Neu an der Leuphana: Prof. Dr. Johanna Croon-Gestefeld

EU-Recht im gesellschaftlichen Wandel

30.05.2023 Studium und Promotion am Europäischen Hochschulinstitut in Florenz, Forschungsaufenthalte am Europäischen Gerichtshof und der Yale Law School: Die Juristin ist Expertin auf dem Gebiet des Transnationalen Rechts. Seit April ist Johanna Croon-Gestefeld Professorin für Bürgerliches Recht, insbesondere Transnationales Privatrecht, an der Leuphana Law School. Sie betrachtet das Bürgerliche Recht im Kontext von gesellschaftlichen Entwicklungen.

Prof. Croon Gerstefeld ©Leuphana / Ciara Charlotte Burgess
Prof. Croon Gerstefeld ©Leuphana / Ciara Charlotte Burgess
Prof. Croon Gerstefeld ©Leuphana / Ciara Charlotte Burgess

„Die Professur an der Leuphana bildet genau meine Interessen ab“, findet Johanna Croon-Gestefeld, „hier kann ich mich dem Privatrecht im Mehrebenensystem widmen.“ Das heißt, auf Bundesebene, europaweit und international. Die 37-Jährige hat sich bewusst für die Stelle entschieden, einen Ruf an die Universität Bremen lehnte sie zugunsten der Leuphana ab. In ihrer Forschung möchte sich die Rechtswissenschaftlerin künftig auf transnationales Familienrecht sowie nachhaltiges Privatrecht fokussieren. Wie kann der Schutz von pflegebedürftigen Erwachsenen in Fällen mit grenzüberschreitendem Bezug sichergestellt werden oder wie kann gleichgeschlechtliche Elternschaft innerhalb der Europäischen Union Anerkennung finden? Und wie verändern Diskussionen rund um die Klimakrise das Recht, etwa wenn es um den „Green Deal“ der EU oder Klimahaftungsklagen gegen Großkonzerne geht? „Mein Ansatz für solche Fragen ist kein ideologischer“, betont Croon-Gestefeld, „sondern es geht mir darum, wie sich das Recht verändert und welche Fragestellungen sich aus der gesellschaftlichen Entwicklung für das Recht ergeben.“ Die Leuphana sei für solche Fragen der richtige Ort: „Hier besteht ehrliche Neugier und ein offener Blick für gesellschaftliche Fragen“, sagt Croon-Gestefeld.

Ihr beruflicher Weg begann für die gebürtige Oberbayerin mit dem Jurastudium an der Hamburger Bucerius Law School. Nach dem ersten Staatsexamen beschloss die damals 23-jährige, den Schritt ins Ausland zu wagen: an das Europäische Hochschulinstitut in Florenz. Die staatenunabhängige Forschungseinrichtung wird von den EU-Mitgliedsstaaten getragen. Sie soll Studierenden ein internationales, gesellschaftsorientiertes Studium ermöglichen, mit dem Ziel, einen Beitrag zur Entwicklung Europas zu leisten. Zu den Absolvent*innen zählen namenhafte Akteur*innen aus Wissenschaft, Politik und Recht, wie Giuliano Amato, Italiens ehemaliger Ministerpräsident, oder Miguel Poiares Maduro. Der ehemalige Generalanwalt am Europäischen Gerichtshof betreute auch die Promotion von Johanna Croon-Gestefeld.

Die Rechtswissenschaftlerin absolvierte in Florenz ihren Master of Laws in Rechtsvergleichung, Europarecht und Internationalem Recht und promovierte anschließend. In ihrer Promotion analysierte sie den europäischen Gleichheitssatz: Was bedeutet das Recht auf Gleichbehandlung aller europäischen Unionsbürger in der Praxis? Schließlich hat jeder Mitgliedstaat immer noch besondere Rechte für seine Staatsbürger. Wie wird das EU-Recht angewandt und welche Institution ist wann in der Verantwortung? „Das ist auch das Spannende am Transnationalen Recht“, findet Croon-Gestefeld, „zu schauen, welche Institutionen bestimmte Fragestellungen behandeln, wie Urteile von den verschiedenen Akteuren aufgenommen werden und wie sich das auf die Legitimität des Rechts auswirkt.“

Während ihrer Promotion unternahm die Rechtswissenschaftlerin Forschungsaufenthalte am Europäischen Gerichtshof in Luxemburg und an der Yale Law School. Während sie noch an ihrer Promotionsschrift schrieb, begann Croon-Gestefeld ihr Referendariat am Hamburger Oberlandesgericht. In dieser Zeit wurde sie unter anderem von Till Steffen ausgebildet, heute Abgeordneter im Bundestag, und absolvierte eine Station am Bundeswirtschaftsministerium. Anfang 2015 legte sie ihr zweites Staatsexamen ab und arbeitete anschließend als Wissenschaftliche Assistentin am Lehrstuhl für Bürgerliches Recht, Europäisches und Internationales Privatrecht an der Bucerius Law School bei Professorin Dr. Anne Röthel.

Parallel begann sie ihre Habilitationsschrift über Gemeininteressen im Privatrecht. In der Regel sei das Privatrecht nicht der Ort, um Gemeininteressen, zum Beispiel Umweltanliegen, zu verhandeln. Umweltschutz werde in der Regel über das Öffentliche Recht und das Strafrecht geregelt. Johanna Croon-Gestefeld hinterfragt dieses Verständnis: „Die Idee, dass es im Privatrecht ausschließlich um freie, gleiche Individuen geht, die miteinander in Verbindung treten, ist zu vereinfacht gedacht.“ Ein aktuelles Beispiel bietet das im Privatrecht angesiedelte Verbraucherrecht: das Recht auf Reparatur, derzeit auf europäischer und nationaler Ebene heiß diskutiert. Das Ziel: Die Lebensdauer von Produkten verlängern, einen Schritt weg von der Wegwerfgesellschaft und hin zur Kreislaufwirtschaft. Im Fall des Rechts auf Reparatur würde eine Bestimmung aus dem Privatrecht dem gemeinschaftlichen Interesse für mehr Umweltschutz zugutekommen.

Kontakt

  • Prof. Dr. Johanna Croon-Gestefeld, LL.M. (EUI)