Humboldt-Forschungsstipendiat Prof. Dr. Patryk Gałuszka: Das Beispiel Dua Lipa

18.04.2023 Der polnische Wissenschaftler erforscht am Institut für Kunst, Musik und ihre Vermittlung die Bedeutung von Showcase-Festivals für aufstrebende Künstler*innen insbesondere aus Osteuropa. Damit will Dr. Patryk Gałuszka helfen, den Musikmarkt zu demokratisieren: „Popularmusik ist immer noch anglo-amerikanisch dominiert.“

Ass.-Prof. Dr. Patryk Galuszka ©Justyna Jakobowska
„Popmusik ist immer noch anglo-amerikanisch dominiert. Rock’n’Roll entstand in den 50er Jahren in den USA. In den 60ern wurden die Beatles in Liverpool groß. Noch heute sind die Weltstars in der Regel Anglo-Amerikaner“, erklärt Patryk Gałuszka.

Seit rund 20 Jahren befindet sich die Musikindustrie in einem radikalen Umbruch. Streaming-Plattformen und YouTube ersetzten CD & Co. Eigentlich eine gute Zeit für aufstrebende junge Künstler*innen, denn nie war es technisch so einfach einen eigenen Song oder ein Album zu veröffentlichen. Aber das ist nur eine Seite der Medaille: „Noch nie gab es auch so viel Konkurrenz auf dem Musikmarkt wie heute“, sagt der Medienwissenschaftler Patryk Gałuszka. Das Paradoxe: Die großen Musik-Labels dominieren immer noch den Markt, denn sie halten oft Rechte von Stars wie den Beatles oder Michael Jackson. Das macht sie wirtschaftlich stark.

Dennoch gibt es Mittel für junge Künstler*innen, sichtbarer zu werden und vielleicht später von ihrer Musik zu leben – ohne Hilfe eines großen Labels. Patryk Gałuszka untersucht seit 2021 das Reeperbahn-Festival. Der polnische Wissenschaftler wird mit dem Forschungsstipendium für erfahrene Wissenschaftler der Alexander-von-Humboldt-Stiftung gefördert. Sein besonderes Interesse gilt osteuropäischen Künstler*innen, die zwar sehr aktiv, aber außerhalb ihrer Heimatländer kaum bekannt sind.

Als so genanntes Showcase-Festival ist das Reeperbahn-Festival Musikmesse, Konferenz und Konzertbühne in einem. Tagsüber treffen sich Musiker, Managerinnen, Konzert-Veranstalter und Vertreterinnen von Plattenfirmen bei Vorträgen und Diskussionen. Abends spielen aufstrebende Bands und Solo-Künstler*innen in Hamburgs Clubs.

Patryk Gałuszka hat mit Vertreter*innen der Musik-Industrie und Künstler*innen gesprochen und untersucht, wie aufstrebende Künstler*innen Showcase-Festivals für ihren Erfolg nutzen können: „Sei gut vorbereitet und wähle den richtigen Zeitpunkt in deiner Karriere“, fasst der Wissenschaftler zusammen. Gerade unerfahrene Bands sollten nicht zu früh vor Manager*innen oder Bookern spielen, rät Patryk Gałuszka. Am Anfang der Karriere können Auftritte auf kleineren Festivals sinnvoll sein, um Erfahrungen zu sammeln und einen Band-CV aufzubauen. Das Reeperbahn-Festival hingegen gehört zu den größten Showcase-Festivals in Europa und ist insbesondere für den umkämpften deutschen Markt interessant. Auch auf dem Great-Escape-Festival in Brighton oder dem ESNS in Groningen sei die Konkurrenz enorm. „Bands sollten sich genau informieren, welches Festival für ihren Weg das richtige ist“, erklärt der Forscher. Hilfreich sei auch ein wirtschaftlicher Hintergrund: „Ein Band-Manager sollte dafür sorgen, dass die passenden Verantwortlichen aus der Musikindustrie zum Bandauftritt eingeladen sind.“ Dazu kommt eine engagierte Fan-Arbeit – sowohl über die Sozialen Medien als auch auf den Veranstaltungen.

Patryk Gałuszka sieht in Showcase-Festivals eine Möglichkeit, Künstler*innen aus unterrepräsentierten Ländern globale Sichtbarkeit zu verschaffen: „Popmusik ist immer noch anglo-amerikanisch dominiert. Rock’n’Roll entstand in den 50er Jahren in den USA. In den 60ern wurden die Beatles in Liverpool groß. Noch heute sind die Weltstars in der Regel Anglo-Amerikaner“, erklärt Patryk Gałuszka. Dass ein Ungar oder eine Polin westeuropäische oder amerikanische Stadien füllen wird, sei dagegen kaum denkbar. Der Erfolg Dua Lipas, die zuletzt mit Elton John einen riesigen Hit landete, zeige diese Ungleichheit: „Dua Lipas Eltern kommen aus dem Kovoso, aber die Sängerin selbst wurde in London geboren und ist dort berühmt geworden. Ich glaube, sie hätte die gleiche Karriere nicht in Pristina starten können.“

Dr. Patryk Gałuszka ist assoziierter Professor an der Fakultät für Wirtschaft und Soziologie an der Universität Lodz in Polen. Zu seinen Forschungsinteressen gehören die Kreativwirtschaft, Studien über populäre Musik und Wirtschaftssoziologie. Er war Gastwissenschaftler am Institute of Advanced Studies an der Central European University, an der Universität Hamburg, am Max-Planck-Institut für Gesellschaftsforschung, der University of California, Berkeley und der Universität Groningen. Die Humboldt-Stiftung fördert sein Forschungsvorhaben „Reconsidering inequalities in the global music market: Eastern European artists’ use of showcase festivals“. Die Ergebnisse wird Patryk Gałuszka in einem Buch veröffentlichen.

Kontakt

  • Prof. Dr. Michael Ahlers