Blended Learning und Flipped Classroom

Blended Learning ist ein Konzept, bei dem Präsenzlehre mit mediengestützten Elementen kombiniert wird. Es umfasst sowohl Phasen des synchronen Lernens (z.B. Videokonferenzen) als auch des asynchronen Lernens (z.B. selbstgesteuertes Arbeiten). Flipped Classroom ist ein verwandtes Konzept, das vorsieht, dass Grundlagen asynchron zu Hause zu bearbeitet werden und synchrone Phasen vor Ort für vertiefende (Gruppen-)Arbeiten zu nutzen. 

Blended Learning bietet Vorteile wie mehr Flexibilität in Bezug auf Zeit und Ort sowie die Möglichkeit für Studierende, ihr Lerntempo selbst zu bestimmen. Wichtig ist jedoch, dass synchrone und asynchrone Phasen gut aufeinander abgestimmt (verzahnt) werden, d.h. sich aufeinander durch Materialien oder Methoden beziehen. 

Auf dieser Website finden Sie allgemeine Informationen zu Blended Learning, Ansätze zur effektiven Verzahnung von Phasen Ihrer Lehrveranstaltung, Informationen zum verwandten Konzept des Flipped Classroom sowie entsprechende Szenarien. 

Blended Learning

Blended Learning, auch als integriertes Lernen bezeichnet, beschreibt in der Hochschullehre eine Lernform, die  Präsenzveranstaltungen mit Formen des E-Learnings didaktisch sinnvoll verknüpft.Ziel ist es, durch die geeignete Kombination verschiedener Medien und Methoden deren Vorteile zu verstärken und die Nachteile zu minimieren.

Ansätze zur effektiven Verzahnung

Hier geben wir Ihnen Hinweise, wie Sie Ihre Lehrveranstaltung aus verschiedenen Phasen aufbauen und die Phasen miteinander effektiv verzahnen können. 

  1. Klares Ziel der Phasen kommunizieren: Vermitteln Sie den Studierenden, wie die asynchrone Vorbereitung und Nachbereitung in die Präsenzlehre einfließen. Erklären Sie den Nutzen der Selbstlernphasen, z. B. als Grundlage für eine aktive Teilnahme in der synchronen Phase.
  2. Nahtlose Übergänge schaffen: Nutzen Sie Tools wie ein Forum oder digitale Pinnwände, um Erkenntnisse aus der asynchronen Phase in die Präsenzlehre zu integrieren. Beispielsweise können Sie Ergebnisse von Quizzen direkt in Diskussionen einfließen lassen.
  3. Feedback-Schleifen einbauen: Geben Sie den Studierenden die Möglichkeit, ihre Ergebnisse aus der Selbstlernphase in der Präsenzphase zu validieren, z. B. durch Peer-Feedback oder direktes Feedback von der Lehrperson.
  4. Verbindende Aufgabenstellungen formulieren: Stellen Sie Aufgaben, die in der asynchronen Phase vorbereitet und in der synchronen Phase angewandt oder vertieft werden, z. B. durch gemeinsame Gruppenprojekte oder Diskussionen.
  5. Digitale Werkzeuge gezielt einsetzen: Verwenden Sie digitale Tools wie Umfragen, kollaborative Dokumente oder Quizplattformen, um die Inhalte der asynchronen Phase aufzugreifen und mit der synchronen Phase zu verknüpfen.
  6. Interaktivität fördern: Planen Sie in der Präsenzphase interaktive Elemente ein, die auf den Vorarbeiten der Studierenden basieren, z. B. Diskussionen, Simulationen oder Rollenspiele.
  7. Rückmeldung einholen: Sammeln Sie regelmäßig Feedback von den Studierenden, wie sie die Verzahnung wahrnehmen, und passen Sie Ihren Ansatz an, um die Zusammenhänge für die Studierenden klarer und motivierender zu gestalten.
  8. Selbstlernen unterstützen: Unterstützen Sie Selbstlernphasen, indem Sie Hinweise geben, wie die Studierenden gut selbstverantwortlich lernen.

Szenarien zur Verzahnung Präsenz & Selbstlernen

Szenario 1: Vorbereitung und Vertiefung durch ein Quiz

  • Asynchrone Phase (Selbstlernen): Die Studierenden bearbeiten ein interaktives Quiz auf der Lernplattform (z. B. Moodle) zu den Grundlagen eines Themas. Das Quiz enthält sowohl Wissensfragen als auch Reflexionsaufgaben. Zusätzlich gibt es kurze Videos mit anschaulichen Beispielen. Die Studierenden recherchieren Material und Methoden zur Vorbereitung eines Projektes.
  • Synchrone Phase (Präsenzlehre): Die Ergebnisse des Quizzes werden gemeinsam besprochen. Die Lehrperson beantwortet offene Fragen und Studierende führen ein vertiefendes Projekt durch, in dem sie die recherchierten Grundlagen praktisch anwenden.

Szenario 2: Diskussion und Fallstudien

  • Asynchrone Phase (Selbstlernen): Die Studierenden lesen ein Fallbeispiel und verfassen eine kurze Zusammenfassung oder Stellungnahme in einem Diskussionsforum.
  • Synchrone Phase (Präsenzlehre): Die Lehrperson moderiert eine Diskussion, die auf den Beiträgen im Forum aufbaut. Anschließend arbeiten die Studierenden in Gruppen an einer erweiterten Fallstudie, die komplexere Szenarien behandelt.

Szenario 3: Projektarbeit mit Peer-Feedback

  • Asynchrone Phase (Selbstlernen): Die Studierenden entwickeln in Kleingruppen einen Entwurf für ein Projekt oder eine Lösung zu einer Problemstellung. Dies erfolgt auf Basis bereitgestellter Leitfragen oder Anleitungen.
  • Synchrone Phase (Präsenzlehre): Jede Gruppe präsentiert ihre Entwürfe. Es folgt ein Peer-Feedback-Prozess, moderiert von der Lehrperson, bei dem Gruppen sich gegenseitig Verbesserungsvorschläge geben.

Szenario 4: Praktische Anwendung mit Lernkontrolle

  • Asynchrone Phase (Selbstlernen): Die Studierenden arbeiten an einer Lernaufgabe, z. B. einer Simulation oder einem Coding-Assignment. Begleitend gibt es Tutorials und Erklärvideos.
  • Synchrone Phase (Präsenzlehre): Die Ergebnisse der Lernaufgabe werden präsentiert und analysiert. Offene Fragen oder Schwierigkeiten aus der asynchronen Phase werden in einer Q&A-Session geklärt.

Flipped Classroom

Der Flipped Classroom, auch bekannt als Inverted Classroom, ist eine Lehrmethode, bei der die traditionellen Rollen vertauscht werden:Statt Inhalte in der Lehreranstaltung durch die Lehrperson vermittelt zu bekommen, erarbeiten die Lernenden diese ortsunabhängig mithilfe von bereitgestellten Materialien wie Videos, Texten oder Podcasts. Die Präsenzzeit in der Hochschule wird anschließend genutzt, um das erworbene Wissen durch praktische Übungen, Diskussionen oder Projekte zu vertiefen und anzuwenden, wobei die Lehrperson als unterstützende Moderator:in agiert. 

Dieses Konzept fördert die aktive Beteiligung der Lernenden und ermöglicht eine intensivere Auseinandersetzung mit dem Lernstoff während der gemeinsamen Unterrichtszeit.

Das OER-Portal Twillo bietet ein Template für Flipped Classrooms an, das Sie in Ihren Moodle-Raum importieren können. Das didaktische Template beinhaltet Regieanweisungen, die Ihnen wichtige Informationen darüber geben, was Sie in der jeweiligen Lerneinheit beachten sollten. Die Vorlage eignet sich für jedes Fachgebiet.

Szenarien für Flipped Classroom

Szenario 1: Einführung in ein komplexes Thema mit Projektarbeit

  1. Asynchrone Phase 1 (Selbstlernen):
    Die Studierenden schauen Videos oder bearbeiten interaktive Materialien, die die Grundlagen eines Themas erklären (z. B. Einführung in Statistik). Sie beantworten dazu Verständnisfragen und erstellen ein kurzes Konzept zu einer Fragestellung, die auf den Grundlagen aufbaut.
  2. Synchrone Phase 1 (Präsenzlehre):
    Die Konzepte werden in Kleingruppen präsentiert und diskutiert. Offene Fragen und Probleme aus der ersten asynchronen Phase werden in einer moderierten Q&A-Session geklärt. Anschließend wird eine komplexe Projektaufgabe gestellt.
  3. Asynchrone Phase 2 (Selbstlernen):
    Die Gruppen arbeiten eigenständig z.B. an einem Projekt, dokumentieren ihre Fortschritte und laden diese auf eine digitale Plattform hoch. Sie können Peer-Feedback nutzen, um ihre Ansätze zu verbessern.
  4. Synchrone Phase 2 (Präsenzlehre):
    Die Gruppen präsentieren ihre Projektergebnisse. Die Lehrperson gibt gezieltes Feedback und moderiert eine Diskussion über alternative Lösungsansätze oder deren praktische Umsetzung.
©Lehrservice - Sigrun Lehnert
Fortschritt im Flipped Classroom Szenario

Szenario 2: Kritische Analyse eines Artikels

  1. Asynchrone Phase 1 (Selbstlernen):
    Die Studierenden lesen einen wissenschaftlichen Artikel oder eine Fallstudie und verfassen eine kurze Analyse oder Stellungnahme zu den zentralen Thesen. Diese wird in ein Diskussionsforum hochgeladen.
  2. Synchrone Phase 1 (Präsenzlehre):
    Die Lehrperson moderiert eine Diskussion basierend auf den eingereichten Stellungnahmen. In Kleingruppen erarbeiten die Studierenden zusätzliche Fragestellungen oder Hypothesen, die den Artikel erweitern.
  3. Asynchrone Phase 2 (Selbstlernen):
    Die Studierenden recherchieren zu den im Plenum erarbeiteten Fragestellungen und erstellen ein gemeinsames Dokument (z. B. ein Wiki oder eine Präsentation).
  4. Synchrone Phase 2 (Präsenzlehre):
    Die Gruppen präsentieren ihre Ergebnisse, und die Lehrperson leitet eine Reflexion über den gesamten Analyseprozess ein, um die Ergebnisse zu konsolidieren.

Szenario 3: Praxisorientierte Problemlösung

  1. Asynchrone Phase 1 (Selbstlernen):
    Die Studierenden bearbeiten ein Einführungstutorial zu einem praktischen Problem (z. B. Datenanalyse mit einem neuen Tool). Sie lösen erste einfache Aufgaben, die sie auf eine komplexere Herausforderung vorbereiten.
  2. Synchrone Phase 1 (Präsenzlehre):
    Die Lehrperson führt die Studierenden durch eine interaktive Session, in der das Tool gemeinsam angewandt wird, und die Studierenden die komplexere Herausforderung verstehen und in Gruppenarbeit planen.
  3. Asynchrone Phase 2 (Selbstlernen):
    Die Gruppen setzen die geplante Lösung eigenständig um und dokumentieren den Lösungsweg sowie die Ergebnisse in einem digitalen Arbeitsraum.
  4. Synchrone Phase 2 (Präsenzlehre):
    Die Ergebnisse der Gruppen werden präsentiert. Gemeinsam wird reflektiert, welche Schwierigkeiten auftraten und welche Lösungswege besonders effektiv waren.
©Lehrservice - Sigrun Lehnert
Phasen des Problemlösens

Szenario 4: Entwicklung eines Argumentationsmodells

  1. Asynchrone Phase 1 (Selbstlernen):
    Die Studierenden erhalten ein Einführungsvideo zum Aufbau eines Argumentationsmodells (z. B. Toulmin-Modell). Sie wenden das Modell auf ein Beispiel an und reichen es als Text oder Grafik ein.
  2. Synchrone Phase 1 (Präsenzlehre):
    Die eingereichten Modelle werden besprochen und verglichen. Die Studierenden arbeiten in Gruppen, um ein erweitertes Modell für eine neue Fragestellung zu entwickeln.
  3. Asynchrone Phase 2 (Selbstlernen):
    Die Gruppen verbessern ihr Modell basierend auf Feedback aus der synchronen Phase und erstellen eine digitale Visualisierung (z. B. eine Mindmap oder ein Diagramm).
  4. Synchrone Phase 2 (Präsenzlehre):
    Die finalen Argumentationsmodelle werden präsentiert und kritisch diskutiert. Abschließend erfolgt eine Synthese der Modelle zu einer gemeinsamen Lösung.

Besonderheit dieser Szenarien

Die beiden asynchronen und synchronen Phasen sind so gestaltet, dass sie jeweils gezielt aufeinander aufbauen. Studierende müssen sich aktiv einbringen und eigenständig arbeiten, während die synchronen Phasen für vertiefte Interaktion und Feedback genutzt werden. Die klare Struktur und fortlaufende Verbindung der Phasen sorgen dafür, dass die Studierenden den Lernprozess als ganzheitlich wahrnehmen.