"Uns macht Stress nichts aus": Wie Gruppen die hormonelle Stressreaktion beeinflussen - Referent Prof. Dr. Andreas Mojzisch (Universität Hildesheim)

05. Dez

Gastvortrag am 05.12.2018 um 18:15 Uhr in C 40.153

Im Mittelpunkt des Vortrags steht die Hypothese, dass eine geteilte soziale Identität in Gruppen vor Stress schützt. Diese Idee steht im Gegensatz zu den traditionellen Ansätzen in der Stressforschung, die Stress als ein individualpsychologisches Phänomen betrachten. Diesen Ansätzen liegt die Annahme zugrunde, dass es das Individuum ist, das mit Stressoren nicht umgehen kann. Demgegenüber soll in dem Vortrag ein sozialpsychologischer Ansatz vorgestellt werden, der den sozialen Kontext des Stresserlebens betont. Unsere laborexperimentellen Ergebnisse zeigen, dass eine geteilte soziale Identität die Wirkung von nonverbaler sozialer Unterstützung in einer Stress-Situation moderiert: Soziale Unterstützung hatte nur dann einen Effekt auf die stressinduzierte Cortisol-Reaktion, wenn sie mit einer geteilten sozialen Identität einherging. In einem weiteren Laborexperiment konnten wir nachweisen, dass eine geteilte soziale Identität in Gruppen die stressinduzierte Cortisol-Reaktion selbst dann pufferte, wenn sich die Gruppenmitglieder nicht wechselseitig unterstützen konnten. In einer Feldstudie haben wir schließlich im Rahmen einer Sporteignungsprüfung gezeigt, dass sich diese Effekte auch in einer realen Belastungssituation finden: Wenn im Tagesverlauf die Gruppenidentifikation anstieg, verringerten sich entsprechend das subjektive Stresserleben und der Cortisol-Level. Da die Gruppen erst am Morgen des Bewerbungstest-Tages gebildet wurden, lässt sich schlussfolgern, dass Gruppen nicht auf eine lange Geschichte und geteilte Erfahrungen zurückblicken müssen, um von ihrer Verbundenheit zu profitieren.