Migration and Mobility Studies

Mobilität affiziert nicht nur diejenigen, die sich bewegen, sondern jeden und jede, insofern die Moderne von einer allgemeinen Tendenz zur Mobilisierung von Gütern, Dienstleistungen und Menschen geprägt ist. Migration und Mobilität sind demnach keine isolierten Teilbereiche des gesellschaftlichen Geschehens, sondern konstituierende Praxen moderner Vergesellschaftung. Migrationen fordern die affektiven und normativen Grundlagen von Solidaritäten, sozialen Zugehörigkeiten und damit verbundenen Handlungsroutinen beständig heraus und sind damit Antriebskräfte gesellschaftlicher Transformationen.

Mit Mechanismen der Entschleunigung und Re-Territorialisierung wird symbolisch wie materiell das Bedrohliche der Mobilität bewältigt. Der soziologische Diskurs begegnet dem allgemein mit Konzepten wie dem der sozialen Kohäsion, buchstäblich dem „Kitt“ einer Gesellschaft. Demgegenüber betont der Forschungsbereich Migration and Mobility Studies den Gesichtspunkt der Produktivität von Mobilität und Migration. Vor diesem Hintergrund handelt es sich auch um Chiffren, mit denen gesellschaftliche Dynamiken und Entwicklungstendenzen übersetzt und verhandelt werden, etwa in Gestalt der Polarisierung, durch die Migration zum neuen politischen Cleavage westlicher Gesellschaften wird. Besonders pointiert zeigt sich die systemische Ambiguität der Bedeutung von Migration und Diversität (zwischen „Innovation“ und „Destabilisierung“) im Bereich der Kulturproduktion, in dem Praktiken der Abweichung und des Bruchs eine zentrale Rolle spielen. Die Produktivität der Migration zeigt sich aber auch darin, dass sie zum Medium alternativer Vergesellschaftungen wird, etwa in Figuren einer Solidarität mit Anderen, die auf konkreten Praktiken zivilgesellschaftlicher Akteure fußt, die Bindungen, Verantwortungen und Affizierungen produziert und damit eine gleichsam horizontale Topologie des Sozialen entwickelt.

Ein wichtiges Forschungsfeld stellt in diesem Zusammenhang die Debatte um Rassismus bzw. die Herausarbeitung theoretisch-methodischer Spezifika des Rassismusbegriffs gegenüber Konzepten wie dem „Vorurteil“ oder der „Diskriminierung“ dar. Ein zentrales Element dieses Vorhabens ist es, das transdisziplinäre Potenzial der Affekttheorie zu mobilisieren um die konstitutive Unbestimmbarkeit des Rassismus – seine Virtualität oder Latenz zu fassen.

Wichtige Gegenstände der Lehr- und Forschungsprojekte sind:

  • Zivilgesellschaftliche Organisationen und Diversität
  • Soziale Konflikte (um Anerkennung, gegen Diskriminierung, etc.)
  • Postmigrantische Allianzen und Solidarität
  • Affekt/Emotion als Medien sozialer Transformation im Kontext sozialer Bewegungen
  • Machine Learning und Rassismus

Team

  • Prof. Dr. Serhat Karakayali
  • Dr. Benjamin Opratko