Dialogorientierte Lehre

Bildung – und dies gilt insbesondere für Liberal Education, die ja in einer Gemeinschaft stattfindet – besteht aus tausend kleinen Interaktionen zwischen vielen verschiedenen Menschen. Die Qualität der Interaktionen, die man hat, wenn man sich mit jemanden im Flur unterhält, wenn eine Student_in mit einer Professor_in spricht, wenn man eine E-Mail sendet, all diese kleinen Interaktionen laufen zusammen und formieren sich zu was Größerem. Wenn man sich also nur darauf konzentriert, diese Interaktion auf praktische Weise wirklich zielführend und einfach zu gestalten, dann ergibt sich alles von selbst.

       Prof. Dr. Teun Dekker im Interview

Teilhabe, Reflexion und geteilte Verantwortung sind wesentliche Elemente der Lehr- und Lernkultur der Leuphana. Diese Kultur und die Möglichkeiten der Leuphana als Präsenzuniversität eröffnen Räume für Begegnung und Dialog. Dialog – nicht nur verstanden als Form der Kommunikation, sondern als Haltung – dient damit als Ausgangspunkt für gemeinsame Entwicklung und geteiltes Bewusstsein. Lehrende und Studierende übernehmen mit der Gestaltung dieser Interaktionen gemeinsam Verantwortung für das Gelingen des Lehrens und Lernens.

Mit der Dialogorientierung als Interaktionsfeld der Lehrentwicklung sollen Chancen aufgezeigt und Impulse gegeben werden, diese Entwicklung anzustoßen und dieses Bewusstsein zu wecken. Im Einklang mit dem Leitbild der Leuphana Universität impliziert Dialogorientierung Selbstbestimmung, Mut und die Bereitschaft, Fragen nach Freiheit und Verantwortung zu stellen. Diese Vorstellung betrifft die Hochschule als Ganzes und geht damit über die Gestaltung von Lehr-Lernprozessen hinaus.

Dimensionen der Dialogorientierung

Die Universität wird als Gemeinschaft und Gemeinschaft als Potential verstanden. Dialog als Maxime für Kommunikation, Begegnung und gemeinsame Entwicklung erreicht so verschiedene Dimensionen des Hochschulalltags: Neben der Dialogorientierung als Perspektive in der Lehre kann Dialog auch im Austausch über Lehre sowie für die Lehrentwicklung und die Verwirklichung des Leitbildes der Leuphana als Bezugspunkt dienen. Die Basis für gelingenden Dialog und partnerschaftliche Verhältnisse liegt im Wahrnehmen geteilter Verantwortung, gegenseitigem Vertrauen und Respekt. So verstanden wird Dialog zu einem Instrument für das Erreichen der gemeinsamen Bestrebungen - nicht nur in der Lehre, sondern für die Lehr- und Hochschulentwicklung im Allgemeinen.

Dialogorientierung...

... als hochschulweiter Prozess

  • Kontinuierliche Weiterentwicklung der Qualität der Lehre in einem hochschulweiten Verständigungsprozess
  • Beteiligung von Studierenden und Lehrenden im Dialog über Qualitätsentwicklung
  • Das Sichtbarmachen guter Lehre, wie z. B. durch den Leuphana Lehrpreis und die Schaffung von Rahmenbedingungen für einen kontinuierlichen Austausch über Lehre

... als Perspektive in der Lehre

... im institutionellen Leitbild

  • In einer Kultur des von- und miteinander Lernens werden Studierende auf ihre berufliche Zukunft und das Gestalten der Gesellschaft im Sinne des Leitbilds der humanistischen und handlungsorientierten Universität vorbereitet
  • Förderung von Dialogfähigkeit als Grundkompetenz und Etablieren einer dialogorientierten Studien- und Lehrkultur

Dialog in der Lehre

Im gelungenen Dialog in der Lehre kann sich die geteilte Verantwortung für die Gestaltung und den Erfolg des Lernprozesses versinnbildlichen. Dialog wird nicht bloß als Gespräch oder Meinungsaustausch zwischen Studierenden und Lehrenden verstanden, sondern vielmehr als Haltung und als Ausgangspunkt für einen kollektiven Denkprozess. Dialogkompetenz dient in der Lehre als Grundlage für das Verstehen und Verständigen. Dialog zwischen Studierenden und Lehrpersonen eröffnet Räume für Widersprüche und ermöglicht das Stärken argumentativer Kompetenz und kritischer Urteilsfähigkeit. Hier finden Sie das Poster zur Dialogorientierten Lehre vom Tag der Lehre 2018.
 

Wie kann Lehre dialogorientiert gestaltet werden?

So wie es für gute Lehre keine allgemeingültigen Rezepte gibt, gilt dies gleichermaßen für die dialogorientierte Gestaltung von Lehre. Dennoch lassen sich Hinweise formulieren und Impulse geben, sowie Methoden und Formate vorstellen, die als Gestaltungsgrundlagen für die Dialogorientierung von Lehre dienen können.

In der dialogorientierten Bildung wird der/die Student_in vom Lehrobjekt zum Subjekt. Er/sie gestaltet die Lehrveranstaltung aktiv und im Austausch mit anderen Studierenden und Lehrenden mit und übernimmt Verantwortung für den eigenen Lernprozess. Im Idealfall erwächst daraus eine Gemeinschaft (learning community). Innerhalb dieser und mit angemessener Lernumgebung (learning environment) werden bei den Studierenden im Sinne der Dialogfähigkeit Kompetenzen gefördert, die dazu beitragen:

  • einander zuzuhören und eigene wie fremde Standpunkte gleichermaßen zu reflektieren
  • von- und miteinander zu lernen
  • sich mit Respekt und gegenseitiger Wertschätzung entgegenzutreten
  • sich vorurteilsfrei entgegenzutreten und konstruktives Feedback zu geben
  • den eigenen fachlichen Hintergrund zu kennen, einzubringen und zu hinterfragen
  • Differenzen anzuerkennen
  • argumentative Fähigkeiten auszubilden
  • normative Urteilskraft zu stärken
  • kritisches Denken zu fördern

Hinweise zur Haltung der Lehrperson

  • Verstanden als Lernbegleitung unterstützt und navigiert die Lehrperson die Studierenden in ihrem Lernprozess
  • Das Verhältnis wird eher als Gruppe, denn als Hierarchie aufgefasst
  • Die Lehrperson besitzt Autorität in Verfahrens- nicht unbedingt in Inhaltsfragen und bietet den Studierenden Raum, Ideen und Anliegen zu diskutieren
  • Die Lehrperson versteht sich im Sinne der sokratischen Mäeutik als eine Art „Hebamme“ für das Erarbeiten von Inhalten und das Erlangen von Wissen der Gruppe
    Lernen als sozialer Prozess - Dialog als Haltung ©Leuphana Universität Lüneburg
    Lernen als sozialer Prozess - Dialog als Haltung

    Projekte und Aktive

    Hier finden Sie eine Auswahl an Aktivitäten und Personen mit Bezug zum Interaktionsfeld Dialogorientierte Lehre:

    SHIFT: Qualitatives Feedback in der Lehre

    SHIFT ist eine qualitative Feedbackmethode, die Lehrenden und Lernenden einen Perspektivwechsel ermöglicht. Unterstützt durch eine externe Moderation steht der Dialog über die Lehr- und Lernsituation in einer Veranstaltung im Zentrum.

    CREATES: A European Partnership for Creating Responsive, Engaging, and Tailored Education with Students

    Die Leuphana ist Teil der strategischen Partnerschaft zwischen sechs europäischen Universitäten. Ziel von CREATES ist die Weiterentwicklung von Methoden und Instrumenten der Hochschulbildung. Ein Fokus liegt dabei auf der Aktivierung von Studierenden, ihrer Mitgestaltung von Lehre sowie der Förderung von Kompetenzen im Hinblick auf Partizipation und Verantwortung.

    AStA Alternative Lehre: autonomes Lehrangebot von und für Studierende

    Das von Studierenden selbst geschaffene alternative Lehrangebot bietet einen Raum, in dem die Verantwortung für die Gestaltung der eigenen Bildung wahrgenommen werden kann und, in dem Studierenden im Sinne des mit- und voneinander Lernens in Austausch und Dialog treten können.

    Dialogorientierung in großen Vorlesungen: Lehrpreis 2018 für Prof. David Loschelder

    Seine Vorlesung zur gesellschaftlichen Bedeutung der Psychologie gestaltet Prof. David Loschelder trotz großer Teilnehmer_innenzahl interaktiv und legt besonderen Wert auf das offene Gespräch und die Greifbarkeit der Inhalte für die Studierenden.

    Lehrentwicklung: Reihe „Kulturwissenschaften im Gespräch“

    Im Lehrentwicklungsprojekt International Fellowships Kulturwissenschaften steht das Ermöglichen von Dialog zwischen internationalen Fellows sowie Lehrenden und Studierenden der Leuphana im Zentrum - Austausch über inhaltliche Themen der Kulturwissenschaften, Impulse für Lehr- und Lernkultur sowie eine internationale Perspektive zeichnen das Projekt aus.

    Lehrentwicklung: Mathematik-Vorlesung als Inverted Classroom gestalten

    Prof. Dr. Silke Ruwisch und Dr. Thomas Lüthje gestalteten in einem Lehrentwicklungsprojekt mit Unterstützung aus dem Projekt „Leuphana…auf dem Weg“ ihre Veranstaltung „Elementare Zahlentheorie“ um. Die Umgestaltung des klassischen Vorlesungsformats in einen Inverted Classroom eröffnet die Möglichkeit eines aktiveren Eigenanteils der Studierenden und schafft Raum für mehr Austausch in der Präsenzphase. Die Pilotphase des Projekts wurde durch kontinuierliches gegenseitiges Feedback zwischen Studierenden und Lehrperson begleitet, welches in die Weiterentwicklung der Lehrveranstaltung miteinfließt.