Arbeit für die Welt
22.10.2024 MIT STEP selbstbestimmt gründen – weltweit
Jugendarbeitslosigkeit bekämpfen – Zukunftschancen verbessern: Das „Student Training for Entrepreneurial Promotion“ (kurz: STEP) ist ein erfolgreiches Qualifizierungsprogramm zur Unternehmensgründung. Die Idee des Leuphana Psychologie-Professors Michael Frese ermutigt seit knapp zwei Jahrzehnten unzählige Studierende in Entwicklungsländern, eigene Unternehmen zu gründen und gibt ihnen dafür die nötigen Werkzeuge und das richtige Mindset an die Hand.
Junge Menschen mit Zukunft
Und es besteht Bedarf. Die Weltbevölkerung wird immer jünger und drängt auf den Arbeitsmarkt. Im Jahr 2030 soll es nach Schätzungen der Vereinten Nationen im World Youth Report (2020) knapp 1,3 Milliarden Menschen im Alter zwischen 15 und 24 Jahren geben. Was einerseits ermutigend klingt, birgt eine Schattenseite. Die nachwachsende Generation muss in Arbeit gebracht werden. Vor allem im globalen Süden fehlen aber die Jobs. Was tun?
STEP bietet eine Antwort, die dazu auffordert, sein Glück selbst in die Hand zu nehmen. Entwickelt wurde es von Prof. Dr. Michael Frese, der 2024 dafür den „Global Award for Entrepreneurship Research“ erhielt. 2006 startete er das erste Projekt in Uganda mit der Hilfe von Prof. Michael Gielnik, der ebenfalls an der Leuphana Fakultät für Management und Technologie lehrt.
Rückenwind von starken Partnern
Gemeinsam mit afrikanischen Lehrenden der Makerere University Business School gestalteten Frese und Gielnik das Projekt STEP so, dass es Bachelor-Studierende in Afrika befähigte, in die Geschäftsgründung einzusteigen. Über die Jahre gelang es den Wissenschaftlern weitere Förderung für das Programm zu gewinnen, darunter die BASF Stiftung oder die deutsche UNESCO-Kommission. Nicht nur global macht STEP einen Unterschied, auch in Deutschland werden Teile des Programms inzwischen zur Beratung bei Gründungen eingesetzt.
„Impact“ oder auch Forschung schafft Veränderung
„Durch die Erfolge im globalen Süden und dann in Deutschland zeigt sich, das wissenschaftliche Forschung eine Wirkung, einen sogenannten ‚Impact‘, in der Praxis hat“, sagt Professor Dr. Michael Gielnik, Leiter des STEP und Professor für Psychologie (insbesondere Entrepreneurship) an der Leuphana Universität Lüneburg.
Denn im Portfolio der Leuphana Universität hat STEP einen festen Platz. Im „Start Up Port“, einem norddeutschen Verbundprojekt, bieten die Module des Programms Studierenden das Sprungbrett in die Existenzgründung. Das Geheimrezept fasst Michael Gielnik so zusammen: „Unternehmertum lernen, Chancen nutzen und Lebensgrundlagen verbessern“.
Er erklärt weiter: „Uns geht es darum, die unternehmerische Einstellung zu wecken und junge Menschen zu befähigen, wirtschaftlich und auch organisatorisch Neues zu entwerfen. Das ist ein Forschungsanliegen und eine zivilgesellschaftliche Aufgabe.“ Er ist sich sicher: mit dem Auf- und Ausbau des Unternehmertums vor allem in Entwicklungsländern sei ein Beitrag geleistet worden, die dortige Zukunft zu gestalten.

INTERVIEW
„Ein Programm das Armut verringert und die Wirtschaft ankurbelt“

Professor Gielnik, worauf kommt es bei Geschäftsgründungen an?
Unternehmertum lebt nicht von Klassenräumen und Vorlesungen, sondern erfordert ‚Machen‘. Gründer*innen nehmen ihr Leben sozusagen in die Hand und nach einem Kurs, der nur rund drei Monate dauert, sind sie aufgefordert, in die Gründung zu gehen.
Unser Programm ist deshalb so erfolgreich, weil wir in zwölf Sessions à drei Stunden die Grundlagen vermitteln, die uns Forschungsergebnissen und Erfolgsfaktoren aus dem Entrepreneurship-Bereich liefern. Die Lernenden sind sofort aufgefordert, dies in die Tat umzusetzen. Dazu schließen sie sich in Teams von drei bis sieben Personen zusammen, um die zwölf Stufen von STEP gewinnorientiert zu realisieren.
Was passiert genau in den Seminaren?
Mit einem Startkapital von umgerechnet gut 100 US-Dollar pro Team geht es in den unternehmerischen Prozess, das heißt die Identifikation von Geschäftsgelegenheiten, Konsument*innen sowie die Produktion eines Produktes oder Dienstleistung bis hin zu der Einführung auf den Markt wird einmal durchlaufen. Diese Möglichkeit, ein Unternehmen aufzubauen, bietet Einblick und lädt auch dazu ein, aus Fehlern zu lernen.
Warum brauchen wir ein Programm wie STEP?
Angemessene Arbeit (SDG8) ist eins der 17 Ziele für nachhaltige Entwicklung der Vereinten Nationen. Mit STEP bieten wir ein Programm, das Armut verringert und wirtschaftliches Wachstum ankurbelt. Zudem wählen die Menschen selbst aus, wo sie sich verwirklichen.
Was ist das Besondere?
Das Programm ermutigt Jugendliche, ihre beruflichen Perspektiven durch Unternehmertum zu erweitern. Sie schaffen sich ihren eigenen Arbeitsplatz und wenn es gut läuft, kreieren sie sogar noch Arbeitsplätze für andere Menschen mit.
Wie geht STEP auf lokale Bedingungen ein?
Unsere Lehrinhalte speisen sich im Allgemeinen zwar aus Wissen rund um Betriebswirtschaftslehre, Psychologie und Entrepreneurship-Forschung, was die Interdisziplinarität der Fakultät für Management und Technologie unterstreicht. Der lokale Bezug ist jedoch ein starker Erfolgsfaktor: die Partnerinstitute passen die Inhalte an die jeweiligen Bedingungen an. Lokale Trainer*innen führen dann die Sessions durch. Somit orientiert sich das Training an regionalen Bedürfnissen und ist nach drei Jahren integriert. Rund 200 Studierende können den Kurs absolvieren.
Inwiefern?
Die Langzeitstudien zeigen, dass die Teilnehmenden nach einem Jahr 35 Prozent mehr Unternehmen gegründet haben als die vergleichbare Kontrollgruppe. Zum Teil sind das die im Training entwickelten Ideen, welche von den Studierenden weiterverfolgt und weiter ausgebaut wurden. Auch in Sachen Arbeitsplätze geht es voran. Zwei Jahre danach schaffen Teilnehmende 39 Prozent mehr Arbeitsplätze als die Kontrollgruppe.
Das Programm läuft seit 2006. Welches Resümee ziehen Sie?
Bereits über 50.000 Studierende in zwölf Ländern haben teilgenommen, darunter Länder wie Uganda, Tansania, Kenia, den Philippinen, Mexiko, Libanon und Rwanda. Diese Verbreitung ist möglich, weil starke Partner wie der Deutsche Akademischen Austauschdienst (DAAD), das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF), die Deutschen UNESCO Kommission oder die BASF Stiftung finanziell unterstützt. Dennoch ist vor allem die enge Zusammenarbeit mit lokalen Institutionen entscheidend.
Wie entwickelt STEP sich weiter?
Zum Glück bietet STEP ein flexibles und skalierbares Fundament, das beispielsweise auch auf Schulen übertragbar ist. In der Pandemie mussten wir auf Online-Trainings ausweichen, was zeigte, dass auch diese Methoden STEP bereichern. Wir bieten nun außerdem auch einen Schwerpunkt an, der sich mit nachhaltiger Existenzgründung also „Sustainable Entrepreneurship" befasst. Hier geht es um Gründungen, die soziale Aspekte verbessern und nicht unbedingt gewinnorientiert sind.“
Welche neuen Ziele haben Sie für STEP gesteckt?
Wir wollen, dass mindestens eine Millionen Personen langfristig vom STEP Training profitieren, um das globale Problem der Jugendarbeitslosigkeit zu lösen. Dafür haben wir mit starken Finanzierungspartnern, Universitätskooperationen und anderen Personen und Institutionen ein solides Konzept geschaffen. So bleibt dieses Ziel hoffentlich nicht nur eine Vision, sondern ist vielmehr ein weiterer Meilenstein in einem großen Marathon. Wir denken, dass diese Langstrecke sich lohnt.
Diese „Langstrecke“ wird in dem folgenden Schaubild zusammengefasst. Daran arbeiten wir.
STEP – das Angebot im Überblick
Global gestartet, regional angepasst und nachhaltig umgesetzt. So lässt sich die Anwendung der internationalen in Entwicklungsländern erprobten STEP-Module in der norddeutschen Region beschreiben. Im norddeutschen Raum lernen Gründungswillige das Programm im „Startup Port“ kennen, ein Verbundprojekt norddeutscher Hochschulen, das junge Menschen bei der Firmengründung unterstützt.
Was lerne ich prinzipiell bei STEP?
Das Ziel des STEP Training ist es, unternehmerische Kompetenzen zu vermitteln und die Selbstwirksamkeit zu stärken. Dazu gibt es Input aus den Bereichen Entrepreneurship (zum Beispiel zur Identifikation von Geschäftsideen), Management (hier etwa Marketing) und Psychologie (etwa den Umgang mit Rückschlägen; Zielsetzung und Planung). Dann geht es in die – noch – fiktive Unternehmensgründung. Was hier gelernt wird, kann direkt auf die echte Existenzgründung übertragen werden.
Für wen ist STEP in der norddeutschen Region gedacht?
Alle Mitglieder (Studierende und Mitarbeitende) der folgenden Institutionen können mitwirken:
Leuphana Universität Lüneburg, Technische Universität Hamburg, Universität Hamburg, Helmut-Schmidt-Universität, Hochschule für Angewandte Wissenschaften Hamburg, Fachhochschule Wedel, Universitätskrankenhaus Eppendorf (Hamburg), DESY Hamburg und das Helmholtz-Zentrum Hereon.