Der Name Leuphana

Annahmen hinterfragen

Im zweiten Jahrhundert schuf der griechische Gelehrte Claudius Ptolemäus einen detaillierten Atlas der damals bekannten Welt und nannte ihn Geographiké Hyphégesis. Diese „geographische Anleitung“ war ein Meisterstück. Es galt noch Jahrhunderte später als Standardwerk der Länderkunde – und war nebenbei Ursprung der heute verwendeten Breitengrade. In diesem Werk wurde der Name Leuphana – eine Siedlung im nördlichen Germanien, nahe des Unterlaufs der Elbe, zum ersten Mal genannt. In der zweiten Auflage von Johann Georg Theodor Grässes Verzeichnis der wichtigsten lateinischen Orts- und Ländernamen von 1909 wurde Leuphana dann mit Lüneburg identifiziert.

Da der ptolemäische Atlas ein knappes Jahrtausend vor der Stadtgründung Lüneburgs entstand, ist diese Zuordnung nicht unumstritten. Heute ist hinlänglich bekannt, dass auch die gründlichsten Karten aus der Zeit des Römischen Reiches modernen Maßstäben nicht genügen. Die Verbindung von Leuphana mit Lüneburg ist also – wie so vieles in der Wissenschaft – keine gesicherte Erkenntnis, sondern bleibt eine Hypothese.

Den Möglichkeiten zur Erforschung der Welt waren zu Zeiten von Ptolemäus erheblich engere Grenzen gesetzt als heute. Er hat sich davon allerdings nicht abhalten lassen, sondern das, was er über die Welt wusste, in fundierte Theorien zu fassen versucht. Länger als ein Jahrtausend prägte das ptolemäische Weltbild das Denken der Menschen. Zwar wissen wir es heute besser: Im 16. Jahrhundert korrigierte Kopernikus das Modell, indem er die Sonne anstelle der Erde in das Zentrum des Planetensystems rückte. Dennoch blieb die Präzision der ptolemäischen Berechnungen über die Bahnen der Planeten auch danach noch fast 100 Jahre unerreicht.

Eine solche Leidenschaft und Neugier, wie sie Ptolemäus auszeichnete, ist auch heute noch eine der wichtigsten Voraussetzungen für eine lebendige Wissenschaft – ebenso wie die Bereitschaft, dazu zu lernen, gewonnene Erkenntnis in Frage zu stellen, kritisch zu prüfen und weiterzuentwickeln. Diesem Geist entdeckenden Forschens und Lernens fühlt sich die Universität Lüneburg durch ihren Namen Leuphana verbunden.