Residenzen 2012/2013
Seit Oktober 2012 sind mit den Künstlergruppen BBM (Beobachter der Bediener von Maschinen) und Urban Subjects (Sabine Bitter, Jeff Derksen, Helmut Weber) die ersten Residenzkünstler_innen des LAP an der Universität, wo sie im Rahmen von Projektseminaren und Workshops mit Wissenschaftler_innen und Studierenden an ihren aktuellen künstlerischen Projekten arbeiten. Im Januar 2013 begann die Musikerin und Klangkünstlerin Ulrike Haage ihre Zusammenarbeit mit dem LAP und wirkt mit ihren künstlerischen Recherchen seitdem fortwährend in die Stadt und die Universität hinein.
BBM (BEOBACHTER DER BEDIENER VON MASCHINEN)
Boom Bubble & Blast
Oktober 2012 – Dezember 2013
Die Künstler_innengruppe BBM arbeitete während ihrer Residenz am Leuphana Arts Program an ihrem neuen Ausstellungsprojekt, Boom, Bubble & Blast. Hierin geht es um das Bild einer Welt, die vom entfesselten Finanzmarkt nachhaltig überformt wird. Der große Boom und die Blase, die ihm folgt, dienen dabei als Metaphern, die andeuten, wie viel Freiraum durch ihr Platzen entstehen und wie man ihn sinnvoll nutzen kann. Welche Werkzeuge und Hilfsmittel braucht man, wenn die Krise zum Normalzustand wird? „BBM beauftragt Künstler, gemeinsam mit Designern, Architekten, Politikern, Wissenschaftlern und Unternehmern Vorschläge zur Überwindung der Kultur des entfesselten Handels zu entwickeln und damit Auswege in die Zukunft aufzuzeigen. Die Künstler setzen ihre Fantasie gegen den ökonomischen Rationalismus, der an der Aufgabe gescheitert ist, unser Leben in vernünftigen Bahnen und zur Freude aller zu lenken.“
Im Rahmen der Residenz fanden mehrere Leuphana College-Lectures und Workshops mit Studierenden statt, BBM betreuten zudem im Komplementärstudium ein interdisziplinäres Seminar zu Theorien des Geldes, an dem Studierende aus allen Fakultäten teilnahmen. Zum Abschluss präsentierte die Gruppe die Roboter-Performance Der Antrag, die anschließend noch in Dresden und an der Copenhagen Business school gezeigt wurde. Die Ausstellung Boom, Bubble & Blast mit Werken von mehr als 50 Künstler_innen wurde erstmals im März 2015 in der Motorenhalle in Dresden gezeigt.
Veranstaltungen
04.07.2012
Boom, Bubble & Blast - Künstlergruppe BBM an der Leuphana
05.12.2013
Performance: Der Antrag
Urban Subjects (Sabine Bitter, Helmut Weber, Jeff Derksen)
Filling the Weak Points – Autogestion
Oktober 2012 – September 2013
Das recherche-basierte Projekt Filling the Weak Points der Künstlergruppe Urban Subjects kreiste um das Konzept von autogestion oder Selbst-Management. Autogestion bezeichnet eine selbstbestimmte Organisationsform des sozialen Lebens, die von spezifischen Gruppen zu unterschiedlichen historischen Zeitpunkten und unter verschiedensten historischen Bedingungen eingesetzt worden ist. Im Rahmen von Seminarveranstaltungen sowie durch online koordinierte Teamarbeit mit den Studierenden suchten die Künstler_innen in der Geschichte Lüneburgs und ihren Umbruchphasen – von der Salzproduktion zur Militarisierung als Garnisonsstadt, und dann als Universitätsstadt – nach Ereignissen der autogestion.
Während dieser Recherchephase arbeitete das Künstlerduo Bitter & Weber an einem Konzept für ein Ausstellungsformat, in dem Formen und Konzepte von autogestion ihren Widerhall finden sollten. Die Ausstellung, die zum Abschluss des Projekts im Kunstraum der Leuphana Universität Lüneburg gemeinsam mit den Studierenden eingerichtet wurde, thematisierte die „Erfahrung des Sehens“ und die performativen Qualitäten von Wahrnehmungsräumen an Orten wie dem Universitätscampus, im Umfeld des Protests gegen das atomare Zwischenlager in Gorleben, und der städtebaulichen Entwicklung des Hafengebiets in Hamburg.
Das Residenzprogramm des Leuphana Arts Program wird gefördert durch das Niedersächsische Ministerium für Wissenschaft und Kultur. Die Residenz von Urban Subjects wurde vom Leuphana Arts Program gemeinsam mit dem Kunstraum der Leuphana Universität Lüneburg organisiert.
Vita
Die östereichischen Künstler_innen Sabine Bitter und Helmut Weber und der kanadische Literaturwissenschaftler und Autor Jeff Derksen arbeiten seit 2004 in dem transdisziplinären Forschungskollektiv Urban Subjects US zusammen. Schon seit 1993 arbeiten Bitter und Weber an Projekten zu Stadt, Architektur, und zu Politiken der Repräsentation und des Raums. Ihre Serien von Foto- und Videoarbeiten verhandeln spezifische Momente und Logiken des globalen urbanen Wandels, wie sie in Stadt, Architektur und urbanem Alltag zum Ausdruck kommen. Urban Subjects organisierten unter anderem die Ausstellungs-, Workshop- und Publikationsprojekte The Militant Image (2014), Autogestion, or Henri Lefebvre in New Belgrade (2009) und Momentarily: Learning from Mega-events (mit Bik Van der Pol und Alissa Firth-Eagland, 2011).
Veranstaltungen
7. Juni-7. Juli 2013
Ausstellung "Front, Field, Line, Plane – Researching the Militant Image",Kunstraum der Leuphana Universität Lüneburg
Ulrike Haage
Klang Sichten [in Lüneburg]
Januar 2013 – April 2014
In ihrem Projekt beschäftigte sich Ulrike Haage mit dem öffentlichen Raum als Klangraum. Sie untersuchte unterschiedliche Weisen, wie der Klang der Dinge das Leben der Stadt durchzieht. Im Mittelpunkt standen die akustischen Besonderheiten, die Sounds von Lüneburg. Angeregt durch die vielen, einzigartigen Klangorte, die Haage auf ihren Streifzügen durch Lüneburg entdeckte, entwickelte sich das Projekt zu einer audio-visuellen Erkundung. Das gesammelte Sound- und Videomaterial mündete in eine dreiteilige Reihe von Videoarbeiten, die während der Museumsnacht 2013 teilweise, und bei einer offiziellen Präsentation im Juni 2014 im Kloster Lüne erstmals komplett aufgeführt wurde. Zentral für das Projekt und die Residenzzeit von Ulrike Haage waren vor allem die vielfältigen Begegnungen mit Lüneburgern und Lüneburgerinnen, die ihre eigenen, persönlichen Klangorte und Geschichten mit der Künstlerin teilten. Sie ermöglichten erst das Ensemble an privaten und öffentlichen Klängen, die sich in der Videoinstallation zu einer ortsspezifischen, intimen Klanglandschaft verweben. Die Montage aus teils abstrakten, teils gegenständlichen statischen Bildern und gestochen scharfen Klängen bildet ein Kondensat der Stipendienzeit Ulrike Haages und spiegelt die intensiven Erkundungsaufenthalte der Klangkünstlerin wieder. Die Frage nach dem Klang der Stadt hat Haage viele Lüneburger Türen geöffnet. Im Rahmen der Residenzzeit spielte sie Lüneburgs berühmte Kirchenorgeln, empfing mit einem Konzert im Rathaus die Besucher_innen der Deutsch Japanischen Gesellschaft aus Naruto und bespielte die Uhlenflucht des Kloster Lüne mit einer eigens hierfür produzierten Videoinstallation.
In einem Praxisseminar der kulturwissenschaftlichen Fakultät vermittelte Haage einer Gruppe von Master-Studierenden ihre künstlerischen Methoden und nutzte zugleich die Gelegenheit zu einer konzeptionellen und theoretischen Vertiefung ihres Projekts in Hinsicht auf Fragen der Klangökologie.
Vita
Ulrike Haage (*1957 in Kassel) ist eine deutsche Pianistin, Klangkünstlerin, Komponistin und Hörspielautorin. Haage studierte Musik und Musiktherapie an der Musikhochschule Hamburg, wo sie von 1985 bis 1989 als Dozentin für Improvisation tätig war. Sie spielte in der ersten deutschen Frauenbigband Reichlich weiblich, und gründete mit FM Einheit, Alfred 23 Harth und Phil Minton die Gruppe Vladimir Estragon und GOTO. Seit 1989 bildete sie mit Katharina Franck das Herzstück der Rainbirds. Sie arbeitete in der Theatermusikgruppe Stein und mit renommierten Theaterregisseuren an Schauspielhäusern in Zürich, Düsseldorf und Berlin und begann 1999 eine intensive Zusammenarbeit mit der Schauspielerin Meret Becker. 2003 erhielt Ulrike Haage als erste Frau und jüngste Preisträgerin den Deutschen Jazzpreis (Albert Mangelsdorff Preis), mit dem sie für ihr bisheriges vielseitiges und grenzüberschreitendes Lebenswerk, für ihre Arbeit an der Schnittstelle von Pop, Kunst und Avantgarde auszeichnet wurde. www.ulrikehaage.com
Vortrag als PDF Download
Während ihres zweiten Rechercheaufenthalts in Lüneburg sammelte Ulrike Haage einzigartige Sounds und visuelle Eindrücke, die nun von ihr gesichtet und ausgewertet werden. Ihre Überlegungen hierzu hält sie schriftlich fest. Ideen, Reflexionen und Assoziationen zu "natürlichen und besonderen" Klangorten als PDF Download
Veranstaltung
23.01.2013
Projektpräsentation: Stadt Klang Vision