Neu an der Leuphana: Prof. Dr. Manuel Bohn

„Sprache bedeutet mehr als das Gesagte“

18.08.2023 Der Juniorprofessor für Entwicklungspsychologie erforscht die psychologischen Grundlagen menschlicher Kommunikation. Die Arbeit mit großen Datensätzen und kulturübergreifende Kooperationen helfen ihm, Ergebnisse zu generalisieren.

Prof. Manuel Bohn ©Leuphana Universität Lüneburg/ Ciara Burgess
Prof. Manuel Bohn ©Leuphana Universität Lüneburg/ Ciara Burgess
Prof. Manuel Bohn ©Leuphana Universität Lüneburg/ Ciara Burgess

Sprache besteht aus Buchstaben, Wörtern und Grammatik. Aber dies ist nur ein Teil menschlicher Kommunikation: „Die Bedeutung von Sprache ist nicht auf das Gesagte reduziert. Es kommt darauf an sie der anderen Person mitzuteilen. Neben Sprache nutzen wir hier auch Gesten, Blicke oder einfach den Kontext. Gibt man Primaten ein Symbolsystem, können sie es nicht wie Menschen benutzen. Wir können uns anders in unser Gegenüber hineinversetzen als Affen es tun“, erklärt Prof. Dr. Manuel Bohn. Gerade wurde er zum Juniorprofessor für Entwicklungspsychologie berufen. Sein Hauptinteresse liegt in den psychologischen Grundlagen menschlicher Kommunikation. „Mein Ziel ist es, die gemeinsamen und einzigartigen Aspekte menschlicher Kognition zu verstehen, die es Kindern ermöglichen, konventionelle Sprache zu erwerben“, erklärt der Forscher. Der Vergleich mit Primaten ist dabei wichtig, um zu entscheiden, was spezifisch menschlich ist.

Am Max-Planck-Institut für evolutionäre Anthropologie, Leipzig untersuchte Manuel Bohn unter anderem die kommunikativen und kognitiven Fähigkeiten von Schimpansen, Gorillas, Orang-Utans und Bonobos. Die Menschenaffen-Anlage im Zoo Leipzig, das so genannte Pongoland, wurde für das Max-Planck-Institut erbaut. In seiner Promotion – betreut durch Michael Tomasello und Josep Call – beschäftigte sich Manuel Bohn bereits mit sozialer Kognition und Kommunikation bei Primaten und Säuglingen.

Während seiner Postdoc-Zeit forschte Manuel Bohn zwei Jahre lang an der Stanford University in der Arbeitsgruppe des Entwicklungspsychologen Michael C. Frank. „Die Zeit war für mich sehr formativ. Ich konnte mir ein großes Methoden-Repertoire aufbauen, dazu gehörten auch kognitive Prozesse anhand von Computermodellen zu simulieren. Die Arbeitsgruppe von Michael Frank ist außerdem Pionier bei der Arbeit mit großen Datensätzen“, berichtet Manuel Bohn.

Er ist selbst Teil großer Forschungsnetzwerke, die Daten aus verschiedenen Projekten bündeln und auswerten, wie beispielsweise „ManyPrimates“. „Das Pongoland gehört zu den größten Primaten-Forschungszentren der Welt. Dennoch gibt es dort gerade einmal vier Arten und vierzig Tiere. Um robuste wissenschaftliche Aussagen tätigen zu können, sind große Stichproben nötig. Diese können oft nur durch Kollaborationen erreicht werden.“

Hintergrund der Arbeit mit großen Datensätzen ist auch die Vertrauenskrise in der empirischen Psychologie: Ergebnisse vergangener Studien ließen sich nicht immer replizieren. Teils wurden neue Forschungsfelder auf Basis sehr kleiner Stichproben begründet. Eine globale Zusammenarbeit von Forscher*innen bedeuten aber nicht nur robustere Ergebnisse. Mit den Datensätzen lassen sich auch kulturübergreifende Hypothesen prüfen: „Gleich, wo Menschen aufwachsen: Alle werden in der Regel Teil einer Gesellschaft und erwerben Sprache“, sagt Manuel Bohn.

Die Experimentelle Entwicklungspsychologie untersucht, wann bestimmte kognitive Phänomene bei Kindern auftreten. Der Juniorprofessor setzt die Entwicklung mit der Alltagserfahrung in Bezug: „Ich möchte wissen, unter welchen Bedingungen Kinder bestimmte Entwicklungsschritte gehen“, erklärt der Forscher. In einem aktuellen Forschungsprojekt kooperiert er mit Kindergärten und Kitas. „Wir haben eine Kamera-Weste entwickelt, die die Umgebung der Kinder filmt“, erklärt Manuel Bohn. Das Problem: Stundenlange Videos müssen ausgewertet werden. „Wir arbeiten jetzt mit Computerexperten zusammen, die eine KI programmieren, um die relevanten Stellen herauszufiltern“, erklärt Manuel Bohn. Die Entwicklung neuer Methoden ist ein weiterer Schwerpunkt seiner Arbeit.

Prof. Dr. Manuel Bohn schloss 2013 sein Studium der Psychologie an der Universität Wien mit Magister ab. 2016 wurde er am Max-Planck-Institut für evolutionäre Anthropologie, Leipzig, Abteilung für Vergleichende und Entwicklungspsychologie promoviert und blieb dort bis 2017 als Postdoc. Von 2017 bis 2020 war er Marie Skłodowska-Curie Stipendiat am Language and Cognition Lab der Stanford University, USA sowie am Leipziger Forschungszentrum für frühkindliche Entwicklung. Bis zu seiner Berufung an die Leuphana Universität Lüneburg war Manuel Bohn als Gruppenleiter (Senior Scientist) tätig, Abteilung für Vergleichende Kulturpsychologie, Max-Planck-Institut für evolutionäre Anthropologie, Leipzig.

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