Philipp Macele M.A. (geb. 1990), studierte von 2010 bis 2015 Kulturwissenschaften an der Leuphana Universität Lüneburg mit dem Schwerpunkt Medien- und Kultutechnik und von 2015 bis 2018 im Master Medienwissenschaft an der Humboldt Universität Berlin. Während des Studiums arbeitete er u.a. als Forschungsstudent in der DFG-Forschergruppe MECS (Media Cultures of Computer Simulation), als studentische Hilfskraft am Lehrstuhl für Medientheorie und als Kurator des Medienarchäologischen Archivs der Humboldt Universität. Seit 2018 ist er wisenschaftlicher Mitarbeiter im DFG-Forschungsprojekt Medien der Assistenz, Doktorand der Leuphana Universität Lüneburg und beschäftigt sich mit Assistenzsystemen in der Hard- und Softwareentwicklung. 

Forschungsprojekt

Simulierte Computer

Computer, basierend auf vollintegrierten Mikrochips, sind die hardwareseitige Grundlage von  dynamischen, statistischen, hybriden oder Agenten basierten Computersimulationen. Allen Formen  der Computersimulation ist dabei gemein, dass sie von der Leistung der jeweiligen Hardware  abhängig sind. Komplexe Simulationen und die damit verbundenen Berechnungen können nur auf  ebenfalls komplexen und leistungsstarken Computersystemen durchgeführt werden.  Computersimulationen, im Speziellen die leistungsintensive Simulationen von realweltlichen  Systemen, geht folglich das medientechnische a priori der vollintegrierten Mikrochips voraus,  welches die heutige Rechenleistung und somit komplexe Computersimulationen erst ermöglicht  hat. 

Für die Entwicklung von eben dieser medientechnischen Grundlage kommen ebenfalls  Computersimulationen zum Einsatz. Hierbei werden die einzelnen Logikblöcke der integrierten  Schaltungen in einzelnen Teilen zur Überprüfung ihrer Funktionsweise simuliert. Alles, vom  Stromfluss über das Rauschen bis hin zum thermischen Verhalten im System, muss für die  einzelnen Logikblöcke, aus denen sich der Mikrochip zusammensetzt, simuliert werden, um  sicherzustellen, dass das Design richtig funktioniert und optimiert ist. Wie Kittler schon 1991 in  dem Vortrag »There is no Software« sagte: „Die geometrischen Fähigkeiten der jeweils letzten  Rechnergeneration reichen eben hin, um die Topologie ihrer Nachfolgegeneration zu entwerfen“1 

und da ein leistungsfähigeres System nicht auf einem schwächeren laufen kann, muss die nächste  Chipgeneration in Teilen simuliert werden.  

Das hier vorgeschlagene Projekt wird die Medien- und Kulturgeschichte des Einsatzes von  Computersimulation zur Konzeption und Herstellung von Microchips beleuchten. Ausgangspunkt  der Recherche ist der 1976 veröffentlichte DARPA-Bericht von Carver Mead, Ivan Sutherland und  Thomas Everhart »Basic Limitations in Microcircuit Fabrication Technology«. In diesem legen die 2 Autoren dar, dass mit den zu dieser Zeit bestehenden und – ihrer Aussage nach – zum größten  Teil aus historischen Faktoren erwachsenen Methoden der Computerentwicklung, die aus der  Elektrotechnik, Logik etc. stammen, die Entwicklung von integrierten Schaltkreisen bald an ihre  Grenzen stoßen wird. Ivan Sutherland führt diese Überlegung in einem Brief an seinen Bruder  Bert, der zu diesem Zeitpunkt eine Forschungsabteilung am XEROX PARC Forschungszentrum  leitet, aus und schrieb zu seine Überlegungen zum Designprozess von Mikrochips: 

»He should be able to describe that design to a computer in terms corresponding to his  conception, have the design simulated to see if its performance is what he expects, obtain  computer help in executing the layout, and have the masks prepared automatically.«3 

Nach ersten Recherchen handelt es sich hierbei um eine der ersten Überlegungen zum Einsatz  von Computersimulation zur Konzeption von Mikrochips. Ausgehend von diesen beiden  Schriftstücken wird das angedachte Projekt die historischen Quellen, die für diese epistemische  Konstellation relevant sind, recherchieren und näher analysieren, um nachzuvollziehen, wann und  unter welchen Umständen Computersimulationen Teil des Entwicklungsprozesses von Mikrochips  und somit von Computern selbst wurden. Diese Aufarbeitung ist relevant, um zu bestimmen, in  welchem Umfang Computersimulationen nicht nur Methoden sind, die durch den Computer  ermöglicht wurde, sondern Bedingung der Entwicklung von Computern und somit von digitalen  Kulturen.

 

Referenzen 

Friedrich A. Kittler: Draculas Vermächtnis / technische Schriften, Leipzig 1993, S. 227. 1 

Ivan E. Sutherland, Carver A. Mead, Thomas E. Everhart: Basic Limitations in Microcircuit Fabrication Technology,2 o. O. 1976, online unter www.rand.org/pubs/reports/R1956.html, abgerufen am 15.07.2021. 

Ivan Sutherland: The Sutherland Letter of 1976, o. J., online unter ai.eecs.umich.edu/people/conway/VLSI/ 3 BackgroundContext/Sutherland_Letter.html, abgerufen am 15.07.2021.