Leuphana-Wissenschaftler im House of Commons Report zur Zukunft der BBC

03.06.2021 Die Forschung von Dr. Christian Herzog zur Finanzierung öffentlicher Medien trägt zur britischen Rundfunkfinanzierungsreform bei. Im aktuellen House of Commons Report wird Bezug auf Studien des Leuphana-Wissenschaftlers genommen.

Christian Herzog ©Leuphana/Brinkhoff/Mögenburg
„Dass sich das DCMS Komitee so umfänglich auf unsere Arbeiten zur Rundfunkfinanzierung stützt, ist ein schönes Beispiel dafür, dass auch die Arbeit von Nachwuchswissenschaftler*innen Einzug in den Gesetzgebungsprozess haben und damit Praxisrelevanz und Impact entfalten kann.“

In Großbritannien wird die Zukunft der BBC und weiterer Medienanstalten, die auftragsgemäß dem Gemeinwohl verpflichtet sind und zu einem großen Teil durch die licence fee finanziert werden, vom einflussreichen House of Commons (HoC) Komitee „The future of public service broadcasting“ maßgeblich mitgestaltet. Deren Berichte, die „HoC Reports“, dienen im Gesetzgebungsprozess als Grundlage für Green Paper, White Paper und schlussendlich auch für Gesetze, die, wie Herzog erklärt, in Bezug auf die BBC dringend reformbedürftig sind. Der letzte Communications Act wurde 2003 verabschiedet, einer Zeit, in der Netflix, Youtube und Co. noch ein Nischendasein fristeten. Medienmärkte, Technologien und Nutzungsgewohnheiten haben sich seitdem massiv verändert.

Im aktuellen „HoC Report“ werden entsprechend Fragen nach der Zukunft öffentlicher Medien in einer zunehmend internetbasierten audiovisuellen Medienlandschaft aufgeworfen. Adressiert wird die Rolle von Plattformen wie Facebook und Google, die in zunehmendem Maße Nachrichten und weitere audiovisuelle Inhalte verbreiten und als Gatekeeper fungieren, indem sie die Inhalte einiger Anbieter höher ranken und die anderer womöglich ausschließen. Ferner geht es um die Weiterentwicklung von Vorgaben für die Repräsentation von Minderheiten und die Qualität und Gewährleistung von regionaler Nachrichtenberichterstattung. Gleich in zwei der fünf Gliederungspunkte behandelt der „HoC-Report“ die Finanzierung öffentlicher Medien, allen voran die der BBC, welcher ein Jahresbudget von rund fünf Milliarden Pfund zur Verfügung steht (davon werden etwa 3,5 Milliarden Pfund durch die licence fee generiert).

Im Finanzierungsteil des „HoC Reports“ wird umfänglich auf die noch zu Inkubator-Zeiten durchgeführten und teilweise erst danach veröffentlichen Studien von Herzog zur Finanzierung öffentlicher Medien Bezug genommen. Zusammen mit einem Kollegen von der University of Helsinki hat er den Wechsel von der geräteabhängigen Rundfunkgebühr zum Rundfunkbeitrag im Ländervergleich untersucht. In einer späteren Studie mit einem Kollegen von der University of Ulster hat er sich mit dem Free-Rider-Problem beschäftigt und auf Basis der deutschen Entwicklungen für Großbritannien verschiedene Szenarien mit unterschiedlichen Schwarzseher*innenanteilen berechnet, um Prognosen für Anpassungen der licence fee (aktuell 159 Pfund/Jahr) bei einer Umstellung auf eine geräte- und nutzungsunabhängige Erhebungsgrundlage zu machen. Diese Studien, beide im European Journal of Communication veröffentlicht, werden nun für die britische Rundfunkfinanzierungsreform herangezogen.

Christian Herzog hat am Department of Social Sciences der britischen Loughborough University promoviert. Von 2012 bis 2015 war er am damals neu gegründeten Center for Digital Cultures an der Leuphana Universität tätig. Nach einer Station als Gastwissenschaftler an der University of Westminster war er von 2016 bis 2018 Lecturer am Department of Media & Communication der Erasmus University Rotterdam. Seit 2019 ist er zurück an der Leuphana und war zunächst als Koordinator des Global Classroom im Komplementärstudium an der Graduate School beschäftigt. Seit März 2020 ist er Wissenschaftlicher Koordinator des Projektes CODIP (Competencies for Digitally-Enhanced Individualized Practice) am Zukunftszentrum Lehrkräftebildung.

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