EU hat maßgeblichen Einfluss auf andere regionale Staatenverbünde

16.12.2021 In seiner neuen Monographie „Interorganizational Diffusion in International Relations: Regional Institutions and the Role of the European Union“ zeigt Tobias Lenz, Professor für Internationale Beziehungen am Institut für Politikwissenschaft, wie die EU die Entstehung und Institutionalisierung vergleichbarer regionaler Verbünde beeinflusst.

Auch außerhalb Europas arbeiten Staaten auf regionaler Ebene zusammen und die Zusammenarbeit ist häufig institutionell organisiert. Vier dieser Staatenverbünde sind die Southern African Development Community, Mercosur (Südamerika), die Association of Southeast Asian Nations und das North American Free Trade Agreement. In seiner Studie, die gleichermaßen quantitative wie qualitative Methoden nutzt, untersucht Lenz wie und unter welchen Bedingungen die EU die Entstehung von Institutionen in diesen Organisationen formt. Diese Formung geschieht über Diffusion – so wie ein Tropfen Tinte in einem Wasserglas diffundiert – also durch die Ausbreitung politischer Ideen.

Die EU ist unter den Staatenverbünden ein erfolgreicher Pionier. Als solcher beeinflusst sie nationale Präferenzen darüber, wie andere Regierungen ihre regionalen Institutionen aufstellen möchten („institutional preferences“). Die Gemeinschaft tut dies sowohl aktiv, indem sie mit anderen Staatenverbünden eng zusammenarbeitet, wie auch passiv, indem sie erfolgreiche Institutionen schafft, die zur Nachahmung einladen. „Mein Hauptargument ist“, erklärt Lenz, „dass die Existenz der EU einen erkennbaren und substanziellen Unterschied in der institutionellen Gestaltung von Staatsverbünden in anderen Teilen der Welt bewirkt hat - umgekehrt wären sie, in Abwesenheit der EU, deutlich weniger institutionalisiert.“ Dies wurde in der bisherigen empirischen Forschung immer wieder behauptet, aber nicht systematisch untersucht. Politikwissenschaftliche Theorien haben dieses Diffusions-Phänomen außerdem weitgehend unberücksichtigt gelassen.

Während die EU also Vorbild und Orientierungspunkt für andere Staatenverbünde ist, macht sie das keineswegs zu etwas Einzigartigem: Lenz zeigt, dass einigen der Aufbau von Institutionen sogar schneller gelang als der EU und sich der Institutionalisierungsgrad von EU- und einigen Nicht-EU-Organisationen einander angleicht.