Medi.Green - Schittstellen interkultureller Kommunikation
Forschungsprojekt
BORAN BURCHHARDT
Medi.Green Medical Translation Device
Januar – Mai 2015
Im Rahmen des Projekts Medi.Green Medical Translation Device entwickelt der Künstler Boran Burchhardt eine kultur- und hierarchie-sensible, Smartphone-basierte Übersetzungs-Applikation. Die App mit dem Namen Medi.Green soll in schwierigen Übersetzungszusammenhängen zum Einsatz kommen und Mediziner_innen und Patient_innen mit unterschiedlichem kulturellen und sprachlichen Hintergrund dabei unterstützen, ein Anamnesegespräch zu führen. Die Dringlichkeit einer solchen Applikation leitet sich für Burchhardt aus der täglichen ärztlichen Praxis ab, bei der immer mehr Mediziner_innen in caritativen Einrichtungen und in Krankenhäusern auf Patient_innen mit Migrationshintergrund treffen. Vor allem in der Arbeit mit Flüchtlingen und Menschen ohne Aufenthaltserlaubnis müssen die wichtigen Sachverhalte zum Krankheitsverlauf und Krankheitsbild nicht nur sprachlich vermittelt werden, sondern es muss ebenso auf kulturelle und religiöse Unterschiede geachtet werden. Das beinhaltet die Sensibilisierung für Motive und Bilder, mit denen Körpersignale und Schmerz kulturell codiert und umschrieben werden, oder ein Wissen um Arzneimittelbestandteile, wie etwa Gelatine und Alkohol, die evtl. aus religiösen Gründen nicht eingenommen werden dürfen. Gleichzeitig müssen die prekären Lebenssituationen und Ängste der Patient_innen verstanden werden, um ein Vertrauensverhältnis entstehen zu lassen. Diese hochkomplexe Konstellation von Anforderungen an eine möglichst einfach zu bedienende App stellt eine große konzeptionelle und gestalterische Herausforderung an den Designprozess dar. Ausgehend von den Patient_innen und ihren Bedürfnissen entwickelt der Künstler eine intuitiv verstehbare Bedienungsoberfläche. Als gestalterische und technische Lösung entsteht Medi.Green in einem interdisziplinären, durch Boran Burchhardt angeleiteten Team aus Ärzt_innen des Netzwerks Medibüros e.V., Medienentwickler_innen, Übersetzer_innen und Kulturwissenschaftler_innen. Das Projekt reagiert auf die Notwendigkeit, qualitative Forschung im Bereich Interkulturalität mit angewandter technischer Entwicklungsarbeit zu verknüpfen.
Wichtige Überlegungen zur Strukturierung der App erarbeitete Boran Burchhardt gemeinsam mit Studierenden der Leuphana im Rahmen eines Seminars im Komplementärstudium
VITA
Boran Buchhardt (*1973) lebt und arbeitet in Hamburg. Er hat an der Hamburger Hochschule für Bildende Künste studiert und sein Diplom 2005 bei Werner Büttner und Wiebke siem abgeschlossen. Boran Burchhardt beschäftigt sich mit performativen Eingriffen im öffentlichen Raum. Dabei stehen gesellschaftskritische und politische Fragen im Vordergrund, die er mit präzisen Interventionen in Stadtbild und Alltagsleben aufwirft. Oftmals entwickelt er Projekte, die als Vermittlungsstellen zwischen unterschiedlichen gesellschaftlichen Gruppen fungieren. Seine Expertise liegt insbesondere in der kreativen und sensiblen Initiierung von interkulturellen Dialogsituationen, die sich auf jeweils verschiedene Art in objekten oder Interventionen manifestieren. Besondere mediale Aufmerksamkeit erlangte Burchhardt 2009 durch sein Minarett-Projekt, eine Arbeit, für die er die Türme der Hamburger Centrums Moschee bemalte. Seine Auseinandersetzung mit der medizinischen Behandlung illegalisierter Menschen in Deutschland begann bereits 2011 im Rahmen des fortlaufenden Projekts § 87 Deutschlandbilder.
Das Projekt Medi.Green Medical Translation Device entstand im Rahmen des Forschungsprojekts Art and Civic Media (ACM) als Teil des EU-Innovations-Inkubators. Der Innovations-Inkubator Lüneburg ist ein EU-Großprojekt, gefördert vom europäischen Fonds für regionale Entwicklung und vom Land Niedersachsen
Dieses Projekt ist eine Zusammenarbeit des Leuphana Arts Program mit dem Schwerpunktbereich „Künstlerische Forschung“ des Forschungsprojekt „Art and Civic Media“ im Innovations-Inkubators Lüneburg.
Centre for Digital Cultures
Das Leuphana Arts Program ist Teil des Centre for Digital Cultures.