zusammenstellen, welche für zukünftige Umsetzungen des Workshopkonzepts von Nutzen sein könnten. Diese Tipps sollen später auch in ein Handbook for Practitioners integriert werden, in welchem die wichtigsten Learnings aus allen 3 Projektpartnerkommunen zusammengeführt werden und welches eine praktische Hilfestellung für die Umsetzung von Reallaboren darstellen soll.

6. Das heißt, damit trägt deine Forschung dann auch zum Projekt “ESD for 2030” bei?

Genau, so ist der Plan. Ich hoffe auch sehr, dass die Erkenntnisse meiner Forschung von Nutzen für die weitere Entwicklung des Projekts in Viljandi sein werden. Es scheint, beispielsweise so, als gäbe es in Viljandi einige Schüler*innen, die ein sehr starkes Interesse für das Thema Nachhaltigkeit in ihrer Stadt haben. Auf ihr Interesse und Engagement könnte zukünftig aufgebaut werden und man könnte versuchen, die Jugendlichen in ihrem Engagement noch mehr zu bestärken, so dass sie in Zusammenarbeit mit weiteren Akteur*innen eine große Wirkung erzielen können.

Falls ihr noch Fragen habt meldet euch gerne unter anne.terhardt@stud.leuphana.de. 

Teilnehmende beim Workshop mit SDGs ©Merle Dreessen
Workshopteilnehmende ordnen ihren Nachhaltigkeitsherausforderungen passende SDGs zu.
Workshop im Viljandi Gümnaasium ©Anne Terhardt
Während des Workshops im Viljandi Gümnaasium: Teilnehme arbeiten in Kleingruppen.
Workshop in Viljandi ©Merle Dreessen
Während des Workshops am Viljandi, Gümnaasium : Teilnehmende arbeiten an ihren spezifischen Gruppenthemen.