Bildungsforschung: Wirksam gegen den Schulleitungsmangel
07.07.2025 Qualitative Schulbildung setzt gute Schulleitung voraus. Doch wie können Führungskräfte ausgebildet und gewonnen werden? Die Initiative „Grundschule voraus“ hat ein Weiterbildungsprogramm entwickelt, das Lehrkräfte auf das Schulleitungsamt vorbereitet – mit ersten Erfolgen, wie ein Leuphana-Forschungsteam um den DFG Heisenberg-Professor für Bildungsmanagement Marcus Pietsch in einer aktuellen Studie belegen konnte.

„Bundesweit sieht fast jede zweite Lehrkraft nur wenig Raum für ihre berufliche Weiterentwicklung. Bei Lehrkräften, die am Qualifizierungsprogramm der Initiative „Grundschule voraus – gemeinsam.gestalten.lernen“ zum Thema Führung teilgenommen haben, sind es nur 5,9 %.“ Dieser Befund geht aus dem Zwischenbericht hervor, der im Juli 2025 unter Leitung von Marcus Pietsch vorgelegt wurde. Er begleitet das Pilotprojekt gemeinsam mit Hariet Schellig und Jasmin Witthöft wissenschaftlich und untersucht, welche Faktoren Lehrkräfte zur Übernahme von Führungsaufgaben motivieren und welche Rolle Qualifizierungen dabei spielen.
Nur zwei Jahre nach Beginn der Initiative konnten erste Befunde veröffentlicht werden. „Möchte man mehr Personen für Schulleitungspositionen gewinnen, ist es notwendig, dass Lehrkräfte frühzeitig Führungserfahrung sammeln und sich in Führungs- und Schulentwicklungsthemen als selbstwirksam erleben. Voramtsqualifizierungen, wie das Programm von Grundschule voraus genannt wird, können dabei helfen, indem sie Unsicherheiten reduzieren und Perspektiven für die eigene berufliche Weiterentwicklung schaffen“, erklärt Prof. Pietsch.
Unter anderem wurde mit Unterstützung des Meinungsforschungsinstitut forsa eine für Deutschland repräsentative Erhebung durchgeführt: Befragt wurden 932 Lehrkräften aus allgemeinbildenden Schulen sowie die Teilnehmenden aus dem zweiten Jahrgang (2024) des Qualifizierungsprogramms der Initiative. Die zentralen Erkenntnisse der Studie sind: 1. Lehrkräfte zeigen Führungsinteresse, allerdings mit regionalen Unterschieden; 2. Entwicklungsperspektiven motivieren zu Führung; 3. Engagierte Lehrkräfte übernehmen früh Verantwortung; 4. Qualifizierungsprogramme stärken Führungsbereitschaft; 5. Lehrkräfte fordern eine starke Leitung für die Schule von morgen.
Diese Zwischenergebnisse legen nahe, dass gezielte Förderung die Motivation und Aufstiegschancen von Lehrkräften stärkt. Daher können Qualifizierungsprogramme dazu beitragen, dem wachsenden Führungskräftemangel im Bildungssystem entgegenzuwirken. „Die bisherigen Befunde sind vielversprechend, aber nur ein erster Schritt“, betont Pietsch. „Unser längsschnittliches Mixed-Methods-Design erlaubt es uns, über mehrere Jahre hinweg zu verfolgen, wie sich berufliche Entwicklung und Führungsverantwortung tatsächlich verändern. Damit schaffen wir – erstmalig in Deutschland – eine fundierte Basis für künftige Entscheidungen in der Qualifizierung und Förderung von Führungskräften im Bildungsbereich.“
Seit 2023 werden mit der Hamburger Initiative „Grundschule voraus – gemeinsam.gestalten.lernen“ Lehrkräfte gezielt bei ihrer beruflichen Professionalisierung und persönlichen Weiterentwicklung unterstützt. Die Initiative wird gemeinsam von der Alfred Toepfer Stiftung F.V.S., der Heraeus Bildungsstiftung und der ZEIT STIFTUNG BUCERIUS getragen. Ihr Ziel: engagierte Lehrkräfte als zukunftsfähige Schulleitungen auszubilden und dadurch Bildungsgerechtigkeit für alle Kinder zu fördern.
- Prof. Dr. Marcus Pietsch