Deep Technology

Universitäts-Transfer wird spezifischer – Chance für Förderung

Von Markus Lemmens

Das Engagement der deutschen Hochschulen im Wissens- und Technologietransfer weist in die richtige Richtung. Der aktuelle Gründungsrader 2022 des Stifterverbandes für die Deutsche Wissenschaft belegt die steigenden Zahlen: Mit 12.8 Prozent Firmenstarts pro 10.000 Studierende legten die Universitäten und Fachhochschulen im Bemessungsjahr 2021 hierzulande die Latte noch einmal höher (10,5 Prozent 2019). Insgesamt wurden 2.779 Unternehmen (2021) gegründet, gegenüber 2.176 im Erhebungsjahr 2020. Die Leuphana Universität Lüneburg belegt in der Kategorie der mittelgroßen Hochschulen bundesweit den 13. Platz.

Die Gründungskulturen und das unternehmerische Denken an Hochschulen entwickeln sich seit Jahren. Das ist gut. Interessant für die neuen Firmen aus Lehre und Forschung heraus sind zwei weitere Ergebnisse des Gründungsradars. Starts-ups, die auf Wissens- und Technologietransfer fußen und rechtlichen Schutz anmelden – somit Forschungs-Erkenntnisse zum Ausgangspunkt und zur Grundlage ihrer Geschäftsmodelle nehmen – wachsen zunehmend heran. Im Gründungsradar heißt es dazu: „1.108 der für das Jahr 2021 angegebenen Gründungen sind auf Basis von Wissenschafts- und/oder Technologietransfer entstanden (2019: 984) und 254 der Gründungen basieren auf Schutzrechten wie zum Beispiel Patenten (2019: 186).“

Es bleibt aus Sicht der Fakultät für Management und Technologie der Leuphana wichtig, das unternehmerische Denken und Handeln weiter umfassend zu vermitteln und auch zur Gründung von Firmen aktiv beizutragen. Im strengen Sinn technologie-basierte sowie sozial adressierte Start-ups sind aus Fakultäts-Perspektive gleichermaßen angesehen und wichtig.

Markus Lemmens

Der Stifterverband wird künftig die Auswertungen noch verfeinern. Es wird um eine Differenzierung gehen, die bessere Rückschlüsse auf originär wissenschaftsbezogene Gründungen zulässt. Damit könnten neue finanzielle Förderungen entworfen werden, die über das etablierte deutsche EXIST-Programm hinausreichen könnten. Es bleibt aus Sicht der Fakultät für Management und Technologie der Leuphana wichtig, das unternehmerische Denken und Handeln weiter umfassend zu vermitteln und auch zur Gründung von Firmen aktiv beizutragen. Im strengen Sinn technologie-basierte sowie sozial adressierte Start-ups sind aus Fakultäts-Perspektive gleichermaßen angesehen und wichtig. Da sich aber der Finanzierungsbedarf und auch die Laufzeit einer wissenschaftlich-technischen Weiterentwicklung in Tech-Firmen von denen mit einer sozial-zivilgesellschaftlichen Ausrichtung unterscheiden, können differenzierte Messzahlen vom Stifterverband den Transferprozess aus eine Hochschule noch transparenter machen. Am Ende wird beiden Start-up-Kategorien damit geholfen.

Diese Betrachtung fügt sich in die laufende wissenschafts- und hochschulpolitische Debatte ein. Mit der vom Bundeministerium für Bildung und Forschung finanzierten SPRIND – Agentur für Sprunginnovationen in Leipzig – ist ein Partner im System sehr aktiv, der eine Förderung von Start-ups aus Wissenschaft und Forschung heraus nachhaltig fördert. Der SPRIND-Direktor Rafael Laguna de la Vera wirbt deshalb für einen längeren finanziellen und zeitlichen Atem, wenn es um Deep Technologie in Deutschland und darauf aufbauende Firmen geht. Das hat er mehrfach öffentlich bekundet.

Wenn es sich um Technologien und deren Weiterentwicklung handelt, die aus Forschungs-Erkenntnissen zum Kern eines Geschäftsmodells erhoben werden, dann spricht man gemeinhin von Deep Technology. Start-up-Ideen auf diesen Gebieten wie zum Beispiel in der Materialforschung und nachhaltiger Produktion wie in den Ingenieurwissenschaften der Leuphana benötigen in der Regel viel Geld und längere Zeiträume bis zum Markterfolg. Es können schon einmal bis zu 15 Jahre ins Land gehen. Da SPRIND jetzt im März 2023 gut 90 Millionen Euro für die Fusionsforschung in der Münchner Marvel Fusion und der Darmstädter Focused Energy über einen längere Zeitraum bewilligt hat, ist Optimismus angesagt. Denn deren Marktreife liegen noch gut 10 Jahre in der Zukunft.

Warten wir auf das nächste Gründungsradar und bringen unsere Fakultät mit nachhaltigen Tech-Start-ups weiter nach vorn.