Prof. Dr. Petra Löffler

Petra Löffler hat zuletzt an der Humboldt-Universität zu Berlin Kulturtechniken und Wissensgeschichte gelehrt. Von 2011 bis 2015 war sie Professorin für Medienphilosophie an der Bauhaus-Universität Weimar und im WS 2015/16 Senior Fellow am Internationalen Kolleg für Kulturtechnikforschung und Medienphilosophie in Weimar. 2012 habilitierte sie sich an der Universität Wien mit einer medienwissenschaftlichen Arbeit über Kulturen der Zerstreuung, wo sie von 2008 bis 2011 als Universitätsassistentin am Institut für Theater-, Film- und Medienwissenschaft tätig war. Petra Löffler forscht zu Medienarchäologie, Bildmigration und Archivpraktiken sowie zur Medienökologie. Seit 2009 ist sie Redakteurin der Zeitschrift für Medienwissenschaft. Aktuelle Veröffentlichungen: Verteilte Aufmerksamkeit. Eine Mediengeschichte der Zerstreuung, Zürich/Berlin (diaphanes) 2014; Ghosts of the City: A Spectrology of Cinematic Spaces, in: Communication+1, vol. 4 (2015), article 9 (online); Zeitschrift für Medienwissenschaft, 14 (2016): Medienökologien (mit Florian Sprenger).

 

FORSCHUNGSPROJEKT

Weltsimulationen und das Wissen der Ökologie 

Ökosysteme sind nach der Definition Arthur George Tansleys heuristische epistemische Ensembles, deren Relationen zwischen biotischen und nichtbiotischen Agenten permanenten Schwankungen sowie komplexen Regulierungsprozessen unterliegen. Diese Komplexität von Ökosystemen zu beobachten und zu analysieren hat die wissenschaftliche Ökologie mit systemtheoretischen und kybernetischen Modellen in Berührung gebracht: 1948 veröffentlichte George Evelyn Hutchinson seinen Beitrag „Circular Causal Systems in Ecology“ und 1953 nahm Eugene T. Odum Tansleys Begriff zum Ausgangspunkt seiner „Fundamentals in Ecology“. Durch diese theoretische Fundierung wurden zentrale ökologische Fragen nach den Grenzen des Wachstums, der Endlichkeit natürlicher Ressourcen und den negativen Folgen von Umweltverschmutzungen zunehmend in einem globalen Maßstab mathematisch analysiert und modelliert. Gleichzeitig schärften Umweltbewegungen das Bewusstsein für die Dringlichkeit ökologischer wie ökonomischer und sozialer Probleme und drängten auf politische Lösungen. Durch die Zusammenarbeit des Club of Rome mit einer MIT-Forschergruppe kamen dabei verstärkt Computersimulationen, die Jay W. Forrester seit den 1950er Jahren am MIT entwickelt hatte, zum Einsatz, um die Interdependenzen zwischen beschleunigter Industrialisierung, rapidem Bevölkerungszuwachs, Mangelernährung, Ressourcenerschöpfung und Umweltverschmutzung in globalem Maßstab zu untersuchen und entsprechende Zukunftsszenarien zu entwickeln. 

Das Forschungsprojekt widmet sich den Interdependenzen zwischen der Fundierung ökologischen Wissens, der Modellierung von Zeithorizonten und politischer Entscheidungsfindung am Beispiel des vielbeachteten Berichts „The Limits to Growth“, der erstmals 1972 und erneut 1992 und 2004 erschienen ist. Dabei soll in einem ersten Schritt die Veränderungen der Ausgangsdaten und Methoden der Simulation in den Blick genommen werden, die zwischen den drei Veröffentlichungen stattgefunden haben. In einem zweiten Schritt gilt es, die aus dem Zusammenschluss von Daten, Modellierungen und Simulationen erwachsenen Prognosen in Beziehung zu den jeweiligen ökonomischen und politischen Zielen zu setzen. Diese mikrohistorische Untersuchung verspricht sich Aufschlüsse über das Zusammenwirken von ökologischer Theoriebildung, mathematisch-statistischer Modellierung und kultureller Prägung von Zukunftshorizonten, um an deren Schnittfeldern die Emergenz von Kulturen der Simulation beobachten zu können.