Literaturwissenschaft / Literaturdidaktik

Die universitären Lehr- und Forschungsfelder der Literaturwissenschaft und Literaturdidaktik an der Leuphana Universität sind vornehmlich kul­tur­wis­sen­schaft­lich ausgerichtet.

Der Teilbereich Literaturwissenschaft widmet sich der Geschichte der deutschsprachigen Literatur des 17. bis 21. Jahrhunderts unter komparatistischen, kulturtheoretischen und ästhetischen Aspekten. Er verbindet die Wissenschaftstraditionen exakter Philologie mit kultur- und diskursanalytischen Methoden. Stark gemacht werden in diesem Rahmen  transdisziplinäre Perspektiven, die sowohl Fragen nach der sprachlich-künstlerischen Form, als auch nach der gesellschaftlichen und kulturellen Relevanz sowie der historischen Kontextualisierung literarischer Texte stellen.

Der Teilbereich Literaturdidaktik macht Perspektiven der Literaturwissenschaft auf kulturwissenschaftlich aktuelle Themen, wie etwa ‚Gedächtnis‘, ‚Raum‘‚ ‚Zeit‘, ‚Geschlecht‘ oder ‚Migration‘, für die Reflexion über Ziele und Methoden des schulischen Literaturunterrichts fruchtbar. Unter solchen thematischen Aspekten diskutiert, rücken neben der zeitgenössischen Kinder- und Jugendliteratur auch Texte des literarischen Kanons erneut in den Blick. Thematische Schwerpunkte der Lehre sind darüber hinaus die wissenschaftliche Reflexion von Prozessen der literarästhetischen Sozialisation von der frühen Kindheit bis zur Adoleszenz sowie die Untersuchung von Formen literarischen Lernens.

 

  • Bachelor- und Masterarbeiten
  • Lüneburger Leseliste

Bachelor- und Masterarbeiten

Allgemeine Informationen

Wenn Sie eine Abschussarbeit (Bachelor/Master) im Fach Deutsch in den Bereichen Literaturwissenschaft/Literaturdidaktik scheiben möchten, sollten Sie frühzeitig mit den Lehrenden in Kontakt treten. Oft ist die Konzeption einer Fragestellung naheliegend, die in ihren wissenschaftlichen Grundlagen (Theorien, Methoden, Forschungsobjekte) auf bereits besuchten Seminaren aufbaut. Nehmen Sie bitte unsere Zusammenstellung von im Studium für die Lektüre empfohlenen Primärtexten in der „Lüneburger Leseliste“ wahr. Selbstverständlich sind wir auch für weitere begründete Beispiele aus Geschichte und Gegenwart der Literatur offen.  

In einer literaturwissenschaftlich orientierten Arbeit wird in der Regel eine fachwissenschaftlich ausgerichtete Fragestellung zu einem oder mehreren literarischen Werken bearbeitet.  
In einer literaturdidaktisch orientierten Arbeit wird Literatur mit Blick auf ihre Vermittlung im Bezugsfeld von Gegenstands-, Schüler- und Lernzielorientierung untersucht. Auch in diesem Fall verfolgt die Arbeit eine wissenschaftliche Fragestellung.

Mit Ihrer Bachelor-/Masterarbeit stellen Sie unter Beweis, dass Sie in der Lage sind, eine wissenschaftliche Fragestellung zu konzipieren und innerhalb einer vorgegebenen Frist zu bearbeiten. Dies umfasst unter anderem die wissenschaftliche Erarbeitung von zentralen Begriffen, Theorien, Methoden, die für die Bearbeitung Ihrer Fragestellung relevant sind, sowie – im Zusammenhang damit – die Recherche und Auswertung relevanter Forschungsliteratur. Die Formulierung einer wissenschaftlichen Fragestellung stellt daher einen zentralen Teil Ihrer Abschlussarbeit dar. Sie sollte von Ihnen in Absprache mit den Erst- und Zweitprüfenden selbständig entwickelt werden. 

Im Fall einer Masterarbeit bietet Ihnen das von Ihnen besuchte Masterkolloqium die Möglichkeit, inhaltliche und methodische Aspekte Ihrer Arbeit im Rahmen eines wissenschaftlichen Forums zu diskutieren. 

 

Antrag auf Zulassung/Vorlage eines Exposés

Der Antrag auf Zulassung zur Bachelor-/Masterarbeit ist an den Prüfungsausschuss zu richten und beim Studierendenservice einzureichen. Er enthält den konkreten Wortlaut des Titels Ihrer Arbeit sowie die von den Erst- und Zweitprüfenden unterschriebene Bestätigung des Themas. Diese Bestätigung setzt voraus, dass den Prüfenden ein Exposé Ihrer Fragestellung vorliegt, das von beiden Prüfenden als wissenschaftlich tragfähige Grundlage für die schriftliche Ausarbeitung Ihrer Abschussarbeit angesehen wird. 

In Ihrem Exposé sollten Sie sowohl über theoretisch-konzeptionelle als auch über methodische Aspekte der Bearbeitung des Themas Ihrer Abschlussarbeit informieren. Die Erstellung eines Exposés dient insofern nicht nur als Grundlage für die Diskussion Ihres Vorhabens mit den Prüfenden, sondern sollte Ihnen auch dabei helfen, sich hinsichtlich folgender Fragen Klarheit zu verschaffen:
a) Darstellung der Fragestellung und der methodische Grundlagen: Was ist mein Erkenntnisinteresse? Welche Fragestellung verfolge ich und inwiefern kann meine Fragestellung konkreten Teilbereichen der Fachwissenschaft/Fachdidaktik zugeordnet werden? Inwiefern schließt meine Frage an bereits vorhandene Forschungsdiskussionen und entsprechende Forschungsliteratur an? Welche methodischen Ansätze kann ich im Rahmen meiner Untersuchung nutzen? 
b) Gliederungsentwurf: Welche (in ihrer Systematik nachvollziehbare) Gliederung der Arbeit ergibt sich aus der Bearbeitung der unter a) erörterten Fragen?
c) Bibliografie der Forschungsliteratur und Darstellung in einem ggf. systematisch gegliederten Literaturverzeichnis: Welche Texte der Forschungsliteratur (sei es zu grundlegenden Begriffen, Theoriediskussionen, Methoden, sei es zu konkreten Primärtexten und Forschungsfragen) sind für meine Fragestellung von besonderer Relevanz?

 

Umfang/Zeitrahmen und Zeitplanung

Über Formalia (Wortlaut der Selbstständigkeitserklärung u.a.) informieren die jeweils aktuelle Rahmenprüfungsordnung (RPO) inklusive der fachspezifischen Anlagen (FSAn) sowie die Informationsblätter des Studierendenservices. 
College - Prüfungen
Graduate School - Prüfungen

Als adäquater Umfang für eine Bachelorarbeit gilt ein grober Richtwert von 30 Seiten, zuzüglich Deckblatt, eventuellen Anlagen und Literaturverzeichnis. Als adäquater Umfang für eine Masterarbeit gilt ein grober Richtwert von 60-80 Seiten, zuzüglich Deckblatt, eventuellen Anlagen und Literaturverzeichnis. Stimmen Sie die detaillierten Fragen nach dem Umfang und den Formalia mit Ihrem/r Erstprüfer/in rechtzeitig ab.

Über die Bearbeitungszeiten von Bachelor- und Masterarbeiten informieren die fachspezifischen Anlagen der jeweiligen Studiengänge. Nach Prüfung Ihres Zulassungsantrags erhalten Sie eine schriftliche Zulassung zur Bachelor-/Masterarbeit mit dem genauen Abgabedatum. 

Sie sollten berücksichtigen, dass sich die zeitlichen Angaben im Antrag nur auf den Zeitumfang für die konkrete schriftliche Ausarbeitung nach Anmeldung der Arbeit beziehen. Da zentrale Überlegungen zur wissenschaftlichen Konzeption Ihrer Arbeit bereits vor dem Antrag auf Zulassung erfolgen sollten (Klärung der Fragestellung, Literaturrecherche, Lektüre von Primär- und Forschungsliteratur, Ausarbeitung eines Exposés), ist für die Erstellung Ihrer Bachelor-/Masterarbeit ein wesentlich umfangreicherer Zeitrahmen einzuplanen. Auf eine erste grobe Themenabsprache mit dem/der Erstprüfer/in folgt in der Regel eine intensive Konzeptions-, Recherche- und Lektürephase, in der die konkrete Fragestellung formuliert wird und die Ausarbeitung eines Exposés erfolgt. Zwischen einer ersten ‚Idee‘ und der Ausarbeitung eines tragfähigen Exposés ist eine Zeitphase von mehreren Monaten die Regel. Darüber hinaus sind nach der fristgerechten Abgabe der schriftlichen Arbeit noch ca. 4-6 Wochen für die Begutachtung und die Postwege in der Verwaltung einzuplanen. Über Abgabefristen, die beim Wechsel vom Bachelor- ins Masterstudium bestehen, informiert der Studierendenservice.

Lüneburger Leseliste

Eine an Schulen curricular vorgegebene Kanonorientierung, wie sie noch in den Bildungstraditionen bis in die 1960er-Jahre Gültigkeit hatte, besteht heute nur noch sehr eingeschränkt. Doch gerade weil es einen verbindlich festgelegten Literaturkanon an Schulen und Hochschulen nicht mehr gibt, ist es für Lehrer*innen des Literaturunterrichts im Fach Deutsch wichtig, die historischen und intertextuellen Dimensionen von Literatur im Laufe des Lehramtsstudiums selbstständig, d.h. in möglichst breiten, seminarunabhängigen Lektüren kennenzulernen. Die ‚Lüneburger Leseliste‘ möchte einen orientierenden Wegweiser hierfür anbieten.

Wer beginnt, sich intensiver mit Literatur zu beschäftigen, der/dem wird bald klar: Jeder Text trägt die Spuren anderer Texte. Oder, wie es die Literaturwissenschaftlerin Julia Kristeva formuliert hat: „[J]eder Text baut sich als Mosaik von Zitaten auf, jeder Text ist Absorption und Transformation eines anderen Textes.“ Intertextuelle Beziehungen bestehen hierbei nicht nur zwischen Texten unterschiedlicher Zeiten und Epochen, sondern auch zwischen literarischen Texten unterschiedlicher Sprachräume. Die Texte des deutschsprachigen Kanons stehen insofern auch im Dialog mit den literarischen Kanones anderer Sprachen.

Ohne ein Bewusstsein der Geschichte dieser Bezugnahmen von Texten auf andere Texte können die Qualitäten eines einzelnen literarischen Werks oft kaum an Kontur gewinnen. Dies gilt umso mehr, wenn sich literarische Texte als bewusste Be- oder Umarbeitungen literarischer Stoffe erweisen oder historisch vorhandene Regeln und Schreibkonventionen verletzen. Wer die Texte des sich im 18. und 19. Jahrhundert formierenden deutschsprachigen literarischen Kanons nicht kennt, der/dem fehlen auch grundlegende Möglichkeiten zur Beurteilung ‚unkanonischer‘ oder kanonkritischer Werke der jüngeren Gegenwart.

Zugleich gilt: Zu allen Zeiten fungiert Literatur als Ort der Artikulation und Verhandlung zentraler Daseinsbezüge (Liebe, Tod, Gerechtigkeit u.v.a.). Doch nur ein Textkorpus, das sich als gelesen und allgemein bekannt voraussetzen lässt, wird in dieser Weise zum Gegenstand des Gesprächs und der Diskussion werden können. Ein kulturelles Gedächtnis, an das wir uns nicht mehr erinnern, ist keines mehr.

Berechtigten Anlass zur Kritik an normativen Kanonvorgaben gibt die Tatsache, dass aus den traditionellen, ‚westlich‘-europäischen Literaturkanones Frauen und Minderheiten als Autor*innen in vielen Teilbereichen weitgehend ausgeschlossen sind. Die dominante diskursive Ordnung, innerhalb derer die deutschsprachige Literatur seit der frühen Neuzeit entstanden und tradiert worden ist, kann jedoch, wie wir meinen, durch eine an literaturhistorischen Kriterien ausgerichtete Kanonauswahl weder rückgängig gemacht noch sollte sie durch einen gleichsam ‚verschönerten‘ Kanon verschleiert werden. Vor diesem Hintergrund stellt die vorgeschlagene, bewusst historisch formulierte Auswahl jedoch auch eine Grundlage dafür dar, die gesellschaftlichen Ein- und Ausschlussverfahren in Prozessen kultureller Traditionsbildung kritisch zu thematisieren.

Allen Studierenden des Faches Deutsch empfehlen wir die nachfolgend aufgelisteten, von uns für grundlegend erachteten Texte der neueren deutschen Literatur für das akademische Selbststudium. Die Jahreszahlen geben das Erscheinungsdatum eines Werks an. In Ausnahmefällen, so im Fall von postum publizierten Texten, sind zudem Entstehungsdaten, im Fall von Dramen auch die Daten der Uraufführung (UA) genannt. Um sich ein elementares literaturhistorisches Koordinatensystem anzueignen, sollten zukünftige Deutschlehrer*innen im Rahmen ihres Studiums eine Auswahl von mindestens 30 Texten intensiv gelesen haben. Darüber hinaus bietet sich die vertiefende Beschäftigung mit einem oder mehreren der genannten Texte im Rahmen einer Bachelor- oder Masterarbeit an.

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Thomas Gann für die Abteilung Literatur des IDD