Creative Thinking X: Boukje Cnossen zu New Work und Kreativität

09.09.2020 Wie sieht die Zukunft der Arbeit aus? Welche Rolle spielt Kreativität bei der Gestaltung neuer Arbeitswelten? Die Creative Thinking X Konferenz am 24.9.2020 bringt Kreativschaffende, Innovationsbegeisterte und Neugierige aus Universität, Unternehmen und Gesellschaft im virtuellen Raum zusammen, um sich der Strömung New Work zu widmen. Boukje Cnossen, Professorin für Cultural Entrepreneurship, wird die Keynote halten.

Die aktuelle Strömung „New Work“ ist gekennzeichnet von der zentralen Stellung von Kommunikationsprozessen sowie Mobilität, virtuellem Arbeiten und Flexibilität. Bisher wurde, selbst in modernen Einrichtungen wie zum Beispiel Coworking-Spaces, Startup-Zentren oder Acceleratoren, meist darauf gesetzt, sich vor Ort auszutauschen. Cnossen erklärt dazu: „Viele dieser Einrichtungen sind nun überrascht, wie gut Beratungs- und Vernetzungsmöglichkeiten über Tools wie Zoom funktionieren. Gleichzeitig stellt sich für viele Einrichtungen die Frage, welchen (regionalen) Mehrwert sie bieten. Wenn alles als ortsunabhängig wahrgenommen wird, kann der regionale Aspekt leicht verschwimmen.“ Genau diese Themen bearbeitet die Wissenschaftlerin aktuell in einem kooperativen Forschungsprojekt zusammen mit Prof. Dr. Matthias Wenzel, das den beteiligten regionalen Startup-Zentren und Acceleratoren einen Raum für den kreativen Austausch gibt.
Auch die Creative Thinking X-Konferenz bietet einen Raum für den kreativen Austausch, um über die Zukunft der Arbeit bewusst nachzudenken und den Begriff ‚New Work‘ mit kreativen Ansätzen zu ergründen. „Und genau solche Räume zum Austausch brauchen wir, um kreativ zu sein und neue Arbeitswelten zu gestalten“, sagt Cnossen.

Generell verändert sich die Arbeitswelt: „Heute müssen immer mehr Arbeiter*innen und Manager*innen ad hoc in der Lage sein, Bedingungen zum Arbeiten außerhalb ihres eigenen Arbeitsplatzes zu schaffen. Dies geschieht zum Beispiel, wenn Menschen Besprechungen im öffentlichen Raum also in Cafés abhalten, in Zügen arbeiten oder freihändig telefonieren, während sie Fahrrad fahren oder durch die Straßen gehen.“ Cnossens Forschung zeigt, wie Organisationen von kulturellen Veranstaltungen, die zeitlich begrenzt sind, lernen können: „Diese können innerhalb einiger Stunden eine temporäre Organisation bilden, die zugleich im realen Leben stattfindet, aber sich davon auch bewusst durch visuelle und materielle Hinweise abgrenzt. Davon können wir lernen, wie wir nach außen signalisieren, dass nun ‚etwas anderes vor sich geht‘. Dadurch können wir uns in der Arbeit im öffentlichen Raum besser abgrenzen.“

Zugleich wird durch die zunehmende Arbeit außerhalb des traditionellen Arbeitsplatzes die individuelle Verantwortung, sich einen kreativitätsfördernden Raum zu schaffen, größer. Hierzu ist insbesondere Austausch wichtig: „In meiner Forschung, besonders zu Kreativschaffenden, sehe ich, dass viele zwar oft allein arbeiten, aber immer auch Austauschmomente und Feedback brauchen. Gerade in der neuen Arbeitswelt, die häufig ‚remote‘ gedacht wird, kommt diesem sozialen Austausch ein besonderer Stellenwert zu.“ Dabei gehört zur kreativen Arbeit insbesondere auch die kreative Problemlösung. „In den großen Tech-Unternehmen werden bereits viele Probleme remote gelöst. Das geht über Tools wie Slack oder Google Meet. Dabei haben diese Unternehmen den Vorteil, dass sie diese Kommunikationskanäle bereits kennen, sich schnell abstimmen können und dadurch sofort handlungsfähig sind. Für andere Unternehmen bedeutet verstärkte Remote-Arbeit einen größeren Einschnitt in ihrer Art der Problemlösung und ihrer Kommunikationsprozesse“, stellt Cnossen fest.

Für Unternehmen und Organisationen stellt sich die Frage, wie sie bei der Gestaltung neuer Arbeitswelten Räume für Kreativität schaffen können: „Unseren Arbeitsalltag, unsere Routine, das können wir in vielen Berufsbereichen ohne Präsenz vor Ort erledigen. Aber um verschiedene Teams oder Personen aus dem ganzen Unternehmen zusammenzubringen und z. B. Visionen zu gestalten, braucht es häufig einen Raum für das gemeinsame physische Erleben. Das wird auch in Zukunft wichtig bleiben.“ Gleichzeitig verbreitet sich aktuell das Konzept des ortsunabhängigen Arbeitens. Cnossen sieht das allerdings kritisch: „Wir sind nie wirklich ortsunabhängig. Der Begriff ist eigentlich irreführend, da unsere Umgebung einen Einfluss auf uns hat. Somit sind wir alle immer ortsabhängig.“ Selbst der virtuelle Raum hat physische Auswirkungen: „Nehmen wir das Beispiel Zoom Fatigue, also Onlinemeeting-Müdigkeit: Hier hat der virtuelle Raum eine direkte Auswirkung auf das körperliche Erleben. Virtuell ist daher auch immer materiell und körperlich.“

Hinweis

Die Veranstaltung ist kostenlos aufgrund der Förderung vom Europäischen Fonds für regionale Entwicklung und dem Land Niedersachsen. Die Veranstaltung wird durchgeführt vom Kooperationsservice der Leuphana.