Abstract

Die Hamburger Künstlerin Nana Petzet beschäftigt sich seit den 1990er Jahren mit dem Wert von Dingen. In unterschiedlichen Projekten und Versuchsanordnungen untersucht sie, wie sich das Denken über und Wahrnehmen von materiellen Objekten allein durch ihre Zuschreibungen als ästhetisch, nützlich oder dysfunktional verändern.

In ihrem Projekt System SBF - Inventarisation der Sammlung mit HIDA-MIDAS benutzt sie eine für Kunstgegenstände konzipierte Datenbank, um ihre umfangreiche Sammlung von Recyclingobjekten performativ in den Kunststatus zu erheben. Akribisch werden die instand gesetzten Alltagsgegenstände unter kunsthistorischen Aspekten wie Materialität, Alter, Provenienz etc. erforscht, beschrieben und verschlagwortet. Dafür entwickelte Petzet ein komplexes künstlerisches Kategorisierungsverfahren. Die Überführung der Objekte in – teilweise übertrieben – detailreiche Datensätze ermöglicht, diese ganz neu wahrzunehmen. 

Durch den absurden Charakter dieser Inventarisation, rückt gleichzeitig die Logik der Datenbank selbst ins Rampenlicht. Basierend auf MIDAS (Marburger Inventarisations-, Dokumentations- und Administrationssystem), dem Regelwerk zur Strukturierung kunst- und bauhistorischer Information, galt die in den 1990er Jahren entwickelte Software HIDA (Hierarchischer Dokument-Administrator) lange Zeit als Standard institutioneller Datenerhebung. Petzet testet dieses Inventarisierungsprogramm und nutzt es als Simulator, um das Vollständigkeit und Objektivität beanspruchende Erfassen von Objektkunst mit deutlichem Alltagsbezug in allen seinen Möglichkeiten aus künstlerischer Perspektive nachzuvollziehen. Bis heute wurden 140 Objekte exemplarisch erfasst. 

In der jüngsten Phase des Projektes, wurden Petzets Datensätze in das online zugängliche Bildarchiv Foto Marburg integriert. Das erforderte eine Anpassung und Verflachung ihrer Datensätze, gleichzeitig stehen nun ihre Müll- und Recyclingobjekte gleichwertig neben Kunstobjekten – was Petzets Sammlung ebenfalls in den Kunststatus erhebt. Die Simulation einer Kunstdatenbank wurde zum Mittel über Sein und Nichtsein in der Kunst zu reflektieren.

Veranstaltungsort
Lesesaal, Stadtarchiv Lüneburg
Wallstraße 4
21335 Lüneburg

Konzept und Organisation
Martin Warnke

Anmeldung
Der Vortrag ist kostenlos und für die Öffentlichkeit frei zugänglich, es wird keine Anmeldung benötigt.