Das erste Rendezvous: Der Mann zahlt fast immer

18.08.2025 Die Linguistin Anne Barron sah sich deutsche und britische Ausgaben der Reality-Show „First Dates“ genauer an. Das Ergebnis: Zwar zahlt in beiden Ländern meist der Mann. Doch gibt es große Unterschiede, wie das zwischen den Paaren ausgehandelt wird.

©Leuphana/Tengo Tabatadze
„Männer und Frauen ticken beim ersten Date noch erstaunlich traditionell", erklärt die Linguistin Prof. Dr. Anne Barron, „sowohl in Deutschland als auch in Großbritannien.“

Zwei Unbekannte auf Partnersuche treffen sich zu einem romantischen Abendessen. Ein privater Fernsehsender hat das Rendezvous in einem TV-Restaurant arrangiert. Zum Konzept der Sendung „First Dates“ gehört auch die Frage: Wer zahlt? Nach gutem Essen und angeregten Gesprächen stellt der TV-Kellner eine kleine Schatztruhe auf den Tisch. Darin liegt die Rechnung. Diese Szenen haben sich Anne Barron und ihr wissenschaftliches Team besonders genau angesehen – und zwar sowohl in der britischen als auch deutschen Fassung des TV-Formats.

Vorweg: Der Mann zahlt fast immer, nur selten wurde die Rechnung geteilt. Aber sprachlich wurde das Ergebnis in beiden Nationen unterschiedlich ausgehandelt. „Die deutschen Männer boten zwar öfter zuerst an, die Rechnung zu übernehmen, waren aber weniger direkt als die Briten“, erklärt die Professorin für Englische Sprache. „Darf ich bezahlen?“ oder „Ich würde dich gern einladen“ waren häufige Angebote. In der britischen Ausgabe eröffneten die Frauen oft die Aushandlung mit Vorschlägen wie „Are we going halves?“ und schlugen insgesamt mehr als deutsche Frauen vor, die Rechnung zu teilen. Der Mann konterte darauf häufig und direkt: „No, I‘ll get it.“

„In beiden Kulturen ist das Bezahlen der Rechnung ein Ausdruck von Männlichkeit“, sagt Anne Barron. „Gleichzeitig ist das auch nett gemeint. Dennoch ist diese Norm auch gesichtsbedrohend für die Frau. Schließlich ist sie eigenständig und kann für sich selbst sorgen. Außerdem möchte sie nicht gierig erscheinen.“ 

Die Britinnen bewahren ihr Gesicht durch ihre Aushandlungsstrategie: „Sie nehmen das Heft in die Hand und schlagen vor, die Rechnung zu teilen. So bewahren sie ihr Gesicht“, erklärt die Professorin. In der deutschen Fassung der Show übernehmen dagegen die Männer ein Stück weit diese Aufgabe. „Mit Fragen wie ,Darf ich dich einladen?‘ holen sie sprachlich die Erlaubnis der Frau ein“, erklärt Anne Barron. 

Diese kulturellen Unterschiede widersprechen zum Teil den bisherigen Forschungsergebnissen zu sprachlichen Strategien im Großbritannien und in Deutschland. „Eigentlich gelten die Deutschen als deutlich direkter“, sagt die Wissenschaftlerin. „Zumindest für die Aushandlung, wer bei einem Date die Rechnung übernimmt, scheint das aber nicht zu gelten“. Neben den kulturellen Unterschieden überraschte sie besonders die klare Rollenverteilung: „Männer und Frauen ticken beim ersten Date in diesem Punkt noch erstaunlich traditionell – sowohl bei uns als auch in Großbritannien.“

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