Alarmglocken für sexualisierte Diskriminierung und Gewalt

Betroffenen von sexualisierter Diskriminierung und Gewalt wird oft nicht sofort geglaubt. Sie misstrauen ihren Gefühlen und Einschätzungen häufig auch selbst. Wissen über Risikofaktoren, Strategien von Gewaltausübenden sowie häufige Reaktionen von Betroffenen auf Gewaltwiderfahrnisse macht sicherer in der Einschätzung einer Situation oder von Handlungen.
 

Risikofaktoren dafür, von sexualisierter Diskriminierung und Gewalt betroffen zu sein, können sein:

  • starke Abhängigkeitsstrukturen und -beziehungen am Arbeitsplatz und im Studienalltag,
  • autoritäre oder unklare Leitungsstrukturen einer Organisation,
  • geringes Einkommen, finanzielle Unsicherheit einer Person,
  • unsicherer Arbeitsplatz einer Person,
  • Neuankömmling sein: eine Person ist Studienanfänger*in, neue*r Mitarbeiter*in, internationaler Gast,
  • schwaches Unterstützungsnetzwerk einer Person am Wohnort & in der Organisation,
  • vorherrschende Kultur des Einzelkämpfertums, keine Gelegenheit zu Solidarität,
  • vorherrschende sexistische/rassistische Kultur im Umgang,
  • unklare/keine institutionellen Richtlinien gegen und unklare/keine Beschwerdeverfahren bei sexualisierter Diskriminierung und Gewalt.

Strategien von Gewaltausübenden im Aufbau und in der Aufrechterhaltung gewaltvoller Beziehungen können sein:

  • der Person Komplimente machen und über die Maßen wohlwollender Handlung ihr gegenüber zeigen,
  • die Person in einen Sonderstatus durch Lob und Wertschätzung erheben,
  • Vertrautheit erzeugen und die Person dazu bringen, zunehmend private Themen zu besprechen,
  • Verunsicherung bei der Person erzeugen durch Wechsel zwischen Zugewandtheit und Abweisung,
  • Grenzen zwischen Kontexten verwischen (z.B. zwischen beruflichem Rahmen und Freundschaft) und somit Verwirrung über jeweils dafür angemessene Handlungen stiften,
  • die Person in eine Schuld bringen, dann Gegenleistung einfordern,
  • gemeinsame Geheimnisse inszenieren und die Person zu Geheimhaltung nötigen,
  • räumliche Isolation herstellen (z.B. privater Nachrichtenkanal, Hotelzimmer, Privatwohnung…),
  • ein „Nein“ ignorieren, Widerspruch nicht ernst nehmen,
  • geäußertes Unwohlsein herunterspielen, sich lustig machen,
  • (körperliche) Grenzen der Person austesten und schrittweise überschreiten,
  • bei Konfrontation auf Ausreden und Erklärungen zurückgreifen (z.B. „Missverständnis“).

Persönliche Betroffenheit: Dies können Signale für sexualisierte Diskriminierung und Gewalt sein:

Es gibt nicht das eine Signal, an dem die eigene Betroffenheit von sexualisierter Diskriminierung und Gewalt eindeutig zu erkennen wäre. Zur besseren Einschätzung von Situationen und Handlungen hilft es aber, die eigenen Reaktionen genau wahrzunehmen. Wenn eine der untenstehenden Aussagen auf Sie zutrifft, kann dies ein Indiz sein, dass Ihnen sexualisierte Diskriminierung und Gewalt widerfahren ist.

  • Die Handlungen einer Person mir gegenüber sind mir unangenehm, beschämen mich, sind mir peinlich.
  • Ich wende viel emotionale Energie auf, um die unangenehme Situation aus meinem Bewusstsein zu verdrängen.
  • Mein Bauchgefühl sagt mir, irgendwas stimmt nicht.
  • Ich traue mich nicht, eine Person mit ihren unangenehmen Handlungen zu konfrontieren.
  • Ich bin in einer Situation oder beim Gedanken an eine Situation plötzlich starr und handlungsunfähig.
  • Ich denke darüber nach, wie die unangenehmen Handlungen der anderen Person zu entschuldigen sei.
  • Ich versuche, mich selbst davon zu überzeugen, dass die Handlungen einer Person mir gegenüber harmlos oder zufällig sind.
  • Ich frage mich, ob ich überempfindlich bin, übertreibe oder etwas erfinde.
  • Ich möchte sicherstellen, dass niemand weiß, was gerade passiert/was passiert ist.
  • Ich habe keine Erinnerung an bestimmte Situationen.
  • Ich zeige plötzlich Stresssymptome (wie z.B. Schlaflosigkeit, Zähneknirschen, Vergesslichkeit, Reizbarkeit…).

Hier finden Sie Unterstützungsmöglichkeiten für Betroffene.