Nachhaltigkeitsstrategien: Nachhaltigkeit als Frage der Gerechtigkeit
09.05.2025 Wie kann Nachhaltigkeit gestärkt werden? Welcher Stoßrichtung sollte die Nachhaltigkeitsforschung folgen und wie dabei vorgehen? Eric Hartmann vom Institut für Nachhaltigkeitssteuerung (INSUGO) der Leuphana Universität Lüneburg stellt in seiner neuen Publikation eine konzeptuelle Grundlage für Nachhaltigkeitsstrategien vor.

Obwohl nachhaltige Entwicklung als gemeinsame Vision in Politik, Wirtschaft, Wissenschaft und Zivilgesellschaft fest verankert ist, sieht sich die Welt derzeit mit mehreren Nachhaltigkeitskrisen konfrontiert. „Um aktuellen Nachhaltigkeitskrisen begegnen zu können, müssen alle gangbaren Nachhaltigkeitsstrategien schnell und effektiv implementiert und umgesetzt werden“, sagt Eric Hartmann. In bestehender wissenschaftlicher Forschung fehle es jedoch an konzeptuellen Grundlagen zu bestehenden und möglichen Nachhaltigkeitsstrategien, diese Lücke möchte er schließen.
Ist Nachhaltigkeit gerecht?
Hartmann versteht Nachhaltigkeit als eine Frage der Gerechtigkeit. „Es geht darum, gerechte Institutionen für die Gesellschaft zu erreichen, und zwar nicht nur für Menschen, die heute schon leben, sondern auch für zukünftige Generationen“, erklärt der Nachwuchsforscher.
Bisher sind unter dem Begriff Nachhaltigkeitsstrategien Suffizienz, Effizienz und Konsistenz zusammengefasst worden. Dabei geht es um die Frage, wie ökologische Schäden reduziert werden können, etwa durch Verringerung des eigenen Konsums oder Vermeidung von Umweltverschmutzung.
Eric Hartmann geht in seinem Konzept einen Schritt weiter und identifiziert insgesamt fünf intragenerationale und fünf intergenerationale Strategien. Bei intragenerationalen Strategien geht es um die grundlegenden Bedürfnisse der Menschen in der Gegenwart, wie Nahrung, Unterkunft, Wärme, die ein würdevolles Leben ermöglichen. Bei den intergenerationalen Strategien geht es um die Welt in der Zukunft, die wir den nächsten Generationen hinterlassen. „Wir dürfen die Welt nicht zerstören, wenn wir möchten, dass die Menschen ihre grundlegenden Bedürfnisse befriedigen können“, so Eric Hartmann. Nachhaltigkeit bedeutet für ihn, „genug zur Befriedigung grundlegender Bedürfnisse zu haben, aber nicht zu viele ökologische Schäden zu verursachen.“ Vor dem Hintergrund des menschengemachten Klimawandels eine der großen Aufgaben unserer heutigen Zeit. Neben der etablierten Trias aus Effizienz, Konsistenz und Suffizienz müssen daher weitere Nachhaltigkeitsstrategien umgesetzt werden, insbesondere Regeneration, Egalisierung und Befähigung der Menschen.
Hartmanns nächste Publikation soll sich mit einer empirischen Untersuchung der Nachhaltigkeitsstrategien und ihrer Implementierung befassen, auch mit Blick auf Klimapolitik in Deutschland. „Es braucht selbstverständlich gesellschaftliche Rahmenbedingungen, die die Implementierung der Strategien zulassen“.
Der nächste Schritt ist also, die Strategien konkret an bestimmten Felder wie Klimaschutzpolitik beispielhaft anzuwenden. Seine Hoffnung ist, dass Menschen zukünftig die Strategien effektiv einsetzen können, um Nachhaltigkeitsziele zu erreichen und damit eine gerechte Welt, auch für zukünftige Generationen, zu schaffen.
Eric Hartmann arbeitet seit etwas mehr als drei Jahren als wissenschaftlicher Mitarbeiter in dem Forschungsprojekt „Nachhaltigkeitsstrategie Niedersachsen“ bei Prof. Dr. Harald Heinrichs. Der 28-Jährige promoviert an der Leuphana und entwickelt eine Suffizienz-Perspektive auf Klimapolitik in Deutschland. Zuvor studierte er Soziologie und Philosophie. Da er sich schon immer gerne mit konzeptuellen Perspektiven beschäftigt, hat ihn auch die Entwicklung eines Konzeptes für die Nachhaltigkeitsforschung interessiert. Im März 2025 ist seine zweite Publikation unter dem Titel „Sustainability Strategies: What's in a Name? A Conceptual Restatement of Fundamental Mechanisms Toward Sustainability“ im Journal Sustainable Development veröffentlicht worden.