„Facetten von Theorie und Praxis“ - Universitäre Lehrer*innen-Bildung und berufliche Bildung für Sozialpädagogik
06.05.2025 Fachtag mit Vorträgen, Workshops und Diskussion
21.05.2025 Das Institut für Sozialarbeit und Sozialpädagogik der Leuphana Universität Lüneburg, das Niedersächsische Institut für frühkindliche Bildung und Entwicklung (nifbe e.V.), das Center for Early Childhood Development and Education Research (CEDER) und die Didaktik der Sozialpädagogik der Universität Osnabrück luden gemeinsam zu einem Fachtag ein, um den Dialog der unterschiedlichen Akteur*innen der sozialpädagogischen Berufsbildung zu fördern.

Nach dem Beginn dieses Dialog-Formates im Jahr 2022, welches seitdem abwechselnd an der Universität Osnabrück und der Leuphana Universität Lüneburg durchgeführt wird, fand der vierte Fachtag mit 120 Teilnehmerinnen und Teilnehmern in diesem Jahr an der Leuphana Universität Lüneburg statt. Thematischer Schwerpunkt des diesjährigen Fachtags lautete „Facetten von Theorie und Praxis“. Facetten von Theorie und Praxis verorten sich vielfältig in Studium und Ausbildung sozialpädagogischer Lehr- und Fachkräfte. Dabei changieren die Facetten zwischen Wissenschaft und Praxis, Schule und sozialpädagogischerPraxis, Handeln und Reflexion. Auch die für die schulische Berufsbildung relevanten bundeslandübergreifenden Perspektiven, u.a. in Verbindung zu Hessen und Hamburg, wurden einbezogen. Das Dialogformat wurde zudem nicht nur auf Teilnehmenden-Ebene realisiert, vielmehr wurde bereits auf Referent*innen-Ebene auf die paritätische Besetzung der Referent*innen-Teams geachtet. Vertreter*innen aus Wissenschaft einerseits und berufsbildender Schule und derniedersächsischen Studienseminare der beruflichen Fachrichtung Sozialpädagogik andererseits realisierten den Dialog im Kontext des Fachtags.
Mit der Keynote eröffnete StDin Patricia Gerk (Konrad Zuse Schule, Fulda) die Thematik von Theorie und Praxis über das Verhältnis von schulischer und berufspraktischer Anteile in der Ausbildung zur Erzieher*in. Sie hielt den Fachvortrag zumhessischen Modell des Individuellen Ausbildungsplan (IAP) als Begleit- und Bilanzierungsinstrument für die fachpraktische Ausbildung an Fachschulen für Sozialwesen, zu dem sie mit interessiertem Publikum zu den Fragen der Organisation und didaktischen Realisierung der Begleitung der zukünftigen sozialpädagogischen Fachkräfte in den Dialog kam.
Im Anschluss erfolgten zwei Workshopphasen, die unterschiedlichen Schwerpunkten zugeordnet waren.
Ein Workshop-Panel widmete sich den (bisher übersehenen) Arbeitsfeldern der Sozialpädagogik. Zum einen wurde der Fokus auf die Hilfen zur Erziehung gesetzt. Denn der KMK-Rahmenlehrplan und auch das Kompetenzorientierte Qualifikationsprofil verweisen auf die generalistische Ausbildung für Erzieher*innen, die u.a. zur selbständigen und eigenverantwortlichen Arbeit als Fachkraft in unterschiedlichen Arbeitsfeldern qualifiziert. Komplexe Anforderungen und Herausforderungen an eine entsprechende Breitbandausbildung haben in den letzten 20 Jahren jedoch verstärkt dazu geführt, dass Arbeitsfelder von Erzieher*innen neben der frühkindlichen Bildung, Betreuung und Erziehung in gesellschaftlichen Debatten in den Hintergrund gerückt sind. Der zweite Workshop dieses Panels bearbeitete das Feld der Ganztagsbildung. Mit der Einführung des Rechtsanspruchs auf eine ganztägige Bildung und Betreuung im Primarbereich ab dem Schuljahr 2026/27 wird sich der schulische Ganztag (noch umfassender) als zentrales Arbeitsfeld für sozialpädagogische Fachkräfte etablieren. Für die berufliche Bildung Sozialpädagogik geht diese Entwicklung mit unterschiedlichen Herausforderungen einher. Im Besonderen betrifft dies die Frage nach der Einbindung der Ganztagsthematik in die sozialpädagogischen Rahmenlehrpläne und einer möglichen Etablierung ausbildungsbezogener Profilierungen.
In einem zweiten Panel wurden die Zielgruppen der Bildungsgänge fokussiert. Im ersten Workshop dieses Panels lag der Schwerpunkt auf der migrationsreflexiven Öffnung sozialpädagogischer Bildungsgänge an (Berufs-)Fachschulen. Auf Grundlage des Forschungsstandes zu institutioneller Diskriminierung in Bildungsinstitutionen lässt sich vermuten, dass insbesondere Schüler*innen mit Migrationsgeschichte erhebliche Zugangsbarrieren und Diskriminierungen an (Berufs-)Fachschulen erfahren. Der Workshop diente dem Austausch über subjektive Erfahrungen an unterschiedlichen Schulstandorten sowie über mögliche Strategien eines diskriminierungskritischen Umgangs mit beobachteten Ausschlüssen sowie der inklusiven Gestaltung von Berufsbildenden Schulen. Im weiteren Workshop standen die neuen Ausbildungsformen und die Anforderungen an die Lehrer*innen für die Praxisbegleitung im Mittelpunkt. Denn in sozialpädagogischen Berufsbildungsgängen lässt sich eine Dynamik hin zu vielfältige(re)n Aus-bildungsformen (z. B. berufliches Gymnasium mit dem Schwerpunkt Soziales, Fachschule Sozial-pädagogik in Teilzeit) erkennen. Der Workshop stellte sich in diesem Kontext den Fragen nach den Arbeitsanforderungen von Lehrkräften sowie auch didaktischen Fragen zur Praxisbegleitung im Kontext veränderter Praxiszeiten.
Im dritten Panel zum Thema Begleitung und Beratung wurde im ersten Workshop die Erreichbarkeit von Schüler*innen durch KI-gestützten sprachsensiblen Unterricht fokussiert. Der Unterricht in immer heterogeneren Klassen stellt Lehrer*innen vor besondere Herausforderungen u.a. aufgrund verschiedener Bildungsbiografien und unterschiedlicher Sprachkenntnisse der Schüler*innen. Für die Lehrkraft bedeutet dies, Unterricht sprachsensibel zu gestalten, ihn auf Schüler*innen zuzuschneiden, differenzierte Materialien zu entwickeln und den Schüler*innen individuelle Unterstützung und Förderung zukommen zu lassen. Der Schwerpunkt lag auf der Gestaltung sprachsensiblen Unterrichts und darauf, auch KI zur Entlastung zu nutzen. Der zweite Workshop bezog sich auf die Lehrkräftebildung, insbesondere auf die reflexionsorientierte Begleitung zukünftiger Lehrkräfte im Rahmen des Studiums. Reflexion ist ein zentrales Element in allen Phasen der Ausbildung von Lehrkräften. Gemeinsam wurde diskutiert, wie anhand der Beispiele des ePortoflio (Universität) und einer reflexiven Seminardidaktik (Studienseminar) eine Verzahnung der drei Phasen reflexivorientiert gelingen kann.
Rege Gespräche zu den Erkenntnissen und Implikationen der Workshops bildeten den offenen Ausklang des Fachtags. Der konstruktive Dialog zwischen universitärer Lehrkräftebildung und beruflicher Ausbildung zur Sozialpädagogik wird im Jahr 2027 mit einer gemeinsamen Fachtagung in Osnabrück fortgesetzt.
Rückfragen und Kontakt
- Prof. Dr. Anke Karber