Diversity-Tag 2025: Gegen Rechtspopulismus und Antifeminismus
26.05.2025 Im Interview erklären Politikwissenschaftler Dr. Benjamin Opratko und studentisches Mitglied Lio Pollmanns vom Arbeitskreis Rechtspopulismus und Hochschule an der Fakultät Kulturwissenschaften, wie sie sich gegen Ausgrenzung und Diskriminierung stark machen.
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Warum hat sich der Arbeitskreis Rechtspopulismus und Hochschule gegründet und worin besteht seine Arbeit?
Benjamin Opratko: Als Folge der Absage des Dies academicus wegen der angekündigten Teilnahme von AfD-Abgeordneten hat sich der AK Rechtspopulismus gegründet. Der Arbeitskreis dient dem Austausch und der Reflexion zum Thema Rechtspopulismus innerhalb der Universität. Soll, muss die AfD wie jede andere demokratische Partei behandelt werden? Ist die AfD eine Partei wie jede andere? Und welche Strategien verfolgt die AfD an den Hochschulen? Wir haben den Arbeitskreis gegründet, um uns mit Kolleg*innen zu diesen Fragen auszutauschen, Wissen zusammenzuführen und uns auch über die Leuphana hinaus zu vernetzen.
Lio Pollmanns: Das Bedürfnis sich auszutauschen ist groß. Ein wichtiger Aspekt dieses Austauschs ist sich kennenzulernen und zu erfahren: Wen beschäftigen welche Fragen in Bezug auf die gegenwärtigen gesellschaftlichen Entwicklungen? Welche Ängste, Sorgen und Unsicherheiten in Bezug auf die eigene Arbeit und Forschung gehen damit einher? Und welche Unterstützung können wir organisieren, um diesen Gefühlen weniger ausgeliefert zu sein? Wir wurden dazu beispielsweise von der Mobilen Beratung gegen Rechtsextremismus beraten und hatten einen praktischen Workshop zu „Argumentationsstrategien gegen Rechts“ mit der Initiative Aufstehen gegen Rassismus. Wir haben uns im Arbeitskreis auch intensiv mit der Entstehung der AfD Niedersachsen und ihren bildungs- und hochschulpolitischen Zielen beschäftigt.
Was ist Ihre persönliche Motivation im Arbeitskreis mitzuarbeiten?
L.P.: Mich interessiert vor allem die Schnittstelle zwischen wissenschaftlichen Erkenntnissen und aktuellen gesellschaftspolitischen Themen, die im Arbeitskreis zusammenlaufen. Für mich ist es wichtig statusübergreifende Räume zu schaffen, in denen dieser Austausch möglich ist.
B.O.: Ich beschäftige mich schon lange sozialwissenschaftlich mit Rechtspopulismus, bin in Österreich aufgewachsen und habe viele Jahre in Wien gelebt. Da gibt es mit der FPÖ, zu der ich auch selbst forsche, eine der AfD sehr ähnliche und noch erfolgreichere rechtspopulistische Partei. Mein Anliegen ist, Erkenntnisse aus der internationalen Forschung in die Diskussion um die AfD hier vor Ort einzubringen. Man kann viel davon lernen, wie in anderen Ländern mit vergleichbaren Parteien und Bewegungen umgegangen wurde - und welche Fehler, die anderswo begangen wurden, vermieden werden sollten.
Was hat Antifeminismus, das Thema des diesjährigen Diversity-Tags, mit Rechtspopulismus zu tun?
B.O.: Geschlechterpolitik ist ein zentrales Themenfeld rechtsextremer und rechtspopulistischer Politik auf der ganzen Welt. Parteien wie die AfD wollen eine Welt der rigiden Geschlechterordnung, in der die Rollen für Frauen und Männer entlang patriarchaler Normen festgelegt werden. Alles, was diese rigide Ordnung herausfordert - wie der Feminismus - wird angegriffen.
L.P.: Über antifeministische Themen wie z.B. Abtreibungsverbote, Angriffe auf die Ehe für alle, die Hetze gegen transfeminine Menschen oder Forderungen geschlechtergerechte Sprache zu verbieten, lassen sich verschiedene Akteure, die in anderen Themen eher konträre Standpunkte haben, mobilisieren. Antifeminismus fungiert als eine Art Bindeglied oder Scharnier zwischen liberalen, konservativen und rechtsextremen Akteuren. Damit ist Antifeminismus auch ein Einfallstor bzw. Türöffner in extrem rechte Weltbilder.
Wo beobachten Sie Antifeminismus?
B.O.: Etwa in den Angriffen auf die akademische Geschlechterforschung, die leider nicht nur von der AfD kommt.
L.P.: Oder im Ringen um Sprache. Im letzten Herbst beispielsweise hatte die Initiative „Stoppt Gendern in Niedersachsen“, unter anderem initiiert von Mitgliedern der Freien Wähler und der CDU, einen Informationsstand gegenüber des Campus und hat dort für ein Verbot von geschlechtergerechter Sprache geworben und Unterschriften für eine Petition gesammelt. Der AStA und das Gleichstellungsbüro haben darauf reagiert und mit eigenen Ständen über die Relevanz von geschlechtergerechter Sprache aufgeklärt.
Ist Antifeminismus an der Leuphana überhaupt ein Thema? Beschäftigt sich der Arbeitskreis Rechtspopulismus und Hochschule damit?
L.P.: Die beiden Beispiele zeigen, dass Antifeminismus ein gesamtgesellschaftliches Thema ist, das auch an Hochschulen verhandelt wird. Es ist wichtig darüber aufzuklären, wo und wie Antifeminismus wirkt und deutlich zu machen, dass er eben nicht nur eine Strategie der AfD ist.
Und breiter gedacht: Was haben aus Ihrer Sicht die Themen Antifeminismus und Rechtspopulismus mit Diversity zu tun?
Wenn wir Diversity als Begriff verstehen, der feministische, antirassistische, antiableistische Errungenschaften und Ziele vereint, als Begriff, der für gesellschaftliche Vielfalt und Inklusion steht, dann sind Antifeminismus und Rechtspopulismus eine große Gefahr für jene Errungenschaften und Werte. Sie bedeuten eine Verschlechterung der materiellen Lebensbedingungen und eine reale, existenzielle Gefahr für viele Menschen, die von Diskriminierung betroffen sind.
Vielen Dank für das Gespräch!