Dies Academicus 2022: „Eine Universität braucht Liebe und Zuwendung“

07.07.2022 Es war ein „besonderer Dies Academicus“, wie Präsident Sascha Spoun in seinem Grußwort zu Beginn der Veranstaltung ankündigte. Zum ersten Mal seit zwei Jahren war es den Gästen wieder möglich, den festlichen Abend und das anschließende Sommerfest gemeinsam im Libeskind-Gebäude zu verbringen. Bahnbrechende Lehre, innovative Studienmodelle und herausragendes studentisches Engagement standen am Festtag der Universität im Mittelpunkt.

Sascha Spoun beim Dies Academicus 2022 ©Brinkhoff-Moegenburg/Leuphana
„Die Leuphana ist auf einem guten Weg – aber wie steht es um uns?“, fragt Präsident Sascha Spoun in seiner Festrede anlässlich des Dies Academicus mit Blick auf das vergangene akademische Jahr.

In seiner Festrede anlässlich des Dies Academicus blickte Spoun auf das vergangene akademische Jahr zurück und warf die Frage auf: „Die Leuphana ist auf einem guten Weg – aber wie steht es um uns?“ Mit Blick auf die Forschenden und Lehrenden wandte er sich dem Trend der „Wissensproduktion“ zu. Wissen habe einen Warencharakter erhalten, dessen Ressourcen – Geld und Zeit – kostbar seien. Politik und Gesellschaft hegen Erwartungen an eine Forschungseffizienz, an ein Maximum an Publikationen und Patenten. „Damit wird Ineffizienz zum Vergehen.“ Aber: Ein durch und durch effizientes Forschen „in Serie“ – das sei gar nicht möglich. „Wir stellen wieder und wieder dieselben Fragen, ohne eine Antwort zu finden, wir hadern, zweifeln, lassen Dinge halbfertig liegen, wir haben gute Ideen und verfolgen sie aus Zeitmangel doch nicht weiter. Und mit all dieser schrecklichen Ineffizienz machen wir nichts falsch.“ Sascha Spoun plädierte für dieses „ineffiziente Grundrauschen“, das unangenehm, aber für das Fortschreiten der Wissenschaft unabdingbar sei. „Ich möchte Sie heute dazu einladen, dieses eigene Grundrauschen als conditio sine qua non für letztlich erfolgreiche und bahnbrechende Forschung anzusehen und in Teilen zu akzeptieren“, sagte der Leuphana-Präsident und forderte dazu auf, sich nicht nur an Output und Effizienz, sondern an der eigenen Neugierde, der Leidenschaft und dem Mut, neues Terrain zu betreten, zu messen.

Im Zentrum des Abends stand die Verleihung der Ehrenpromotion. Die Fakultät Management und Technologie vergab die besondere Auszeichnung an Prof. David J. Malan, Gordon McKay Professor of Computer Science an der Harvard Universität, für seine herausragenden Leistungen in der Lehre. Er sei eine große Inspirationsquelle für Universitäten weltweit, betont Präsident Spoun. „We honor an outstanding scientist who has revolutionized computer science teaching“, sagte Prof. Dr. Burkardt Funk vom Institut für Wirtschaftsinformatik in seiner Laudatio. David J. Malans Kurs „CS50“ an der Harvard University ist der weltweit bekannteste Einführungskurs in die Informatik. Der Harvard-Professor ist ein Pionier im Bereich der digitalen Lehre – lange bevor diese pandemiebedingt relevant wurde. Er bietet seine Vorlesungen als Onlinekurse an, an denen mittlerweile weltweit über 3,7 Millionen Menschen teilnehmen. Malans Lehrphilosophie sei laut Funk auch für die Leuphana eine herausragende Inspiration, etwa bei der Konzeptionierung des DATAx-Programmes.

Prof. David J. Malan, Gordon McKay Professor of Computer Science an der Harvard Universität, wurde am Mittwochabend für seine herausragenden Leistungen in der Forschung die Ehrenpromotion verliehen. ©Brinkhoff-Moegenburg/Leuphana
Prof. David J. Malan, Gordon McKay Professor of Computer Science an der Harvard Universität, wurde am Mittwochabend für seine herausragenden Leistungen in der Forschung die Ehrenpromotion verliehen.

Ein Meilenstein des vergangenen akademischen Jahres markierte für die Leuphana Universität die Gründung der neuen Fakultät Staatswissenschaften sowie die Einführung des bundesweit einzigartigen Modellstudiengangs Rechtswissenschaft. Das Programm ermöglicht Studierenden, im Anschluss an das Bachelorstudium sowohl den Abschluss Master of Laws als auch die Vorbereitung auf das juristische Staatsexamen zu absolvieren. Welch besondere Unterstützung das Vorhaben erhält, zeigt die Förderung sowohl von öffentlicher als auch von privater Seite: Das Land Niedersachsen fördert das neue Studienprogramm mit zunächst 2,5 Millionen Euro aus Mitteln des Niedersächsischen Vorab der VolkswagenStiftung. Björn Thümler, Niedersächsischer Minister für Wissenschaft und Kultur, überreichte am Abend unter Applaus den entsprechenden Förderbescheid. Darüber hinaus fördert die gemeinnützige Joachim Herz Stiftung den Modellstudiengang mit einer Summe von 750.000 Euro für das Joachim Herz Promotionskolleg für Rechtswissenschaft. Prof. Dr. Axel Halfmeier, Dekan der Fakultät Staatswissenschaften, betonte, dass das Vorhaben ein schwieriges Manöver sei, bei dem es „all hands on deck“ brauche: „Es ist eine Herausforderung, aber ich weiß, wir schaffen das.“ Björn Thümler plädierte für ein lösungsorientiertes anstelle eines problemorientierten Arbeitens. Ein Ansatz, den der neue Studiengang mit seinem Schwerpunkt „Recht im Kontext“, verfolgt: „Es geht ums Gestalten, nicht ums Verhindern.“ Laut der Vorstandsvorsitzenden der Joachim Herz Stiftung, Prof. Dr. Sabine Kunst, schätze die Stiftung, dass die neue Fakultät Staatswissenschaften Interdisziplinarität und wissenschaftliche Weiterentwicklung zusammenbringt: „Wir wollen als Stiftung Pionierin sein für Dinge, die aus unserer Sicht auf dem richtigen Weg sind.“

Eine besondere Aufmerksamkeit war beim diesjährigen Dies Academicus auch auf studentisches Engagement gerichtet. „Wir haben an dieser Universität eine unheimlich motivierte Studierendenschaft“, betonten Carlotta Eklöh und Julia Gerlach, die ein Jahr lang als Sprecherinnen des Allgemeinen Student*innenausschusses (AStA) tätig waren, bei ihrem Grußwort an die Festgemeinde. Studentisches Engagement sei weit mehr als ein Zeitvertreib, sondern ein wichtiger Beitrag, um den Horizont über das Studium hinaus zu erweitern und gesellschaftliche Veränderungen anzustoßen. In diesem Jahr wurde das studentische Projekt „Leuphana Waldgarten“ geehrt. Die Studentinnen Jana Böhme, Julia Gobs, Ronja Kaiser und Mercedes Schröder nahmen die Auszeichnung für das Engagement in wissenschaftlicher Bildung entgegen, die vom Alumni- und Förderverein gesponsert wurde. „Der Waldgarten ist ein Raum für ökologische Bildung, ein schöner Erholungsort auf dem Campus und ein ‚Tagversüßer‘“, bemerkten Silja Geest und Maite Quensel, die als Preisträgerinnen des vergangenen Dies Academicus (Arbeitskreis Campusgeschichte) die Laudatio hielten. Der Waldgarten sei eine lebhafte Begegnungsstätte, ein Ort des Austausches und schaffe darüber hinaus eine langfristige Sichtbarkeit für die Bedeutung von Waldgärten im Sinne der Nachhaltigkeit, sagte Präsident Spoun.

Leuphana Waldgarten-Initiative beim Dies Academicus 2022 ©Brinkhoff-Moegenburg/Leuphana
Die Studentinnen Jana Böhme, Julia Gobs, Ronja Kaiser und Mercedes Schröder nahmen die Auszeichnung für das Engagement in wissenschaftlicher Bildung für das studentische Projekt „Leuphana Waldgarten“ entgegen.

Nachdem den Abend über die Bedeutung von Wissenschaft, Lehre, Studium und Forschung für die Universität bereits angesprochen wurde, betonte der hauptberufliche Vizepräsident Christian Brei die Bedeutung der Verwaltung für das Gedeihen der Universität. Aus diesem Grund würdigte er besonders die Arbeit des Universitätsmanagement, dessen Mitarbeitende auch nicht davor zurückschreckten „die sprichwörtliche ‚Extrameile‘ zu gehen“, wenn es etwa um die Klärung von rechtlich-organisatorischen Anforderungen, die Personalverwaltung, Campusgestaltung, Digitalisierung oder eine Vielzahl anderer Aufgabenbereiche geht. „Eine Universität braucht Liebe und Zuwendung“, sagte Brei, und dies nicht nur von Forschenden, Lehrenden und Studierenden, sondern auch aus der Universitätsverwaltung, die sich um die Bedürfnisse und Anliegen aller Universitätsmitglieder kümmert.

Organisation des Dies Academicus

  • Jan Geisler