Bedingungen und Empfehlungen für die Nutzung von KI-basierten Anwendungen in Lehre und Prüfungen

Lange Zeit war das Schaffen von Wissen im akademischen Kontext eine den Menschen vorbehaltene Aufgabe. Eingebettet in die Regularien guter wissenschaftlicher Praxis streben Wissenschaftler:innen bis heute nach Erkenntnissen. Daten, Informationen, Ergebnisse von Reflexionen oder wissenschaftlichen Diskussionen werden aus verschiedenen Perspektiven beleuchtet, kritisch hinterfragt oder falsifiziert, mit dem Ziel, zu neuen Erkenntnissen zu gelangen. An Universitäten gehen dabei Wissensproduktion und Wissensvermittlung Hand in Hand. Der Austausch zwischen Personen ist hierfür ebenso eine Grundlage wie die Auseinandersetzung mit Informationen.

Beim wissenschaftlichen Arbeiten werden unterschiedliche Werkzeuge eingesetzt, die die Arbeit erleichtern, beschleunigen, im Betrachtungsvolumen vergrößern und verbessern sollen. Im technischen Bereich sind jüngst Anwendungen hinzugekommen, die auf künstliche Intelligenz zurückgreifen. Diese stellen eine neue Qualität in der Entwicklung digitaler Werkzeuge dar, die das wissenschaftliche Arbeiten aufgrund ihrer umfassenden Funktionalität verändern werden und die Institution Hochschule vor neue Herausforderungen stellen. Die Verwendung dieser neuen KI-Werkzeuge beinhaltet neben möglichen disruptiven Effekten vielfältige Potenziale im Bereich Studium und Lehre, z.B. wenn Chatbots als Ideengeber, persönlicher Tutor oder Strukturierungsassistent eingesetzt werden können (weitere didaktische Hinweise und Links finden Sie auf der KI-Übersichtsseite des Lehrservice). Die Hochschulgemeinschaften weltweit sind aufgefordert, einen konstruktiven Umgang mit diesen Innovationen zu finden.

Die folgenden Empfehlungen sollen in einem ersten Schritt eine rechtliche Orientierung für den Lehr- und Prüfungszusammenhang bieten. Alle weiteren Dimensionen, die im Zusammenhang mit dem Einsatz von KI-basierten Werkzeugen stehen, werden an anderer Stelle diskutiert und in einem laufenden Arbeitszusammenhang über die nächsten Jahre zu betrachten sein.

Bitte beachten Sie: Um den zu erwartenden weitergehenden Entwicklungen von Angeboten künstlicher Intelligenz möglichst unmittelbar begegnen zu können, werden dementsprechend angeführte Aspekte dieser Website regelmäßig weiterbearbeitet und aktualisiert.

KI-Nutzung in Lehrveranstaltungen

KI in Lehre und Studium einzubinden, kann sinnvoll und gewinnbringend sein, vor allem auch hinsichtlich der Entwicklung einer Arbeitskultur und des korrekten Umgangs mit diesen innovativen Technologien. So kann KI u. a. als Werkzeug eingesetzt, als Lerngegenstand thematisiert oder vor dem Hintergrund des Faches reflektiert werden. Lehrveranstaltungen werden von den Lehrenden auf die spezifischen Kompetenzziele hin individuell inhaltlich und didaktisch konzipiert. Dementsprechend vielfältig sind die Lehr- und Lernziele, die im Rahmen der unterschiedlichen Lehrveranstaltungen angestrebt werden. Ob und wenn ja, wie das Erreichen der Lehr-Lernziele durch den Einsatz KI-basierter Anwendungen befördert oder verhindert wird, ist daher für jede Veranstaltung individuell vom jeweiligen Lehrenden für den konkreten Lehrkontext zu entscheiden. Es ist also in jeder Fachdisziplin und für jede Lehrveranstaltung zu klären, wie KI als Hilfsmittel genutzt werden kann und inwieweit sich die Möglichkeiten von künstlicher Intelligenz als Lerngegenstand eignen.

Dabei muss bedacht werden, dass der Einsatz von KI-basierten Anwendungen von den Studierenden an der Leuphana zum jetzigen Zeitpunkt nicht verpflichtend verlangt werden kann, da nur datenschutzrechtlich geprüfte und von der Leuphana auf IT-Sicherheit, Datenschutz und sonstige Anforderungen (z.B. die Nutzungsbedingungen des KI-Anbieters) geprüfte und infolgedessen zentral bereitgestellte Tools in der Lehre eingesetzt werden dürfen. Die Leuphana arbeitet daran, perspektivisch Möglichkeiten zu schaffen, damit KI-basierte Werkzeuge von Lehrenden und Studierenden sinnvoll genutzt werden können.

Informationen zu didaktischen Anwendungsbeispielen, Good Practices sowie den Grenzen von KI-Tools finden Sie auf unserer Website zum Thema KI in der Hochschullehre. Dort finden Sie auch eine Übersicht über regelmäßige Weiterbildungen/Schulungen/Werkstätten, die von verschiedenen Serviceeinrichtungen der Leuphana angeboten werden und in denen sich Lehrende auch untereinander austauschen können.

KI-Nutzung in Prüfungsleistungen

Texte und andere Arbeiten (Produkte) wie z.B. Bilder, Videos oder Musik, die von Studierenden im Rahmen ihres Studiums erstellt werden, sind Produkte eines komplexen Lernprozesses und häufig Ergebnisse (ersten) wissenschaftlichen Arbeitens. Die Art und Weise, wie Lernprozesse bewältigt und Ergebnisse erarbeitet werden, unterliegen Kriterien der Redlichkeit und ethisch korrektem Handeln (vgl. Regeln guter wissenschaftlicher Praxis an der Leuphana).

Die Präsenz und Verfügbarkeit von KI wirkt sich auf die Gestaltung von Prüfungsanforderungen aus. So ist zu empfehlen, Prüfungsanforderungen und -aufgaben so zu gestalten, dass diese nur durch die zu prüfenden Personen in ausreichender Güte bearbeitet werden können. Darüber sollten sich Unsicherheiten und Klärungsnotwendigkeiten in Prüfungsvorgängen reduzieren bzw. bestenfalls vermeiden lassen.

Eigenständigkeit

Für Prüfungsleistungen besteht der Grundsatz, dass sie von der zu prüfenden Person eigenständig und ausschließlich unter Nutzung zugelassener Hilfsmittel zu erbringen sind. Die Möglichkeit der Verwendung von KI-Werkzeugen ist daher im Zusammenhang mit der geforderten Eigenständigkeit der erbrachten Leistungen zu betrachten. Ob und wie KI-basierte Anwendungen hierbei einbezogen werden dürfen, hängt einerseits von der durch die/den Prüfende:n definierten Zulässigkeit und andererseits von der Art des Einsatzes sowie – gemäß guter wissenschaftlicher Praxis – von der Herstellung von Transparenz ihrer Nutzung ab. Zusammengefasst geht es um ethisch korrektes Verhalten und die Übernahme der Verantwortung für den eigenen Lernprozess im Lichte der Prüfungsanforderung.

Eigene Arbeiten – und gerade solche, die zur Bewertung vorgelegt werden – ausschließlich oder vorwiegend durch andere (seien dies Menschen oder digitale Werkzeuge) erledigen zu lassen, verstößt gegen diese Kriterien und ist daher unzulässig. Demnach wäre eine solche Prüfungsleistung mit ‚nicht ausreichend‘ (5,0) und im Falle einer unbenoteten Prüfungs- oder Studienleistung mit „nicht bestanden“ zu bewerten“ (z.B. RPO-BA §16, Abs. 4, Satz 1). Gleichzeitig ist die Nutzung neuer digitaler Technologien im Sinne der guten wissenschaftlichen Praxis verbunden mit einer umfassenden Kenntlichmachung in einzelnen Teilprozessen und für Rückmeldungen in überschaubaren Teilaufgaben oder bei der Diskussion einzelner Aspekte, die zur Auseinandersetzung mit Inhalten beitragen, grundsätzlich denkbar. So können in der Recherche- und Orientierungsphase neue Erkenntnisse gewonnen oder Rückmeldungen auf Produkte für Überarbeitungen genutzt werden. Soweit sich diese auf die Be- und Überarbeitung eigener Leistungen beziehen, ist dies als Bestandteil des wissenschaftlichen Arbeitens anzusehen und kann zu deren Professionalisierung beitragen.

Eigenständigkeitserklärung

Mit der Eigenständigkeitserklärung bestätigen Erstellende von wissenschaftlichen Arbeiten, dass sie diese selbst – nach den Grundsätzen guter wissenschaftlicher Praxis – erarbeitet haben. Die Anforderungen an die Eigenständigkeitserklärung, die Studierende der Prüfungsleistung beifügen müssen, werden in der Rahmenprüfungsordnung (RPO) § 7 Abs. 9 definiert:

In jeder schriftlichen Ausarbeitung [...], die nicht unter Aufsicht verfasst wird, müssen alle Stellen, die wortwörtlich aus Veröffentlichungen oder anderen Quellen entnommen sind, die notwendige Kennzeichnung erhalten. Die Belegstelle ist in unmittelbarem Zusammenhang mit dem Zitat anzugeben. Für die sinngemäße Übernahme aus Veröffentlichungen oder anderen Quellen ist die Angabe der Belegstelle erforderlich. Die schriftliche Arbeit muss die eigenhändig unterschriebene Erklärung enthalten, dass
 die Arbeit – bei einer Gruppenarbeit der entsprechend gekennzeichnete Teil der Arbeit – selbstständig verfasst und keine anderen als die angegebenen Quellen und Hilfsmittel benutzt wurden und
 alle Stellen der Arbeit, die wortwörtlich oder sinngemäß aus anderen Quellen übernommen wurden, als
solche kenntlich gemacht wurden.

Der hier zitierte § 7 Abs. 9 (RPO) hat auch Gültigkeit für die Anwendung von KI-Tools. Anders als bei traditionellen Quellen, für die standardisierte Zitationsweisen existieren, ist für KI-Anwendungen bislang nicht einheitlich geklärt, wie die Kenntlichmachung von KI erfolgen soll.

Eine besondere Herausforderung bei der Kenntlichmachung von KI-Anwendungen und deren Nutzung besteht darin, dass eine Reproduktion von KI-Ausgaben und damit eine unmittelbare Nachprüfbarkeit der Quelle nicht möglich ist, da die Ausgaben von KI-Anwendungen in Form, Inhalt und Umfang auch bei gleicher Anfrage (prompt) immer unterschiedlich ausfallen.

Um eine Nachprüfbarkeit dennoch zu gewährleisten, können Prüfende Ihre Studierenden auffordern, z.B. die entsprechenden Referenzen/Referenztexte der KI, d.h. der In- und Output der eingesetzten KI-Anwendung, der Prüfungsleistung beizufügen, um die korrekte Einbindung und Anwendung der KI zu prüfen und eine Bewertbarkeit der Prüfungsleistung herstellen zu können.

Verantwortung für KI-Inhalte

Ebenso wie bei anderen wissenschaftlichen Quellen steht die Übernahme von KI-generierten Inhalten (z.B. Texte, Bilder, Programmiercodes) unter der Verantwortlichkeit der jeweils nutzenden Person (Studierende oder Lehrende). Die nutzende Person muss die Güte und die Qualität selbständig prüfen und/oder verifizieren und kann mögliche inhaltliche Fehler nicht der Informationsquelle angelasten.

Vereinbarung von KI-Regelungen für Prüfungen

Um die Möglichkeiten und Bedingungen für eine freiwillige Nutzung von KI-Werkzeugen in der Prüfungsleistung durch Studierende transparent zu machen, wird Lehrpersonen empfohlen, mit ihren Studierenden zu Beginn der jeweiligen Lehrveranstaltung die Regelungen zur Verwendung von KI-basierten Anwendungen (kurz: KI-Regelungen für Prüfungen) in der zur Veranstaltung gehörenden Prüfung abzustimmen und transparent zu machen.

Ziel der KI-Regelungen für Prüfungen ist es, bereits zu Beginn einer Lehrveranstaltung eine größtmögliche Transparenz und Klarheit für Lehrende wie Studierende hinsichtlich des Umgangs mit KI-basierten Anwendungen herzustellen.

Die Lehrenden beschreiben die von ihnen gewählten KI-Regelungen in Bezug auf die Lehr-Lernziele. Es wird empfohlen, die KI-Regelungen in der Lehrveranstaltung den Studierenden zu erläutern und den Studierenden Möglichkeiten zu Anmerkungen zu geben. Dies dient auch der gemeinsamen Übung und Kulturbildung von Lehrenden und Studierenden für einen verantwortungsvollen und redlichen Umgang mit KI in Lehre und Prüfungen.

Drei Varianten für Vereinbarungen zu KI-Regelungen für Prüfungsleistungen

Um Regelungen zur Anwendung von KI-Tools zu entwickeln, können folgende drei grundsätzliche Varianten genutzt werden. Bei diesen handelt es sich um Vorschläge, die ausgewählt und übernommen, aber auch auf die jeweilige Fachdisziplin bzw. die Lehrveranstaltung zugeschnitten, erweitert oder modifiziert werden können.

  •  Variante 1 kann für Veranstaltungen genutzt werden, die keine Einschränkungen in der Nutzung KI-basierter Tools vornehmen.

Muster für Variante 1

  •  Bei Variante 2 ist der Einsatz von KI-basierten Anwendungen für die Bewältigung bestimmter Teilaufgaben erlaubt oder ausgeschlossen. Um die Teilaufgaben zu definieren, können beispielsweise folgende Handlungen unterschieden werden:
  • Wissensgenerierende Handlungen: Recherche, Lektüre, Themenfindung, Fragestellung entwickeln, Wissensaneignung und -konkretisierung
  • Textstrukturierende Handlungen: Gliederung und Aufbau der Arbeit
  • Sprachlich-orientierte Handlungen: Formulieren, Übersetzen und sprachliches Überarbeiten des eigenen Textes

Muster für Variante 2

  •  In Variante 3 ist die Nutzung von KI-basierten Anwendungen prinzipiell nicht erlaubt, da sie dem Erreichen der Lehr-Lernziele entgegenwirken.

Muster für Variante 3

Bewertung von Prüfungsleistungen

Die Würdigung und Bewertung einer Prüfungsleistung muss von Lehrenden in Eigenleistung vollzogen werden. Prüfende können sich menschlicher und technischer Assistenz bei der Bewertung von Prüfungsleistungen bedienen, sofern Grenzen des Prüfungs-, des Urheber- und des Datenschutzrechts eingehalten werden. Wichtig ist, dass Prüfende diese Vorkorrekturen nachvollziehen und die Leistung abschließend selbst würdigen und verantworten.

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