„Die Zukunft ist feministisch und ökologisch“ Miguel Urbán zu Gast an der Leuphana

11.12.2023 Miguel Urbán; MEP, besuchte im November 2023 das Leuphana Institut for Advanced Studies (LIAS) in Culture and Society.

©Christine Kramer
„Die feministische Bewegung stellt sich eine Zukunft vor, die nicht von patriarchalisch geprägtem Sozialabbau und Überlebenskampf geprägt ist.“

„Nehmen Sie die Frage: ‚Wer hat das Recht, Rechte zu haben?‘ Wie lautet eigentlich die Antwort?“ Miguel Urbán brachte die zahlreichen Studierenden und Fellows des LIAS in Kontakt mit der Realität der heutigen extremen Rechten. „Häufig sehen wir eine mögliche Antwort durch die Brille der Solidarität. Aber die Antwort sollte tatsächlich aus der Perspektive des Rechts formuliert werden. Das heißt: nicht unsere Rechte verteidigen, sondern anderen Rechte geben!“

Miguel Urbán, Mitglied der spanischen Linken im Europäischen Parlament in Brüssel, sezierte die maßgeblichen Gründe für den Aufstieg der extremen Rechten, mit denen der Politiker und Aktivist sich seit vielen Jahren eingehend beschäftigt. Dabei ging er von einer „Urangst“ aus, die einen bedeutenden Teil der Mittel- und Arbeiterklasse erfasst habe, das, was sie haben, in einem Meer von wachsender Prekarität und in einer ökologischen Krise aufgrund des Klimawandels zu verlieren. Dadurch fehle dieser Gruppe ein Horizont für soziale Verbesserung.

Miguel Urbán, schilderte den Konservativismus der extremen Rechten als eine Bewegung, der es um die Bewahrung der aktuellen Situation ginge. Das Zukunftsbild der extremen Rechten bestehe daher gerade nicht in einer anderen Wirtschaftsordnung, welche die Bedingungen der sich verschlechternden sozialen Gruppen zu verbessert. „Das ist ein stark defensives Narrativ gegen noch verletzlichere Bevölkerungsgruppen wie Migrant*innen, die an den Grenzen gestoppt und aus unserem öffentlichen Leben entfernt werden, indem ihr Recht, Rechte zu haben, aufgehoben wird“, warnte Urbán.

Um die aktuelle politische Situation zu verstehen und der extremen Rechten zu begegnen, so Urbán, sei es entscheidend, die Unfähigkeit zu verstehen, sich eine Alternative zu dieser allgemeinen Verschlechterung und Hoffnungslosigkeit vorzustellen. Die vielversprechendsten Lösungsansätze sieht er im Feminismus und Umweltschutz: „Die feministische Bewegung stellt sich eine Zukunft vor, die nicht von patriarchalisch geprägtem Sozialabbau und Überlebenskampf geprägt ist, sondern von Emanzipation, Gleichberechtigung und der Ausweitung von Rechten. Gleichzeitig prangern die Umweltbewegungen die Unhaltbarkeit der gegenwärtigen Wirtschaftsordnung an, wenn wir weiterhin auf diesem Planeten leben wollen.“

Auf die Frage, was genau diese Bewegungen in den Blick nehmen, sagte Urbán, sie stellten sich eine andere und demokratischere Zukunft vor: „Sie trotzen dem antihumanistischen Wettbewerbskern unserer politischen Gegenwart.“ So hätten sie die Chance, fortschrittlicher Eckpfeiler für ein progressives Bündnis mit demjenigen wachsenden Teil der Bevölkerung zu werden, der unter der gegenwärtig wachsenden Ungleichheit leidet. Dieses emanzipatorische Potenzial erklärt zum Teil die unerbittliche Reaktion der extremen Rechten und eines wichtigen Teils des Establishments gegen Feminismus und Umweltschutz.