Zwischen Wüste, Wissenschaft und Wachstum: Ein Forschungsaufenthalt an der University of Arizona

23.07.2025 Ein Erfahrungsbericht von Jonna Charlotte Kaßner

"Drei Monate, die mein Leben geprägt haben” - so lässt sich mein Forschungsaufenthalt an
der University of Arizona wohl am treffendsten beschreiben. Von Februar bis Mai 2025 war ich
als Visiting Scholar in Tucson tätig, unterstützt durch ein Doktorand*innenstipendium des
DAAD sowie dem Qualifizierungsfond der Leuphana Universität Lüneburg. Mein
Promotionsprojekt im Bereich Englischdidaktik und Serious Games führte mich in eine neue
akademische, kulturelle und persönliche Welt.


Neue Perspektiven im Studium und Alltag
Es war meine erste Reise außerhalb Europas und damit eine intensive Begegnung mit einem
neuen Hochschulsystem, anderen gesellschaftlichen Realitäten und persönlichen
Herausforderungen. Ich nahm aktiv am universitären Leben teil, besuchte Veranstaltungen des
SLAT-Programms (Second Language Acquisition and Teaching) der UoA, knüpfte Kontakte zu
Promovierenden und Lehrenden und profitierte besonders vom regelmäßigen Austausch mit
meinem Mentor Prof. Dr. Jonathon Reinhardt, dessen fachliche Expertise und persönliche
Unterstützung meinem Promotionsvorhaben entscheidende Impulse gaben. Seine langjährige
Erfahrung im Bereich Serious Games und Sprachenlernen war für mein Dissertationsvorhaben zu
Educational Escape Games für Englischlernende besonders inspirierend und fachlich bereichernd.


Doch der Aufenthalt war mehr als nur akademisch bereichernd. In Begegnungen mit Menschen
vor Ort lernte ich viel über die Auswirkungen aktueller politischer Entwicklungen, über
gesellschaftliche Herausforderungen und Sicherheitsfragen, sowie über die Unsicherheit, die
Viele mit Blick auf ihre Zukunft empfinden. Was mich dabei besonders beeindruckte, war
die Offenheit, mit der mir die Menschen in Tucson begegneten und die Bereitschaft zum
Dialog, auch bei gegensätzlichen Meinungen. Diese Erfahrungen haben meinen
gesellschaftlichen Blick geschärft und mir gleichzeitig neue Perspektiven auf meine eigene
Lebensrealität eröffnet.


Lebendige Wüste, lebendige Stadt
Auch abseits des Campus war der Aufenthalt geprägt von intensiven Eindrücken. Ich erkundete
historische Orte wie die San Xavier del Bac Mission, die Casa Grande Ruinen oder den
Tumacácori Nationalpark, besuchte Museen und Ausstellungen und den überraschend
schneebedeckten Mount Lemmon. Ich wanderte durch die Sonora-Wüste, bestaunte die bis zu
200 Jahre alten Saguaro-Kakteen und beobachtete morgendlich die Kolibris im Garten. Stets
begleitete mich das Bewusstsein, mich in einer völlig anderen Umgebung zu bewegen, mit
Schlangen, Skorpionen und Javelinas in der Nähe, bei bis zu 38 Grad im Frühjahr und umgeben
von der beeindruckenden Pflanzenvielfalt von Agaven, Aloen und Kakteen.


Tucson erlebte ich als kreative, farbenfrohe Stadt, mit bunten Murals, handgemachtem
Kunsthandwerk auf lokalen Märkten und einer lebendigen Mischung aus Natur, Vergangenheit
und Gegenwart. Besonders beeindruckend war für mich, wie tief indigene, mexikanische
und spanische Einflüsse im Alltag, in der Kunst und in der Sprache verwoben sind, sichtbar in
der Cuisine, in Festen, Traditionen und der Geschichte, die an verschiedenen Orten erfahrbar
wird.


Eine Erfahrung, die bleibt
Mein Aufenthalt fiel in eine aus vielerlei Hinsicht herausfordernde Zeit; umso bedeutungsvoller war
für mich die Gelegenheit, Abstand zu gewinnen, neue Perspektiven zu entwickeln und meine
Resilienz zu stärken. Dabei durfte ich lernen, persönliche und fachliche Grenzen besser
wahrzunehmen, neue Wege zu gehen und bei Bedarf Unterstützung zu suchen.
Der Abschied fiel mir nicht leicht. Doch ich kehrte mit neuem Vertrauen in meine wissenschaftliche
und persönliche Entwicklung zurück nach Deutschland. Ich bin zutiefst dankbar für die
zahlreichen Begegnungen, für die Offenheit und das Vertrauen, das mir entgegengebracht wurde,
und für die Möglichkeit, trotz kurzer Zeit an einem so lebendigen, inspirierenden und zugleich
widersprüchlichen Ort forschen und wachsen zu dürfen.