©Leuphana/Tengo Tabatadze
Laura Lambert ist Postdoktorandin im ERC-Projekt "Doing Digital Identities" mit Schwerpunkt auf die Feldstudie in Sierra Leone.

Menschen in Sierra Leone wiesen sich bisher mit ihrer Wahlkarte aus. Doch mittlerweile fördert die EU biometrische ID-Karten mit Fingerabdruck. „Sie sind kaum zu fälschen und dienen unter anderem der Migrationskontrolle“, erklärt Laura Lambert. Die Anthropologin forscht mit ethnografischen Methoden in Westafrika. Sie beobachtet etwa die Abläufe in der Behörde, die die neuen Ausweise ausstellt. „Nicht jeder kann sich die Karten leisten. Sie kosten etwa drei Tageslöhne. Dennoch werden sie immer wichtiger, denn ohne die neuen ID-Karten gibt es kaum noch einen Schulabschluss oder eine SIM-Karte. Auch eine Erbschaft kann nicht angetreten werden“, erklärt die Migrationsforscherin. 

Einerseits sei es ein Recht einen Identitätsausweis zu besitzen, andererseits habe die EU damit viel Einfluss auf Sierra Leone. „Dem Land fehlen Schulen und Universitäten. Die Gesundheitsversorgung ist schlecht. Ein staatliches Budget könnte auch anders angelegt werden als zur Migrationskontrolle“, erklärt die Forscherin. 

Zudem seien es hauptsächlich die wohlhabenden Menschen, die sich auf den Weg nach Europa begeben würden. „Die Reise kostet rund 3000 Euro. Das können sich nicht viele leisten“, sagt Laura Lambert. Oft werde Migration in Westafrika als Prozess der Reifung angesehen: „Umgekehrt wirft es ein schlechtes Licht auf jene, die die Reise nicht bezahlen können.“

In Sierra Leone etwa wird die Debatte über Migration anders geführt als in Europa: „Es gibt eine Kultur der Bewegungsfreiheit und kritische Aufarbeitung der Kolonialgeschichte des Landes. Viele sagen: Wir haben ein Recht, nach Europa zu kommen.“

Laura Lambert studierte Sozialwissenschaften an der Humboldt-Universität in Berlin und promovierte am Max-Planck-Institut für ethnologische Forschung, Halle (Saale). Sie ist Postdoktorandin im ERC-Projekt „Doing Digital Identities“ (DigID) mit Schwerpunkt auf die Feldstudie in Sierra Leone. In ihrer Dissertation untersuchte Laura Lambert auf Grundlage einer umfassenden Ethnographie die EU-Externalisierung des Flüchtlingsschutzes in den Niger. Zu ihren Forschungsinteressen gehören die Umgestaltung der europäischen Migrationskontrolle und Asylpolitik in den kooperierenden afrikanischen Drittstaaten, politische Kämpfe von Migrant*innen sowie Infrastrukturen und internationale Organisationen.

Die gemeinnützige Hertie-Stiftung stiftet jährlich den Klaus-J.-Bade-Nachwuchspreis für Migrations- und Integrationsforschung, der in Kooperation mit dem Berliner Institut für empirische Integrations- und Migrationsforschung (BIM) der Humboldt-Universität zu Berlin verliehen wird. Dieser Preis ehrt Nachwuchswissenschaftler*innen, die sich durch herausragende Forschungsleistungen in der Migrations- und Integrationsforschung auszeichnen. Das Preisgeld beträgt 7500 Euro.

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  • Dr. Laura Lambert