Neu an der Leuphana: Prof. Dr. Anke Schmitz – Förderprogramme helfen oft nicht

24.02.2021 Gute sprachliche Fähigkeiten sind essentiell für eine erfolgreiche Schulkarriere. Aber oft laufe die Implementation von Fördermaßnahmen in der schulischen Praxis ins Leere. Die Juniorprofessorin für Empirische Forschung zu Sprache und Bildung will die Forschung zu sprachlichen Lehr-Lernprozessen deshalb intensivieren und angehende Lehrer*innen besser ausbilden.

Prof Dr. Anke Schmitz ©Valéry Kloubert
„Die Fördermaßnahmen in Schulen und im jeweiligen Fachunterricht sind bisher im Unterricht zu wenig koordiniert und untersucht. Wir möchten die Ergebnisse unserer grundlagenorientierten Forschung auch in die universitäre Lehre tragen und so die Lehrer*innen-Bildung verbessern“

Die Ergebnisse aus den großen Leistungsstudien sind für Prof. Dr. Anke Schmitz ernüchternd: Trotz zahlreicher oft teurer und personalintensiver Förderprogramme verbessert sich die Lesekompetenz von Kindern und Jugendlichen kaum. „Die Leistungen stagnieren seit der Jahrtausendwende“, sagt die Juniorprofessorin für Empirische Bildungsforschung zu Sprache und Bildung. Die Wissenschaftlerin untersuchte unter anderem Förderprogramme im Forschungs- und Entwicklungsprogramm BiSS, einer bundesweiten Initiative zur Förderung der sprachlichen Bildung getragen durch das Bundesministerium für Bildung und Forschung. Anke Schmitz war zuletzt Teil eines großen Forschungsteams an der Universität zu Köln, das sich großflächig Schulen in Bayern, Schleswig-Holstein und Nordrhein-Westfalen angesehen hat: „Wir haben einerseits mit großen Stichproben gearbeitet, den Unterricht aber auch unter qualitativen Gesichtspunkten untersucht.“ Wie kam das Lernmaterial bei Schüler*innen und Lehrkräften an? Wie wurde es im Unterricht verwendet und wie wurden Lehr-Lernprozesse gestaltet? Leider sei der Regelunterricht oft nicht für die zusätzlichen Fördermaßnahmen ausgerichtet: „Es reicht nicht, den Lehrer*innen einfach nur Material an die Hand zu geben“, sagt Anke Schmitz. Sie plädiert für eine intensive Fortbildung von Lehrkräften und wünscht sich einen stärkeren Fokus der evidenzbasierten Leseförderung in der Lehramtsausbildung – nicht nur im Fach Deutsch, sondern auch in allen anderen Fachdidaktiken: „Man weiß aus großen Schulleistungsstudien, dass die Fähigkeit zum Lesen und Schreiben einen entscheidenden Einfluss auf die Schulkarriere hat. Auch in Mathe sind gute Lesefähigkeiten essenziell“, erklärt die Wissenschaftlerin.

Für diese interdisziplinäre Idee steht auch das neue Forschungszentrum ERLE an der Leuphana. ERLE steht für Empirical Research on Language and Education und bringt Professor*innen, Post-Docs und Doktorand*innen unterschiedlicher Disziplinen, wie die Deutschdidaktik, die Mathematikdidaktik und empirische Bildungsforschung zusammen. „Die Fördermaßnahmen in Schulen und im jeweiligen Fachunterricht sind bisher im Unterricht zu wenig koordiniert und untersucht. Wir möchten die Ergebnisse unserer grundlagenorientierten Forschung auch in die universitäre Lehre tragen und so die Lehrer*innen-Bildung verbessern“, sagt Anke Schmitz.

Als Forscherin liegen ihr auch die statistischen Kompetenzen ihrer Studierenden am Herzen: „Ich möchte angehende Lehrkräfte für die Empirie sensibilisieren.“ Deshalb erheben Teilnehmende in ihren Seminaren Daten und beschäftigen sich mit quantitativen sowie qualitativen Methoden. „Lehrkräfte tragen eine hohe Verantwortung. Sie haben einen entscheidenden Einfluss auf die Laufbahn von Kindern und Jugendlichen. Eine Klassenarbeit ist nichts anderes als ein Test und angehende Lehrkräfte sollten deshalb Gütekriterien der Leistungsmessung kennen. Pädagogische Diagnostik wird in Schulen auch immer wichtiger. Um die Ergebnisse zu richtig interpretieren, müssen Lehrkräfte auch mit statistischen Kennwerten vertraut sein.“

Prof. Dr. Anke Schmitz studierte Lehramt mit den Fächern Deutsch, Englisch und Erziehungswissenschaften für Gymnasien und Gesamtschulen an der Universität Duisburg-Essen. Sie promovierte an der Bergischen Universität Wuppertal in der empirischen Bildungsforschung zum Leseverständnis von Schüler*innen in weiterführenden Schulen. 2016 wurde sie Postdoc im BMBF geförderten Projekt „Evaluation der Implementation von Konzepten zur Leseförderung in der Sekundarstufe I im Rahmen von BiSS-Verbundprojekten“ (EILe) am Institut für deutsche Sprache und Literatur II, Sprachdidaktik an der Universität zu Köln. In diese Zeit fiel auch der Forschungsaufenthalt am Zentrum Lesen der Pädagogischen Hochschule Nordwestschweiz (FHNW) gefördert durch das internationale Programm for National and International Young Faculty der Universität zu Köln. 2019 wurde sie Akademische Rätin a.Z. am Institut für deutsche Sprache und Literatur II, Sprachdidaktik (IDSL II) an der Universität zu Köln. 2020 erfolgte der Ruf an die Leuphana als Juniorprofessur für Empirische Forschung zu Sprache und Bildung und seit kurzem ist sie Sprecherin des ERLE-Forschungszentrums gemeinsam mit Dominik Leiß.

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