Humboldt- Forschungsstipendiat Prof. Dr. Mehmet Bellibaş

In Deutschland fehlen die Schulleitungen. Die Position gilt als wenig prestigereich, lohne sich finanziell nicht und scheint nur ein Verwaltungsjob zu sein. Dabei können Schulleitungen einen entscheidenden Einfluss auf den Erfolg einer Schule haben, sagt Mehmet Bellibaş: „Unsere statistischen Auswertungen zeigen, dass schlechte soziale Voraussetzungen von Kindern durch gute Schulleitungen kompensiert werden können.“

Mehmet Bellibaş wird noch bis 2025 durch das Forschungsstipendium für erfahrene Wissenschaftler der Alexander von Humboldt-Stiftung gefördert. Er blickt bereits jetzt auf eine erfolgreiche akademische Karriere zurück. Er wurde in den USA promoviert und forschte unter anderem in der Türkei und in Dänemark. Mit dem Forschungsaufenthalt an der Leuphana intensiviert Mehmet Bellibaş die Zusammenarbeit mit Professor Dr. Marcus Pietsch, Professor für Bildungswissenschaft, insbesondere Bildungsmanagement und Qualitätsentwicklung. Beide Wissenschaftler forschen zum Thema „Führung an Schulen und Innovation“. Das Stipendium ist an die DFG-Heisenbergprofessur von Marcus Pietsch angebunden. „Professor Bellibas ist einer der angesehensten Schulleitungsforscher der Welt und verfügt über enorme internationale Erfahrung. Dass ein solch exzellenter Wissenschaftler nach Lüneburg kommt, macht auch deutlich, wie angesehen unsere Forschung zur Führung an Schulen international ist. Ich habe keine Zweifel, dass von unserer Zusammenarbeit sowohl die Leuphana als auch der Wissenschaftsstandort Niedersachsen profitieren werden“, sagt Marcus Pietsch.

In einer gemeinsamen Studie konzentrierten sich die beiden Wissenschaftler bereits vor einigen Jahren auf die Frage, wie die pädagogische Führung durch Schulleitungen den Lernerfolg von Kindern mit hohem und niedrigem sozioökonomischen Status (SES) beeinflussen kann. Die Autoren werteten PISA-Daten statistisch aus. Kinder profitierten in dem Fach Mathematik signifikant von einer engagierten instruktionalen Führung. „Eine gute Schulleitung kann den Unterschied machen“, sagt Mehmet Bellibaş. Dazu braucht es eine didaktische Vision, die mit dem Team der Lehrkräfte in den Klassenzimmern umgesetzt wird. „Schulleitungen organisieren eine professionelle Lernumgebung. Sie entwickeln Strategien, motivieren und fühlen sich verantwortlich: „So können die Lehrpersonen zu Multiplikatoren einer gemeinsamen Idee werden“, erklärt Mehmet Bellibaş.

Der Bildungsforscher untersucht Daten unter anderem aus der Türkei, Deutschland, Dänemark, Nigeria oder Kirgisistan. Wie schnell eine Schulleitung gefunden wird, sei auch eine kulturelle Frage. In der Türkei sei es ein weit weniger großes Problem Schulleitungen zu finden. „Hierarchien spielen dort eine große Rolle. Die Reputation einer Schulleitung ist deshalb hoch.“ Um in Deutschland Schulleitungen zu finden, rät der Wissenschaftler einerseits zu einer höheren Besoldung von Leitungspositionen wie es bereits in den USA Praxis ist. Andererseits solle die Ausbildung von qualifiziertem Personal bereits an der Universität stattfinden.

Mehmet Bellibaş ist Alexander von Humboldt Senior Researcher am Institut für Bildungswissenschaft der Leuphana. Er ist außerordentlicher Professor im Fachbereich Erziehungswissenschaften an der Adiyaman Universität, Türkei. Dr. Bellibaş promovierte 2014 in K-12-Bildungsverwaltung am Michigan State University College of Education, USA. Seine Forschung konzentriert sich auf die internationale pädagogische Führung in K-12-Schulen, um die Praktiken der Schulleitung und ihre Auswirkungen auf die Arbeitseinstellung der Lehrer, die Schulstrukturen und die Bildungsprozesse zu verstehen, die für die Verbesserung der Schulen und die Leistungen der Schüler mit unterschiedlichem Hintergrund wichtig sind. Ein Großteil seiner wissenschaftlichen Arbeit basiert auf quantitativen Forschungsmethoden, bei denen große Datensätze verwendet werden, um den Beitrag der Schulleitung zum Verhalten und zu den Praktiken der Lehrer sowie zu den Lernergebnissen der Schüler zu untersuchen. Dr. Bellibaş ist für seine Veröffentlichungen in den renommiertesten internationalen Fachzeitschriften für pädagogische Führung und allgemeine Bildung bekannt und wurde von regionalen und internationalen Organisationen anerkannt. Er erhielt 2017 und 2021 die Auszeichnungen "Young Scholar Encouragement" und "Best Educational Research" von der Educational Administration Research & Development Association in der Türkei.