Rechtliche Aspekte rund um Forschungsdaten

Bei der Generierung, Nutzung, Archivierung und Publikation von Forschungsdaten sind etliche rechtliche Aspekte zu beachten. Im Folgenden werden die wesentlichen Aspekte und Kernfragen wie Datenschutz, informierte Einwilligung, Umgang mit personenbezogenen Daten, Urheberrecht sowie Nutzungsrechte und Lizenzen thematisiert.

Datenschutz

  • Rechtlicher Rahmen für personenbezogene Daten in der Forschung
  • Ethische Gesichtspunkte
  • Die informierte Einwilligung
  • Verarbeitung und Speicherung personenbezogener Daten
  • Anonymisierung
  • Übersicht wichtiger Fragen im Umgang mit personenbezogenen Daten

Rechtlicher Rahmen für personenbezogene Daten in der Forschung

Die Auflagen des Datenschutzes kommen immer zum Tragen, sobald in irgendeiner Form personenbezogene oder –beziehbare Daten erhoben, verwendet oder verarbeitet werden. Darunter versteht man alle Informationen, die sich auf eine identifizierte oder identifizierbare natürliche Person beziehen und somit die Zuordnung über irgendeine Kennung erlauben. Vollständig anonymisierte Daten sind unproblematisch.

Maßgeblich für den Datenschutz auf europäischer Ebene ist seit Mai 2018 die europäische Datenschutz-Grundverordnung (DS-GVO), flankiert vom Bundesdatenschutzgesetz (BDSG) und dem jeweiligen Landesdatenschutzgesetz (NSDG für Niedersachsen). 

Prinzipiell gilt in allen Regelungen der Grundsatz, dass personenbezogene Daten nur dann erhoben werden dürfen, wenn es gesetzlich erlaubt oder vorgeschrieben ist oder wenn die betroffene Person eingewilligt hat. Für die Wissenschaft folgt daraus, dass für die Forschung mit personenbezogenen Daten in der Regel eine Einwilligung vorliegen muss.

In absoluten Ausnahmefällen kann bei wissenschaftlicher Nutzung auf diese Einwilligung verzichtet werden, aber wirklich nur dann, wenn entweder keine schutzwürdigen Belange tangiert werden, das öffentliche Interesse erheblich größer ist als diese Belange oder der Forschungszweck ansonsten nur mit unverhältnismäßig großem Aufwand zu erreichen ist.

Nach dem Grundsatz der Erforderlichkeit und dem Prinzip der Datenvermeidung und Datensparsamkeit sollen so wenig personenbezogene Daten wie möglich und nötig erhoben werden. In der Regel gilt es, sobald der Forschungszweck es erlaubt die erhobenen Daten zu anonymisieren.

Ethische Gesichtspunkte

Werden sensible Daten, d.h. besonders schützenswerte Daten, erhoben, wird entsprechendes ethisches Handeln vorausgesetzt. Besonders schützenswert heißt, dass die Daten Angaben zur rassischen und ethnischen Herkunft, zu politischen Meinungen, religiösen oder weltanschaulichen Überzeugungen oder zur Gewerkschaftszugehörigkeit enthalten oder dass es sich um genetische Daten, biometrische Daten, Gesundheitsdaten oder Daten zum Sexualleben oder der sexuellen Orientierung handelt.

Mitunter existieren fachspezifischen Kodizes, förderpolitische oder institutionelle Vorgaben zur Begutachtung des Forschungsvorhabens z. B. durch eine Ethikkommission, um den verantwortungsvollen ethischen Umgang mit schützenswerten Daten zu gewährleisten.

Die informierte Einwilligung

Die Einwilligung zur Erhebung personenbezogener Daten muss freiwillig unter Ausübung des informationellen Selbstbestimmungsrechts von der betreffenden Person gegeben werden. Dies kann elektronisch oder mündlich erfolgen, es empfiehlt sich aber definitiv zu Nachweiszwecken eine schriftliche Form.

Eine Einwilligung kann jederzeit zurückgezogen werden mit den daraus resultierenden Datenschutzmaßnahmen. Sie muss dabei vor der Erhebung der Daten erfolgen.

Vorgeschrieben ist eine informierte Einwilligungserklärung, d.h. dass die einwilligende Person klar und verständlich Informationen über den Zweck der Erhebung erhält, also eindeutig vermittelt bekommt, wozu sie einwilligt.

Besonders wichtig sind - neben dem Verweis auf das Widerrufsrecht - die Verwendungszwecke der erhobenen Daten. Denn die Zweckbindung ist entscheidend für den weiteren Umgang mit den Forschungsdaten. Diese dürfen nur für legitime, klar formulierte Zwecke erhoben werden, sei es die Verarbeitung, Archivierung oder auch die Bereitstellung und Weitergabe unter entsprechenden Bedingungen.

Tipp:
Bereits bei der Einwilligungserklärung sollten die beabsichtige Verarbeitung und Verwendung klar thematisiert werden und in der Zustimmung zur Datenerhebung enthalten sein. Bei mehreren Zwecken sollte für all diese Zwecke auch die jeweilige Einwilligung eingeholt werden.

Literatur:

⇒ Schaar, Katrin (2017): Die informierte Einwilligung als Voraussetzung für die (Nach-)nutzung von Forschungsdaten. Beitrag zur Standardisierung von Einwilligungserklärungen im Forschungsbereich unter Einbeziehung der Vorgaben der DS-GVO und Ethikvorgaben (RatSWD Working Papers, 264). DOI:  10.17620/02671.12
⇒ Verbund Forschungsdaten Bildung (2019): Checkliste zur Erstellung rechtskonformer Einwilligungserklärungen mit besonderer Berücksichtigung von Erhebungen an Schulen. Version 2.0, fdbinfo Nr. 1. 
⇒ Verbund Forschungsdaten Bildung (2018): Formulierungsbeispiele für „informierte Einwilligungen“. Version 2.1. fdbinfo Nr. 4.

Verarbeitung und Speicherung personenbezogener Daten

Liegt eine Einwilligung oder eine rechtliche Genehmigung zur Datenverarbeitung personenbezogener Daten vor, impliziert dies dennoch die Einhaltung gesetzlicher Regeln für die Verarbeitung und Speicherung dieser Daten.

Konkret heißt dies: Es müssen ausreichend geeignete technische und organisatorische Maßnahmen zur Einhaltung des Datenschutzes getroffen werden. Diese Maßnahmen müssen zusammen mit den Verarbeitungszwecken, Verarbeitungstätigkeiten und den Verantwortlichkeiten in einem Verfahrensverzeichnis offengelegt werden.

Mit Wirksamwerden der Datenschutz-Grundverordnung (DS-GVO) ist dieses Verfahrensverzeichnis für die verantwortlichen Personen, auch für auftragsverarbeitende Stellen Verfahrensverzeichnisse verpflichtend (DS-GVO Art. 30, Abs. 1) und muss auf dem aktuellen Stand sein.

Zu garantieren sind:

die sichere Speicherung der Daten,
die kontrollierte und sichere Datenübermittlung,
der vertrauliche Zugriff für ausschließlich autorisierte Personen,
Löschmöglichkeiten einschließlich Fristen,
die Richtigkeit der Angaben,
das Vermeiden unnötiger Speicherung personenbezogener Daten, also die  Anonymisierung der Daten, wenn der Forschungszweck dies ermöglicht.

Anonymisierung

Im Grundsatz sollen personenbezogene Daten, sobald der Forschungszweck es erlaubt, anonymisiert werden. Dieser Anonymisierungsprozess sollte dabei nach festen Regeln und unter Dokumentation erfolgen. Er dient dem Entfernen aller Informationen, die in irgendeiner Form Rückschlüsse auf die Identität einer natürlichen Person zulassen.

Die Anonymisierung kann in unterschiedlicher Weise, je nach Typ und Art der Daten erfolgen. Bei visuellen digitalen Daten können Gesichter unkenntlich gemacht werden, bei auditiven Daten Stimmen. Bei Textdokumenten werden in der Regel personenbezogene Informationen entweder komplett unkenntlich gemacht oder entfernt, durch Einsetzen von Pseudonymen im Sinne des Erhalts des Analysepotenzials paraphrasiert, aggregiert oder verallgemeinert.

Besondere Aufmerksamkeit sollte auf Datensätzen mit Verknüpfung zu anderen Informationen liegen.

Übersicht wichtiger Fragen im Umgang mit personenbezogenen Daten

Im Folgenden werden einige Kernaspekte gebündelt mit relevanten Fragestellungen rund um schützenswerte Daten. Forschende sollten diese schon frühzeitig und gezielt - empfohlen bereits in der Planungsphase - thematisieren, Handlungsbedarfe klären und Maßnahmen einleiten.

Zu beachten

Urheber- und Nutzungsrecht

  • Allgemeiner gesetzlicher Rahmen
  • Rechtlicher Rahmen für die Wissenschaft
  • Urheber- und Nutzungsrecht bei der Verwendung Forschungsdaten Dritter
  • Urheber- und Nutzungsrecht bei der Archivierung und Bereitstellung eigener Daten
  • Lizenzen

Allgemeiner gesetzlicher Rahmen

Das Urheberrechtsgesetz (UrhG) räumt Schöpfern von Werken der Literatur, Wissenschaft und Kunst gesetzlichen Schutz und Recht am geistigen Eigentum ein. Dies kann auch für mehrere Autoren gelten. Maßgeblich ist dabei eine geistige Schöpfungshöhe. UrhG §4 (1) umfasst dabei explizit „Sammlungen von Werken, Daten oder anderen unabhängigen Elementen, die aufgrund der Auswahl oder Anordnung der Elemente eine persönliche geistige Schöpfung sind (Sammelwerke)“. Sie werden wie selbständige Werke geschützt.

Das Nutzungsrecht legt dar, welche Rechte bei der Nutzung der Werke zu welchen Bedingungen von den Urhebern eingeräumt werden, welche Nutzung also zulässig ist. Diese Nutzungsrechte lassen sich individuell gestalten und abstufen.

Bei der Nutzung Daten Dritter, aber auch im Zuge der Bereitstellung von Daten für die Nachnutzung spielt der Schutz des Urheberrechts eine Rolle. Ist ein Werk urheberrechtlich geschützt, muss der Urheber der Nutzung, Veränderung, Vervielfältigung oder Weiterverbreitung zustimmen. Forschungsdaten sind dabei nicht grundsätzlich geschützt. Dies trifft nur ab besagter geistiger Schöpfungshöhe zu, speziell dann, wenn Daten erzeugt wurden unter wahrnehmbarer Formgestaltung, persönlichem Schaffen, geistigem Gehalt und eigenpersönlicher Prägung.

Die berechtigten Interessen der Rechteinhaber der Daten gilt es zu wahren. Dies kann manchmal bereits durch einfache Maßnahmen wie z.B. Namensnennung oder die Einbindung der Urheber in die Publikationsentscheidung erfolgen.

Oftmals herrscht Unklarheit über die Urheberrechte zu Daten. Deshalb empfiehlt es sich bereits vor der Einbindung Daten Dritter, die Urheberrechtslage zu berücksichtigen und mögliche Einschränkungen zu identifizieren.

Rechtlicher Rahmen für die Wissenschaft

UrhG §60 widmet sich speziell der Nutzung urheberrechtlich geschützter Werke in Unterricht und Lehre (§60a) sowie wissenschaftlicher Forschung (§60c). Der Gesetzgeber erlaubt dabei u.a. die Vervielfältigung, Verbreitung und Zugänglichmachung von bis zu 15% eines Werkes zur nicht kommerziellen wissenschaftlichen Forschung, und zwar durch einen abgegrenzten Personenkreis mit Nutzung für die eigene Forschung oder für einzelne Dritte, soweit dies der Überprüfung wissenschaftlicher Qualität dient. Für die eigene Forschung dürfen bis zu 75% eines Werkes vervielfältigt werden.

Generell dürfen Abbildungen, einzelne Beiträge aus derselben Fachzeitschrift oder wissenschaftlichen Zeitschrift, sonstige Werke geringen Umfangs (Druckwerke bis 25 Seiten, Film- und Musikwerke bis zu 5 Minuten) und vergriffene Werke abweichend vollständig genutzt werden.

UrhG §60d regelt außerdem den Bereich Text und Data Mining. Für die automatisierte Auswertung einer Vielzahl von Werken (Ursprungsmaterial) für die wissenschaftliche Forschung ist es zulässig, das Ursprungsmaterial auch automatisiert und systematisch zu vervielfältigen, um daraus durch Normalisierung, Strukturierung und Kategorierung ein auszuwertendes Korpus zu erstellen. Außerdem darf dieses Korpus einem abgegrenzten Personenkreis für die wissenschaftliche Forschung sowie einzelnen zur Prüfung der Qualität der wissenschaftlichen Forschung öffentlich zugänglich gemacht werden. Auszuschließen sind kommerzielle Zwecke der Nutzenden. Nach Abschluss der Forschungsarbeiten muss das Korpus und die Vervielfältigungen des Ursprungsmaterials gelöscht werden, die öffentliche Zugänglichmachung ist zu beenden. Zulässig ist es jedoch, das Korpus und die Vervielfältigungen des Ursprungsmaterials dafür berechtigten Institutionen wie z.B. Bibliotheken und Archiven zur dauerhaften Aufbewahrung zu übermitteln.

Eine profunde und aktuelle Handreichung zur Thematik finden Sie hier.

Urheber- und Nutzungsrecht bei der Verwendung Forschungsdaten Dritter

Bei der Nutzung Daten und Materialien Dritter ist es ratsam, sich rechtzeitig mit den rechtlichen Restriktionen und möglichen Nutzungskontexten zu befassen.

Bedenkenswert:
- Wer besitzt das Urheberrecht an den Daten und einzelnen Datenelementen?
- Welche Verwendungszwecke sind geplant?
- Welche Verwendungszwecke sind gestattet? Zu welchen Nutzungsbedingungen?

Bei Zugang über institutionelle Anbieter, Datenarchive und Repositorien liegen immer häufiger klare Nutzungsbedingungen und Lizenzen zu den Daten vor. Eine Nutzung der bezogenen Daten impliziert das vertragliche Einverständnis zu diesen Bedingungen und reglementiert gleichzeitig die Verwendungszwecke. Dies gilt es zu beachten.

Doch nicht immer herrscht eine solche Klarheit. In Zweifelsfällen sollten die Rechteinhaber konsultiert und zur Absicherung ein rechtliches Vertragsverhältnis mit definierten Nutzungsbedingungen geschlossen werden. Sind explizit keine Nutzungsbedingungen formuliert, sollte auf die aktive Einbeziehung dieser Daten in den Entstehungsprozess der eigenen Daten im verzichtet werden.

Urheber- und Nutzungsrecht bei der Archivierung und Bereitstellung eigener Daten

Im Zuge der anstehenden Übermittlung von Forschungsdaten zur Archivierung und Publikation sollten rechtzeitig wichtige rechtliche Fragestellungen bezüglich der Daten geklärt werden.

Bedenkenswert:
- Wer besitzt welche Rechte an den Daten und enthaltenen Elementen?
- Sind in den Daten Elemente Dritter enthalten, die urheberrechtlich geschützt sind?
- Gibt es Einschränkungen für die Archivierung oder Bereitstellung?
- Zu welchen Bedingungen sollen die Forschungsdaten verfügbar gemacht werden?

Die Befugnis aller Beteiligter (je nach Arbeitsvertrag auch der eigenen Einrichtung) zur Weitergabe der Daten muss urheberrechtlich definitiv vorliegen. Gleichzeitig lässt sich die Verwendung der Forschungsdaten über die Vergabe von Lizenzen klar regulieren und steuern.

Lizenzen

Lizenzen bieten dem Rechteinhaber, aber auch dem Nutzer der Forschungsdaten Sicherheit. Sie räumen Nutzungsrechte an den Daten (keine Urheberrechte!) ein und erlauben also verbindlich deren Verwendung zu festgelegten Bedingungen. Einschränkungen können verschiedener Natur sein, u.a. zeitlich, räumlich, aber auch inhaltlich begrenzt.

Hinsichtlich der geplanten Nutzung wird hierzu vorher ein Vertrag zwischen Rechteinhaber und Nutzer geschlossen. Nutzungsrechte können auch Archiven und Institutionen vertraglich zu bestimmten Verwendungszwecken eingeräumt werden, wie zur Bereitstellung der Daten zur Nutzung durch Dritte zu festen Bedingungen.

Generell obliegt es dem Rechteinhaber, ob und welche Nutzungsrechte er gestattet. Manche Archive und Repositorien geben allerdings Lizenztypen vor und akzeptieren nur mit einer entsprechenden Lizenz versehene Forschungsdaten.

Es gibt unterschiedliche Lizenzmodelle und Lizenztypen. Je nach Datenart und Disziplin sind unterschiedliche Lizenzen geeigneter. Prinzipiell bieten sich die Creative Commons (CC)-Lizenzen als freie Lizenzen an. Häufig genutzt wird die sog. CC-BY-Lizenz, welche die Namensnennung bei Nutzung vorschreibt.

Informationen zu den CC-Lizenzen finden Sie hier.

Datenschutz an der Leuphana

 

Support in Rechtsfragen an der Leuphana: Datenschutzmanagement und Einwilligungserklärung

An der Leuphana Universität Lüneburg ist das Team Datenschutzmanagement um den Datenschutzbeauftragten Thies Ove Plath zuständig für Fragen und Verfahren rund um den Datenschutz. Handreichungen und Informationen  sind auf der Intranetseite des Datenschutzmanagements verfügbar, auch zum Thema Forschung und Datenschutz. Unter anderem wird dort eine Mustervorlage der Leuphana für informierte Einwilligungserklärungen samt Instruktionen bereitgestellt.

Kontakt: datenschutz@leuphana.de.

Gerne unterstützen auch wir von der Servicestelle Forschungsdatenmanagement Sie bestmöglich bei spezifischen und allgemeinen Fragen sowie aufkommenden Problemen zu Erhebung, Aufbereitung und Sicherung personenbezogener Daten, aber auch hinsichtlich Urheber- und Nutzungsrechte sowie Lizenzen. Wenden Sie sich dazu per E-Mail an forschungsdaten@leuphana.de.

Kontakt

Thomas Schwager
Universitätsallee 1, CB.132
21335 Lüneburg
Fon +49.4131.677-1175
thomas.schwager@leuphana.de

Martin Bilz
Universitätsallee 1, CB.105
21335 Lüneburg
Fon +49.4131.677-1113
martin.bilz@leuphana.de