Fellows WS 2014/15

Remote sensing, remote control

Im Rahmen meines Projekts soll insbesondere die militärische Technikgeschichte des menschlichen Fernzugriffs auf Apparate in den Blick genommen werden, der Fokus liegt dabei auf der Fernsteuerbarkeit unbemannter Flugobjekte. Ausgangsthese ist es, dass 1) technikgeschichtlich: mit Entwicklungen in der Mikroelektronik 2) ideengeschichtlich: mit der Kybernetik 3) gesellschaftspolitisch: mit dem Kalten Krieg zunächst ein Eingreifen in, mit den Aufklärungsdiskursen ab den 1960ern dann auch ein Wissen von „hostile environments“ (zivil: in der Tiefseeforschung und der Raumfahrt; aber eben auch in den reconnaissance-Programmen der Supermächte) denk- und anwendbar wurde. 

Automatisierung des Beobachter

Seit Neuestem finden sich sogar in Simulationssystemen ‚Beobachtungsinstrumente‘, die ‚in-situ‘ Daten in ‚in-silico‘ Welten sammeln. In Klimasimulationen schwirren Satelliten, die ähnlich ihren realen Pendants die Rückstrahlung der digitalen Atmosphäre messen. In Chemiesimulationen klettern Random-Walker-Programme über Energietäler und -berge um existenzfähige chemische Verbindungen zu lokalisieren. Mein Projekt geht wissenschaftsphilosophisch anhand von Fallstudien zwei Fragen nach: Was bedeutet es für eine Wissenschaft, die sich immer noch als empirische versteht, das Beobachten zu automatisieren? Welchen ‚Beobachtungsraum‘ erschließen Simulationen? Insbesondere letztere Frage steht im Zentrum der Forschung im Kontext des mecs Research Fellowships.

Simulation der Flächigkeit

Meine Arbeit am MECS umfasst eine Forschungsaufgabe und zwei ‚Editionsaufgaben‘: (1) Das Forschungsvorhaben: Die Reflexion digitaler Aspekte im Kontext der ‚Kulturtechnik der Verflachung‘ unter dem Titel ‚Simulation der Flächigkeit‘. (2) Editionsvorhaben: Die Konzipierung eines im Fink-Verlag zu erscheinenden Bandes über die ‚erste Programmiererin‘ Ada Lovelace . (3) Publikationsvorhaben: Die Fertigstellung meiner Monographie ‚ERKENNTNIS UND FIGURATION.GRUNDLINIEN EINER DIAGRAMMATOLOGIE‘, die im Suhrkamp Verlag erscheinen wird.

Re-Engineering Biology

For twelve years I have been conducting an investigation into the cognitive and learning practices in four cutting-edge bioengineering sciences research labs – two in biomedical engineering (a tissue engineering lab; a neural engineering lab) and two in integrative systems biology (one is purely computational with external biosciences collaborators; one has a wet-lab for conducting biological experiments in the service of model-building). I am working on a book, “Re-Engineering Biology: Modeling Practices in the Bioengineering Sciences”, that will bring together insights stemming from these investigations. These modeling practices take place in contexts where, primarily, engineers conduct basic biological research in the context of application.

Experimentalität

Mein Forschungsprojekt steht unter dem Titel der "Experimentalität". Damit sind die vielfältigen Formen und Wege gemeint, die es nicht nur in den Wissenschaften und den Künsten, sondern auch in anderen kreativen Bereichen des kulturellen Lebens erlauben, auf kontrollierte Weise Neuland zu betreten. Sie spiegeln sich in Probehandlungen, vor allem aber auch in Probeobjekten. In den Wissenschaften spielen in dieser Hinsicht neben Präparaten - besonders in den Biowissenschaften - und Modellen vor allem auch Simulationen eine immer größere Rolle. Den Experimentalcharakter von Simulationen näher zu bestimmen, ist das Ziel meiner Arbeit am mecs. Ich möchte untersuchen, wie Formen der Simulation in die Molekularbiologie im Laufe ihrer Geschichte Eingang gefunden haben. Ich erhoffe mir von der hier konzentrierten Kompetenz auf diesem Gebiet wichtige Impulse.

Haptic Rendering

Mein Forschungsvorhaben widmet sich dem Verhältnis von Körper und Virtualität im Modus des Hautsinns. Medienwissenschaftlich werden dabei zentrale Stellen der Verhandlung des Körpers virulent: Diese reichen von der scheinbar einfachen Prothese über unterschiedliche Varianten digitaler Menschen bis hin zu Manipulationen des Tastsinns. Unter Begriffen wie dem des haptic rendering ermöglichen diese Ansteuerungen des Körpers und die Simulation von Wirklichkeit in technischen Umwelten aus einer Vielzahl von Gründen (von der Ergonomie bis zur Unterhaltung): „Haptic rendering allows users to ‘feelʼ virtual objects in a simulated environment“(Salisbury/Conti/Barbagli 2004:24).

Die epistemische Opakheit von Computersimulationen

In dem Forschungsprojekt von Martin Warnke und mir geht es um die Frage, (a) was "epistemische Opakheit" mit Blick auf agentenbasierte Simulationen in der Tradition von Axelrods Evolution der Kooperation bedeutet und (b) welche Konsequenzen "epistemische Opakheit" für das Verständnis von wissenschaftlicher Autorität einerseits und Autorität in der Wissenschaft andererseits hat. Wir gehen in diesem Zusammenhang auch der These nach, dass das Phänomen "epistemischer Opakheit" auf die Anfänge einer post- oder transhumanen Wissenschaft hindeutet.

Analyse der Gehirnsimulation

Im Rahmen meines Projekts sollen solche Faktoren sowohl für die Wissensproduktion als auch für die Veröffentlichungspraxis von Forschungsresultaten exemplarisch bei neueren KI-Methoden und Praxen des Machine Learning, wie auch für die auf neuroinformatischen Plattformen und Systemen, wie das europäische Human Brain Project analysiert werden und die möglichen Wirkungen dieser Praxen, z.B. hinsichtlich der Validität des produzierten Wissens und der von ihmn produzierten ein- und Ausschlüsse aufgezeigt werden. Daraus können teilweise Vorschläge für adäquatere und an unerwünschten Folgen ärmere Entwicklungsstrategien erwachsen..

Kulturen der Berechnung / Politik(en) der Simulation

Die Frage nach ‚Medienkulturen der Computersimulation‘ ist auch die Frage danach, welche Rolle Berechnung für Kultur spielt. Die Bedeutung, die Computersimulationen nach 1945 für die Wissenschaften, aber auch für Ökonomie und Politik und schließlich für die Unterhaltungskultur (Stichworte: Trickeffekte und Computerspiele) bekommen haben, kann kaum überschätzt werden. Insofern leben wir in einer Kultur der Berechnung – wie etwa (mit einem kritischen Unterton) von Martin Heidegger bemerkt wurde. Das gilt aber auch in einem anderen Sinne. Schon lange bevor Computer zum Einsatz kamen, war das ‚Rechnungswesen‘, die Berechnung und Verrechnung quantitativer Größen das zentrale Verfahren der Ökonomie, wie z. B. Max Weber unterstrich.