Residenz 2019/2020

Das Residenzstipendium des Leuphana Arts Program wurde für 2019 an die österreichische Künstlerin Johanna Binder vergeben. Binder wird im Laufe des Jahres in unterschiedlichen Formaten in die Universität eingebunden werden und ihr Projekt gemeinsam mit Wissenschaftler_innen und Studierenden der Leuphana entwickeln.

Johanna Binder

Junto

Johanna Binder wird im Rahmen der Residenz am LAP an ihrem Projekt "Junto" arbeiten, einem fiktiven Dokumentarfilm "über die egalitär organisierte Gemeinschaft der Mamaira, deren Besonderheit darin besteht, kein Wort für das Personalpronomen „Ich“ zu kennen. Vielmehr benützen die Mamaira das Personalpronomen „Wir“, um das eigene Subjekt zu repräsentieren, welches ein stark kollektives Denken und ein holistisch geprägtes soziales Weltbild und Gefüge impliziert. Dementsprechend manifestiert sich auch die Konzeption des Individuums im Stamm der Mamaira in einem kollektiven „Wir“, welches sich in sozial egalitären Strukturen des Alltags und traditionellen Riten widerspiegelt.“ (Johanna Binder in ihrem Projektentwurf)

Die Produktion des Films ist konkret angebunden an die Entwicklung eines Paartanzes, der während des Jahres der Residenz entwickelt werden soll. Dieser Tanz beruht „weder auf Geschlechterrollen (Mann – Frau im Sinne einer heteronormativen Lesart), noch hierarchisch bedingten Strukturen (polarisiertes Führen und Führen-Lassen, sowie ein dadurch reguliertes Verhältnis von Passivität und Aktivität) [...] Der aktive und passive Part changiert vielmehr in einer durch einen hohen Grad von Achtsamkeit und Empathie gegebenen Fluidität zwischen den beiden Tanzpartnern. Dieser Paartanz, genannt „Junto“ hebt somit Hierarchien und Rollenzuordnungen, sowie man sie in standardisierten Paartänzen findet auf und strebt eine Verschmelzung der Tänzer zu einer kollektiven Identität an.“ (ebd.)

 

Seminar Praxisfeld Kunst, B.A. Wintersemester 2019/2020

Wir, das etwas andere Ich. Künstlerische Projektarbeit und Gesellschaftsfiktionen mit Johanna Binder

Das Seminar geht aus von Alltagsbeobachtungen über die Frage, was "ich" und "wir" heißt. Nach einer Auftaktveranstaltung, in denen Johanna Binder das Projekt vorstellt und die grundlegenden Fragestellungen erläutert, sollen die Studierenden über einen Zeitraum von ca. 4 Wochen eigene Recherchen anstellen. Die Recherchen umfassen Beobachtungen, Fragestellungen, Material, Notizen, Skizzen, Gedankenskizzen zu und über Situationen, in denen das "Ich" problematisch wird. Ebenfalls besteht das Gedankenexperiment darin zu sehen, was passieren würde, wenn man das Ich durch ein Wir ersetzen würde. Der zweite, längere Seminarteil besteht darin, sich erarbeitete Fragen zu teilen, sich Szenen gegenseitig vorzustellen und Situationen zu erarbeiten, die in die weitere Projektarbeit an "Junto" einfließen. Weiterhin sollen Materialien, Filme und Texte ausgetauscht und diskutiert werden, die für Junto relevant sind. Der dritte Seminarteil besteht in einem performativ-experimentellen Teil. Zusammen mit einem Schauspieler erarbeitet Johanna Binder für ihr Projekt relevante Szenen, die von den Studierenden während eines Tages ausprobiert werden. Diese Proben werden gefilmt und fließen als Teile in das fiktive Archiv ein.

 

Vita

Johanna Binder (*1985 in Salzburg/AT) studierte von 2007-2013 Malerei und Animationsfilm an der Universität für Angewandte Kunst Wien und war von 2016 - 2017 Stipendiatin an der Van Eyck Academie Maastricht.

Ihre Arbeiten, sowie kollaborative und/oder partizipatorische Projekte wurden u.a. in der Galerie 5020, Salzburg/Österreich (2018), der 2nd Tbilisi Triennial, Tbilisi/Georgien (2015), dem  NPAK/ACCEA, Jerevan/ Armenien (2014), dem Studio Tommaseo, Triest/ Italien (2014) und den Krinzinger Projekten, Wien/Österreich (2013) gezeigt.Zahlreiche Residency-Programme führten die Künstlerin u.a. nach Cali/Kolumbien (Lugar a Dudas, 2018), Peking/China (Land Salzburg, 2017), Istanbul/Türkei (Bundesministerium für Kunst und Kultur, 2015), Klaipeda/Litauen (Klaipeda Culture Communication Centre, 2015) Virginia/USA (Stadt Salzburg, 2014).

Binder wurden u.a. 2017 das Jahresstipendium des Landes Salzburg, 2014 der Anerkennungspreis des Red Carpet Art Awards, sowie 2013 der Young European Artist Trieste Contemporanea Award zugesprochen.

http://www.johannabinder.at

Raster_Nachsatz_Förderung

Das Residenzprogramm des Leuphana Arts Program wird gefördert durch das Niedersächsische Ministerium für Wissenschaft und Kultur.