Neu an der Leuphana: Prof. Dr. Harald Hantke

Das Berufliche ist politisch

14.08.2023 Der Juniorprofessor für sozialwissenschaftliche Bildung, insbesondere Wirtschaftsdidaktik setzt bei Forschung und Lehre Akzente in der Nachhaltigkeit. Mit transformativer Berufsbildung könnten Ausbildungsberufe sinnstiftender und attraktiver für Bewerber*innen werden, sagt der Forscher.

Harald Hantke bei der Ernennung zum Juniorprofessor für sozialwissenschaftliche Bildung, insbesondere Wirtschaftsdidaktik durch Präsident Sascha Spoun. ©Leuphana
Harald Hantke bei der Ernennung zum Juniorprofessor für sozialwissenschaftliche Bildung, insbesondere Wirtschaftsdidaktik, durch Präsident Sascha Spoun.

Arbeit und Beruf sind längst mehr als Broterwerb. „Junge Menschen möchten mitgestalten und Teil des gesellschaftlichen Wandels sein - auch durch ihren Beruf“, sagt Prof. Dr. Harald Hantke. Der Juniorprofessor für sozialwissenschaftliche Bildung, insbesondere Wirtschaftsdidaktik beschäftigt sich in seiner Forschung mit transformativer Bildung im Kontext von Wirtschaft und Beruf und lehrt an der Leuphana unter anderem in der Lehrkräftebildung für berufsbildende Schulen.

Er weiß um die Diskrepanz zwischen dem Bildungsauftrag der Berufsschulen, die Auszubildenden dazu zu befähigen, die Gesellschaft in sozialer und ökologischer Verantwortung mitzugestalten und der betrieblichen Routine, bei der die berufliche Qualifikation der Auszubildenden im Vordergrund steht: „Wir sprechen hier von einem Paradoxon: der Anspruch fällt mit seiner Einlösung häufig nicht zusammen – mehr noch: beide Perspektiven scheinen sich zunächst schwer vereinbar gegenüber zu stehen“, sagt Harald Hantke. Mit seiner Forschung möchte er Impulse setzen, als Lehrender und Lernender produktiv mit diesem Widerspruch und damit einhergehenden Unsicherheiten umgehen zu können. Mit Blick auf die Professionalisierung des Bildungspersonal fügt er hinzu: „Für Lehrkräfte an berufsbildenden Schulen stellt sich also die Frage: Wie gestalte ich Unterricht, um die jungen Menschen einerseits für den Beruf zu qualifizieren, andererseits die gesellschaftlich relevanten Fragen zu den gegenwärtigen Transformationsprozessen nicht aus dem Blick zu verlieren. Dabei hat berufliches Handeln immer auch politische Implikationen – gerade bei ethischen Fragen. Dieser Zusammenhang ist aber noch wenig erforscht.“, erklärt Harald Hantke.

Hierzu passt, dass jüngst die Skizze eines gestaltungsorientierten Forschungsprojekts zur Entwicklung, Erprobung, Evaluierung und Verbreitung eines Fort- & Weiterbildungskonzept für das Berufsbildungspersonal der Metall- und Elektroindustrie positiv beschieden wurde. So kann nun im Verbund mit Kolleg*innen der Universität Bielefeld der entsprechende Vollantrag gestellt werden. „In diesem Projekt wird es unter anderem darum gehen, das Bildungspersonal dazu zu befähigen, (betriebliche) Handlungsfelder mit Bezügen zur Nachhaltigkeit unter Berücksichtigung politisch-gesellschaftlicher Implikationen zu erkennen, um auf dieser Basis selbstständig transformative Bildungsanlässe zu konzipieren“, erklärt Harald Hantke.

Hierbei ist für ihn der transdisziplinäre Austausch mit Ausbildenden und Auszubildenden entscheidend: „Induktion geht für mich über Deduktion. Methodisch entwickele ich mit der Praxis für die Praxis.“ In diesem Denken sieht er auch Mittel gegen den Fachkräftemangel: „Ein Unternehmen, das sich integrativ mit ethischen Fragen auseinandersetzt, spricht mehr junge Menschen an. Sie möchten Teil des Wandels sein. Auszubildende auch als Gestalter*innen zu sehen, ist ein neues Verständnis von Ausbildung. In der klassischen Meisterlehre zeigte der Erfahrene und der Auszubildende ahmte nach. Wenn es aber um Veränderung geht, reicht das Nachahmen nicht mehr aus“, sagt Harald Hantke.

Weitere Forschungsschwerpunkte liegen auf der curricularen Entwicklung als Teil von Schulentwicklung sowie der empirischen Bildungsforschung – beispielsweise zu hybriden Lehr-Lern-Arrangements: „In der Mischung aus Präsenz und digitaler Lehre bzw. digitalem Unterricht liegt großes Potential, das im Unterricht noch nicht umfangreich gehoben wird: So hat die Corona-Pandemie verdeutlicht, dass man physisch in Kontakt treten muss, damit kollaboratives und kreatives Arbeiten tatsächlich gelingt. Andererseits hat sich auch gezeigt, dass das Digitale wertvoll etwa zur schnellen und stetigen Kommunikation und Ergebnissicherung ist.“

Prof. Dr. Harald Hantke studierte Wirtschaftspädagogik und Politikwissenschaft und wurde an der Leuphana Universität Lüneburg 2022 mit der Dissertationsschrift Resonanzräume des Subpolitischen als Lehr-Lern-Arrangements einer kritisch-transformativen Berufsbildung im Kontext nachhaltiger Entwicklung zum Dr. phil. promoviert. Nach Lehrtätigkeiten an der Carl von Ossietzky Universität Oldenburg und der Karl-Franzens-Universität Graz sowie dem Studienreferendariat für das Lehramt an berufsbildenden Schulen wurde er im Juni 2023 zum Juniorprofessor für sozialwissenschaftliche Bildung, insbesondere Wirtschaftsdidaktik an das Institut für sozialwissenschaftliche Bildung der Leuphana berufen.

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