LIAS Fellows im Porträt: Dr. Madhurima Chowdhury

Eine Welt ohne Pässe

18.09.2023 Madhurima Chowdhury, Assistent Professor am ‚Department of South and Southeast Asian Studies‘ an der Universität von Kalkutta, untersucht als eine der elf Fellows am neuen Leuphana Institute for Advanced Studies (LIAS) in Culture and Society den Zusammenhang von Bildung und Weltbürgertum.

„Wer, wenn nicht die Lehrer*innen in Ländern wie Bangladesh oder Katar“, erklärt Chowdhury, „können jungen Menschen die sozialen, wirtschaftlichen und ökologischen Nachhaltigkeitsziele für ihre eigene Zukunft nahebringen?“ ©LIAS
„Wenn nicht jede*r von uns immer wieder Verantwortung übernimmt, werden wir demokratische Ordnungen verlieren und der Frieden wird fragiler werden.“

Der Begriff ‚Global Citizenship‘ bezieht sich dabei auf das Konzept des ‚Vasudhaiva Kutumbakam‘ aus den indischen Veden. Es bedeutet so viel wie „die Welt ist eine Familie“, erläutert die Wissenschaftlerin. Der indische Dichter, Philosoph und Nobelpreisträger Rabindranath Tagore (1861-1941) hatte diese Idee im 20. Jahrhundert wieder aufgegriffen: „Er stand für eine Synthese des westlichen und östlichen Gedankenguts. Ganz ähnlich wie die westeuropäischen Aufklärer war er der Ansicht, dass Bildung vor allem dazu dienen sollte, einen universellen Humanismus zu fördern.“

Chowdhurys Forschungsfrage ist, wie Bildungsprojekte die Idee eines globalen Bürgertums im Interesse der Friedenssicherung fördern können. Dazu wertet sie Umfragen, Interviews, Fallstudien und Forschungsliteratur aus. Als Transfer ihrer wissenschaftlichen Arbeit möchte sie zudem einen praktischen Leitfaden für Pädagog*innen, Politiker*innen und Akteur*innen der Zivilgesellschaft erstellen, die in ihrem jeweiligen Umfeld globale Friedensarbeit und Menschenrechtsbildung verwirklichen.

Weitreichendere Wirkung erhofft sich Chowdhury durch ihren Beitrag zum „Global Schools Program“ der Vereinten Nationen. Es hilft Schulen dabei, die 17 Ziele für nachhaltige Entwicklung der UN (Sustainable Development Goals) in ihre Lehrpläne zu integrieren. Das Bildungsprogramm wurde bereits in 89 Ländern implementiert und ist auf Forschungsdaten aus allen Weltregionen angewiesen. „Das Global Schools Program liegt mir besonders am Herzen“, erklärt Chowdhury, „weil es ganz konkret hilft, eine bessere Zukunft zu gestalten. Wer, wenn nicht die Lehrer*innen in Ländern wie Bangladesh oder Katar können jungen Menschen die sozialen, wirtschaftlichen und ökologischen Nachhaltigkeitsziele für ihre eigene Zukunft nahebringen?“

Dabei blickt die 39-Jährige sorgenvoll auf die jüngsten globalen Entwicklungen. Autoritäre Regime, populistische Bewegungen, Korruption, Desinformation und Polarisierung bringen die Rechtsstaatlichkeit ins Wanken. „Wenn nicht jede*r von uns immer wieder Verantwortung übernimmt, werden wir demokratische Ordnungen verlieren und der Frieden wird fragiler werden“, so ihre Einschätzung. „Immer wieder sehe ich aber auch Menschen, die sich gegen Ungerechtigkeit und Unterdrückung wehren, die Rechenschaftspflicht und Transparenz fordern, die sich für Dialog und Zusammenarbeit einsetzen, die Vielfalt und Integration feiern; und das gibt mir fortwährend Hoffnung in schwierigen Zeiten.“

Nicht zuletzt steht auch das Leuphana Institute for Advanced Studies (LIAS) in Culture and Society für ein ermutigendes akademisches Umfeld, in dem sie sich mit Wissenschaftler*innen aus verschiedenen Disziplinen und Regionen austauschen kann. „Das LIAS ist jetzt schon ein führendes Institut für kritische interdisziplinäre Forschung und bietet mir eine großartige Unterstützung für mein Forschungsprojekt. Das Institut hilft mir, mich weiterzuentwickeln, meine analytischen Fähigkeiten zu verbessern, Netzwerke zu erweitern, und meine Sichtbarkeit zu erhöhen,“ freut sich Madhurima Chowdhury.

Schon jetzt ist sie mit ihren Themen in Japan und Thailand vernetzt. Als Nächstes steht die Veröffentlichung ihrer Forschungsergebnisse an, Konferenzen und Workshops, sowie die Verbreitung ihrer Forschung unter Politiker*innen und Pädagog*innen. Denn sie möchte weiter daran arbeiten, dass ihre Ideen einen Weg in die Praxis finden.