Neu an der Leuphana: Prof. Dr.Boukje Cnossen - Wie Räumekreative Menschen beeinflussen

27.01.2020

Künstler*innen sind selten fest angestellt, und sie gehen auch nicht jedenMorgen ins Büro. Viele arbeiten unabhängig und von zu Hause aus, in Kollektiven oderin anderen flexibleren Organisationsformen. Prof. Dr. Boukje Cnossen,Juniorprofessorin für Betriebswirtschaft mit Schwerpunkt kulturellesUnternehmertum, untersucht, wie sich der Raum auf den künstlerischen undwirtschaftlichen Erfolg kreativer Menschen auswirkt.

Die Fassade wirkt mit ihren großen dunklen Glasfenstern und dem grauen Beton trist.Lange Zeit stand „De Volkskrant“ in großen Buchstaben auf dem kastenförmigenGebäude, das Mitte der 1960er Jahre zum Hauptsitz der nationalen Zeitung wurde.Anfang der 2000er Jahre zog das Verlagshaus aus. Das Gebäude verfiel und sollteabgerissen werden. Aber der Betonblock ist immer noch da. Heute kann man aufseinem Dach „De Volkshotel“ lesen, der Name erinnert an seine frühere Funktion. Nunlassen sich die Künstler*innen dort von Hotelgästen bei ihrer Arbeit über die Schulterschauen. Als Gegenleistung dafür, dass sie dem Hotel ein kreatives Flair verleihen,liegt ihre Miete unter dem Marktdurchschnitt. Boukje Cnossen begann während ihrerArbeit an der Universität von Amsterdam mit der Forschung zu dem Gebäude unduntersucht seitdem den Einfluss des Raums auf die kreative Praxis und diewirtschaftlichen Verhältnisse der Künstler*innen. Jetzt hat sie die Professur fürkulturelles Unternehmertum am Institut für Management und Organisation derLeuphana Universität übernommen. Nach ihrem Bachelor-Abschluss in Religionswissenschaften an der Universität vonAmsterdam arbeitete Boukje Cnossen zunächst als Kunstkritikerin und Journalistin.Danach zog sie nach London, um am London Consortium in einem gemeinsamenProgramm von Birkbeck, der Architectural Association, dem Institute of ContemporaryArts, dem Science Museum und der Tate Gallery Geistes- und Kulturwissenschaften zustudieren. „Hier wurde mir die Verbindung zwischen städtischem Raum und Kunstbewusst“, sagt Cnossen. Sie erwarb ihren MRes (Master of Research) und zog dannzurück in die Niederlande. Nachdem sie ein Jahr lang als Nachwuchsforscherin an derUniversität von Amsterdam gearbeitet hatte, wo sie die oben genannte Forschung überdas (heutige) Volkshotel durchführte, promovierte sie schließlich an der Tilburg Schoolof Economics and Management der Universität Tilburg (NL).Während ihres Promotionsstudiums forschte sie in einem ehemaligen Krankenhaus,das in ein Kulturzentrum und einen gemeinschaftlichen Arbeitsraum fürKunstschaffende umgewandelt wurde. „Einer der Künstler*innen begann, kleine Bildervon einem Huhn an die Wände des Gebäudes zu zeichnen. Dies wurde schnell zumMarkenzeichen des Gebäudes, bis zu dem Punkt, an dem Warenartikel mit dem Huhnhergestellt und verkauft wurden. Das Experimentieren mit dem Raum, in diesem Falldurch die Modifizierung der Wände mit Bildern, half eine Gemeinschaft aufzubauen“,erklärt Boukje Cnossen. Mit ihrer Forschung will die Wissenschaftlerin tiefgreifendeMechanismen aufklären, mit denen die Selbstständigen in der Kreativ- undKulturindustrie konfrontiert sind.