Leuphana-Kultursoziologin untersucht die „Reichsbürger“-Szene

14.10.2022 Fördererfolg im Programm Pro*Niedersachsen

Lüneburg. Die Kultursoziologin Prof. Dr. Andrea Kretschmann von der Leuphana Universität Lüneburg untersucht in ihrem aktuellen Forschungsprojekt „Alltag im Dissens: Eine Studie zum Gebrauch (imaginären) Rechts von Reichsbürger:innen“ die Rolle des Rechts als Medium für politische Interventionen. Dabei nimmt sie politisch rechts-orientierte Subkulturen in den Blick, speziell die Gruppe der sogenannten „Reichsbürger“. Bei diesen handelt es sich um eine organisatorisch und ideologisch sehr heterogene Szene, für die die Bundesrepublik Deutschland kein legitimer und souveräner Staat ist und die deren Rechtsordnung ablehnt.

Eine Besonderheit der Reichsbürger:innen ist es, Gesetze, Verträge und Rechtsprechungen als vermeintliche Belege für ihre Position zu zitieren und pseudo-rechtliche Symbole und Instrumente zu erfinden. Die Formen und die soziale Bedeutung eines solchen politisch motivierten Rechtsgebrauchs sind bisher noch nicht erforscht. Kretschmann will diese Lücke schließen und am Beispiel der Reichsbürger:innen das besondere Verhältnis von Recht und Politik, wie es sich etwa auch bei den Corona-Protestbewegungen gezeigt hat, mittels teilnehmender Beobachtung näher untersuchen.

In diesem Zusammenhang fragt die Wissenschaftlerin danach, wie und warum gerade das Medium Recht für solche Gruppen als ein Mittel des politischen Sinnbezugs und der Interpretation von Welt fungiert. Das Projekt soll insofern nicht nur einen Beitrag zum Phänomen der Reichsbürger:innen liefern, sondern auch der Frage nachgehen, welche Rolle das Recht für quasi-politische Auseinandersetzungen von rechtlichen Laien in der Gegenwartsgesellschaft spielt.

Das Projekt beginnt Anfang nächsten Jahres und wird für eine Laufzeit von drei Jahren vom Niedersächsischen Ministerium für Wissenschaft und Kultur aus dem Programm Pro*Niedersachsen mit gut 350.000 Euro gefördert. Insgesamt waren zur letzten Förderrunde 55 Anträge eingereicht und fachlich begutachtet worden. 25 Projekte wurden für eine Förderung ausgewählt.