Fellows WS 2013/14

Affektive Verschaltungen

„Que faire de notre cerveau?“, fragte die französische Philosophin Catherine Malabou 2003 (dt. 2006), um den „Handlungsbereich der Plastizität des Gehirns“ in den Mittelpunkt ihrer Untersuchung zu rücken und diesem eine „offene Plastizität“ zuzuschreiben, die sie sodann in Les nouveaux blesses (2007; engl. The New Wounded, 2012), mit dem vielsagenden Untertitel From Neurosis to Brain Damage, nochmals zuspitzt. Was, so eine ihrer zentralen Fragen dort, wenn die Psychoanalyse nur Krankheiten erkennen bzw. bestimmen konnte, die sie zu Beginn  des 20. Jahrhunderts als psychische Krankheiten benannte, da Bau und Funktion des Gehirns nicht bekannt waren, und die wir heute nicht mehr länger als psychische, sondern als Gehirn(zer)störungen verstehen bzw. neu codieren müssen?

Kulturgeschichte der elektronischen Tierkennzeichnung

Liegt der Fokus nicht nur auf der Betrachtung von einzelnen Tieren als Individuen, sondern wird auch ihr soziales Herdengefüge in den Blick genommen, ergeben sich in der Folge Fragestellungen nach deren Verhalten untereinander und den Modifikationen im Dreieck zwischen Mensch, Tier und Technik. Auch veränderte zeitliche und räumliche Anordnungen der Tiere durch die zunehmende Technisierung innerhalb der Nutztierhaltung machen neue Verortungen in der Herde notwendig. Sowohl Technik als auch Körperlichkeit müssen miteinander in Beziehung gesetzt, zusammengeführt, systematisiert sowie reflektiert und diskursiv neu verhandelt werden.

Gilbert Simondons spekulative Ökologie

Gilbert Simondons großangelegtes Projekt einer spekulativen Ökologie, wie man es nennen kann, spielt für die konzeptuelle Verallgemeinerung von Umweltlichkeit eine entscheidende Rolle. Es muss als der erste Versuch einer umfassenden Philosophie der kybernetischen Natur gelten, die auf der Höhe der technologischen Bedingung ist und als weitreichende theorie- und begriffspolitische Reaktion auf sie entziffert werden kann. Das Forschungsprojekt wird in einer ersten Phase Simondons spekulative Ökologie im weiteren Kontext der Epochenbewegung rekonstruieren und sie hinsichtlich möglicher Anschlüsse für eine allgemeine Ökologie der Simulation befragen.

Pandemische Weltordnun

Im Zentrum meiner gegenwärtigen Arbeit steht das globale Sicherheitsdispositiv, das sich im Umgang mit so genannten „Emerging Infectious Diseases“ herausbildet. Dabei betrachte ich den Pandemiefall als ein Laboratorium, in dem transnationale Regierungsformen in einer dicht vernetzten Weltgesellschaft entwickelt, getestet oder transformiert werden. Die Furcht vor der globalen Ansteckung und das Streben nach „biologischer Sicherheit“ konzentrieren sich in der Frage, wie weltweite Bewegungen und Kontakte kontrolliert werden können. In den Blick gerät auf diese Weise eine Situation der globalen Interkonnektivität, in der die Zirkulation von Pathogenen im unauflöslichen Verbund mit der Zirkulation von Menschen und Dingen erscheint.

MECS und Dispositive der (Un-)Sicherheit

Mein Forschungsprojekt diskutiert das Verhältnis von Medienkulturen der Computersimulation und gegenwärtigen Dispositiven der (Un-)Sicherheit. Seit den 1980er Jahren, verschärft nochmals durch 9/11, findet ein Umbruch in der Logik der Sicherheitsproduktion statt, der zu neuen Konstellationen und Verbindungen von Handlungsinstanzen, Formen des Denkens, der Kalkulation von (Nicht-)Wissen (unknown unknowns) und Interventionsstrategien (Preemption, Precaution, Preparedness) führt. Auf der Phänomenebene ist eine Entgrenzung und Dezentrierung von Sicherheitshandeln zu beobachten. Immer mehr Bereiche des gesellschaftlichen Lebens werden als Risiken identifiziert und als Sicherheitsprobleme behandelt. Gegenwärtige (Un-)Sicherheitsdispositive streben nach Sicherheit, indem sie Unsicherheiten evozieren.