Prof. Dr. Hartwig Donner erinnert sich: „Ein strategisches Naturtalent“
13.12.2024 1992 hörte der damalige Rektor der Universität Lüneburg zum ersten Mal von Henning Zühlsdorff. Ein geschätzter Kollege empfahl den Diplom-Erziehungswissenschaftler als neuen Pressesprecher. Aber nicht nur Anfragen aus Presse, Funk und Fernsehen warteten auf Henning Zühlsdorff, auch Bauern, Hotelbesitzer und Naturfreunde meldeten sich.
Lüneburg, Rotes Feld, 1992. Hartwig Donner hat ein Problem: Die Kündigung der Uni-Pressesprecherin liegt auf seinem Schreibtisch; die Stelle ist noch unbesetzt. Donner ist auf dem Weg zur Mensa. Auf den weiß getünchten Fluren des Backsteinbaus im Roten Feld trifft er seinen geschätzten Kollegen Theodor Klimek: „Ich habe da einen, den kann ich Ihnen empfehlen“, sagt der Professor für Anglistik. Er spricht von seinem Dekanatsmitarbeiter, Henning Zühlsdorff. Hartwig Donner prüft die Bewerbung und ist ebenfalls überzeugt vom Kandidaten: Henning Zühlsdorff wird neuer Pressesprecher der Universität Lüneburg. Eine Entscheidung, die der damalige Rektor und spätere Präsident nie bereut hat: „Zühlsdorff ist ein strategisches Naturtalent“, sagt Hartwig Donner.
Auf den jungen Pressesprecher warten mehr als Zeitung- und Radio-Anfragen: Die Universität Lüneburg baute damals einen ökologischen Schwerpunkt auf. Folgerichtig wurde der Rechtswissenschaftler Hartwig Donner zum Leiter des so genannten Elbschlick-Forums ernannt: Giftiger Schlamm aus dem Hamburger Hafen sollte entlang des Elbufers in Niedersachsen gelagert werden. „Die Menschen waren aufgebracht“, erinnert sich Donner. Die vormalige Landesregierung hatte eine zeitlich befristete Lösung versprochen. Donner glaubt bis heute nicht an die Aussage: „Eine fromme Lüge! Der Schlick wäre ewig hier geblieben.“ Das Elbschlick-Forum unter Donners Leitung und Zühlsdorffs Management erarbeitete eine Lösung, die die Lagerung des toxischen Schlicks in Niedersachsen verhinderte.
Nach diesem Erfolg kam die Landesregierung mit einer zweiten Aufgabe auf Donner und Zühlsdorff zu: Die Natur der Elbtalaue war durch die Teilung Deutschlands weitgehend unberührt geblieben. Nun sollte die Landschaft unter maximalen Schutz gestellt werden. „Wir blickten auf ein Kleinod“, erinnert sich Hartwig Donner. Auf das neu gegründete Forum Elbtalaue wartete keine leichte Aufgabe: Bauern, Hotelbesitzer oder Naturfreunde - alle wollten gehört werden. „Ich war Leiter, aber das tägliche, operative Geschäft erledigte Zühlsdorff. Ohne einen wie ihn, hätte ich das nicht bewältigt. Zühlsdorff war ständig in Kontakt mit den verschiedenen Interessengruppen, hielt alles zusammen. Es brauchte mehr als Sitzungen zu planen oder Protokolle zu verschicken.“ Gemeinsam erreichten sie ihr Ziel: Die Elbtalaue wurde zwar kein Nationalpark, aber zum Biosphärenreservat ernannt. Diesen Status trägt das Gebiet bis heute - und ist eines der beliebtesten Ziele für ökologische Exkursionen an der Leuphana.
Auch die Konversion der früheren Scharnhorst-Kaserne zur Universität hatte der Pressesprecher zu begleiten. „Ein paar Gernegroße gab es, aber insgesamt lief das reibungslos“, erinnert sich Donner.
2003 wurde die Universität Lüneburg zur Stiftungsuniversität. 2005 fusionierte sie mit der Fachhochschule Nordostniedersachsen. „Es war ein Projekt, das in der Hochschullandschaft geradezu als irrwitzig galt“, erinnert sich Donner und lobt die heutige Leuphana: „Die Forschungsausrichtung sowie die Lehrprogramme finde ich sehr gut.“
Auch die Verhandlungen während des Zusammenschlusses begleitete Henning Zühlsdorff. „Er hat etwas, was ich selten bei einem Nicht-Juristen erlebt habe: Wir nennen es Judiz, also ein klares Gefühl dafür, wie Probleme rechtlich gelöst werden können. Bei Zühlsdorff ist das enorm ausgeprägt. An ihm ist ein Jurist verloren gegangen.“
Prof. Dr. Theodor Klimek
„Der Anglist gründete die Fakultät Kulturwissenschaften an der Universität Lüneburg. Er war hochschulpolitisch bis in die letzen Winkel versiert und ein großer Stratege mit viel Witz. Er hat die Dinge nie zu Ernst genommen. Klimek und Zühlsdorff waren enge Freunde, aber auch zwischen mir und Klimek herrschte tiefes Vertrauen. Dennoch haben wir uns lange gesiezt. Erst bei einem Besuch unserer Partneruniversität St. Angelo/Texas änderte sich das. Ganz typisch für ihn, sagte er zu mir: ,Ich' - und dieses Wort betonte er besonders - ,werde Ihnen das Du nie anbieten', erinnert sich Hartwig Donner und fährt fort: „Also habe ich mich beeilt, der Forderung nachzukommen und habe ihm das Du angeboten. Das war lange überfällig.“ Hartwig Donner schmunzelt: „Ja, genauso war Theo.“