Vernetzte Versorgung

Vernetzte Versorgung – Grundlagen und Evaluierung der Versorgung psychisch erkrankter Menschen

Was eigentlich ist die Psyche? Wir können sie nicht sehen. Wir spüren sie vor allem dann, wenn die psychische Gesundheit aus dem Gleichgewicht gerät. Heute leiden immer mehr Menschen in den westlichen Industrienationen unter psychischen Erkrankungen, mit beträchtlichen Folgen für die Betroffenen und ihre Angehörigen – aber auch für die Unternehmen und die Wirtschaft.

Integrierte Versorgung schließt Behandlungslücken

Mit dieser Problemstellung beschäftigten sich die Forscherinnen und Forscher des Kompetenztandems Vernetzte Versorgung – Grundlagen und Evaluierung der Versorgung psychisch erkrankter Menschen. Ziel war es, Versorgungslücken zu identifizieren und geeignete Maßnahmen zur Bewältigung der Herausforderungen innerhalb des Gesundheitssystems zu entwickeln und zu begutachten. Der Fokus lag dabei auf Produkten, die unmittelbar von der Gesundheitswirtschaft zur Verbesserung der jeweiligen Versorgungsstruktur eingesetzt werden können. Die Basis dieses Forschungsansatzes bildete die systematische Analyse der verfügbaren wissenschaftlichen Evidenz und das Erproben und Auswerten neuer, innovativer Versorgungsansätze für Menschen mit einer psychischen Belastung.

Die konsequente Fortführung dieser Ziele erfolgte in den Zusatzmodulen Onlinetherapie und SEplus. In Zusammenarbeit mit regionalen Kooperationspartnern wurden im Zusatzmodul Onlinetherapie internetbasierte Selbsthilfeprogramme für Menschen mit einer psychischen Störung evaluiert. Darüber hinaus untersuchte das Kompetenztandem innovative Versorgungsprodukte im Bereich der onlinebasierten Unterstützung von Patientinnen und Patienten, aber auch von Erwerbstätigen mit einer erhöhten psychischen Belastung. Das Zusatzmodul SEplus (Supported Employment plus) erprobte und bewertete einen neuartigen Job-Coaching-Ansatz zur Arbeitsintegration und zum Arbeitsplatzerhalt.

Forschungsergebnisse

Das Kompetenztandem Vernetzte Versorgung hat fünf Behandlungspfade entwickelt. Im Fokus standen dabei die psychiatrischen Erkrankungsbilder Depression, Schizophrenie, Alkoholsucht, Demenz und bipolare Störung. Alle Behandlungspfade liefern konkrete Handlungsanweisungen für die ambulante Therapie und werden der Öffentlichkeit in der Buchreihe Behandlungspfade für die ambulante Integrierte Versorgung von psychisch erkrankten Menschen zur Verfügung gestellt. 2014 erschien der erste Band zum Thema Mittelschwere und schwere unipolare Depression (ISBN 978-3-17-024846-5), bis Ende 2015 werden auch die übrigen vier Bücher der Reihe im Kohlhammer Verlag veröffentlicht.

Konsequent führte auch die Studie Integrierte Versorgung Schizophrenie zu klaren Ergebnissen. Die Probanden in der Interventionsgruppe wurden nach der neuen Versorgungstechnik behandelt, die Kontrollgruppe dagegen erhielt die herkömmliche Therapie. Zwischen den Gruppen zeigten sich Unterschiede hinsichtlich der Zufriedenheit mit der Behandlung – zugunsten der Integrierten Versorgung.

Die Auswertung des 12-Wochen-Unterstützungsprogramms HelpID des regionalen Wirtschaftspartners Novego AG konkretisierte die Erfolge einer onlinebasierten Selbsthilfe: Im Zusatzmodul Onlinetherapie hatte sich bei den Testpersonen in der Interventionsgruppe die Symptomatik verbessert.

Im Modul SEplus wiesen die Forschungsresultate ebenfalls darauf hin, dass die Teilnehmerinnen und Teilnehmer hinsichtlich ihres Gesundheitszustandes vom Job-Coaching-Programm profitierten.

Das Forschungsteam der Vernetzten Versorgung hat seine Ergebnisse in internationalen Zeitschriften peer-reviewed veröffentlicht. Die Publikationsliste im Forschungsindex FOX.

Drittmittel

Nach Abschluss des Kompetenztandems wird die Forschung in dem Drittmittelvorhaben Service gap and lag in the treatment of intellectual disability and psychopathology gemeinsam mit der Hebräischen Universität Jerusalem im Rahmen der Seniorprofessur von Prof. Dr. Wulf Rössler an der Leuphana Universität Lüneburg weitergeführt.

Wirtschaftsentwicklung

Die Ergebnisse lieferten eine wissenschaftlich fundierte Basis für regionalwirtschaftliche Gesundheitsunternehmen – insbesondere Managementgesellschaften, Ambulante Psychiatrische Pflegedienste (APP) und Arztpraxen – zur Schaffung nachhaltiger gesundheitswirtschaftlicher Strukturen. Der Wirtschaftspartner IVPNetworks setzte die Resultate direkt ein, um ambulante Versorgungsnetze zu entwickeln und neue Geschäftsmodelle zu generieren.

Stärkung der Region

Bereits in der Anfangsphase des Kompetenztandems sind aufgrund der Evaluationsstudie IntegrierteVersorgung Schizophrenie neben dem Startup IVPNetworks zahlreiche Ambulante Psychiatrische Pflegedienste innerhalb der Inkubator-Region Nordostniedersachsen entstanden und haben einen Spillover-Effekt bewirkt. Durch das Zusatzmodul Onlinetherapie gelang darüber hinaus der Aufbau eines weiteren Startup-Unternehmens: Die Novego AG beschäftigt inzwischen fünf Mitarbeiter. Mittelfristig ist die Ausweitung des Geschäfts geplant – dadurch werden weitere Arbeitsplätze geschaffen.

22 Kooperationsverträge

Das Kompetenztandem arbeitete gemeinsam mit 22 regionalen und überregionalen Partnern daran, die Versorgung psychisch Erkrankter zu optimieren:

Anker e. V., CelleAOK Plus, DresdenBehörde für Justiz und Gleichstellung, Hamburg
Bernhard Schulte Shipmanagement (Deutschland) GmbH & Co. KGBHH Sozialkontor gGmbH, HamburgCaritas Forum Demenz, Hannover
Deutsche Rentenversicherung Knappschaft-Bahn-See, HamburgDRK-Kreisverband Celle e.V.Impreglon Oberflächentechnik GmbH, Lüneburg
Justizvollzugsanstalt UelzenKKH, HannoverLandkreis Lüneburg
Lufthansa Technik, HamburgMONTBLANC-Simplo GmbH, HamburgNovego AG, Seevetal
Psychiatrische Klinik LüneburgPsychiatrische Klinik UelzenStiftung Niedersächsischer Gedenkstätten, Celle
Symeda (gemeinsames Projekt mit Psychiatrische Klinik Uelzen), BraunschweigUniklinik GöttingenUnilever, Hamburg
Worlée-Gruppe, Lauenburg und Hamburg