Neuer Big-Band-Leiter Alexander Eissele: Swingt genau!
09.11.2020 Der klassische Klarinettist und Big-Band-Leiter will mit dem Ensemble an Feinheiten arbeiten, aber auch musikalische Freiheit fördern. Seit 1999 spielt Eissele bei den Lüneburger Symphonikern, war unter anderem mit Claudio Abbado auf Tournee und hat ein großes Vorbild.
Als er zum ersten Mal Schallplatten von Hugo Strasser hörte, war Alexander Eissele war noch keine zehn Jahre alt. Sein Vater brachte Aufnahmen der damaligen Swing-Größen mit nach Hause. Doch keiner faszinierte den Jungen so sehr wie der Klarinettist Hugo Strasser. Der legendäre Jazzmusiker gehörte zu den wichtigsten Bandleadern in Deutschland und galt als virtuoser Instrumentalist. Er inspirierte den damals neunjährigen Alexander, Klarinette zu lernen. Der Junge mochte das Instrument nicht nur, er hatte auch Talent. Sein Musiklehrer förderte ihn und als Teenager lernte Eissele zusätzlich Saxophon. Mit beiden Instrumenten bewegte sich der Musiker immer zwischen Jazz und Klassik. Den Mitgliedern der Leuphana Big Band möchte er das Beste von beidem mitgeben: „Die Genauigkeit habe ich vom Orchester, die musikalische Freiheit vom Jazz“, erklärt Eissele.
Seit 1999 ist er stellvertretender Solo-Klarinettist mit Verpflichtung zur Baßklarinette bei den Lüneburger Symphonikern. Eissele studierte an der Musikhochschule Freiburg i. Br. und der Hochschule für Musik und darstellende Kunst Frankfurt a.M. Klarinette mit künstlerischer als auch pädagogischer Ausrichtung. Er suchte immer Lehrende, die seine Schwächen stärken. Bei der Leuphana Big Band hört er nun selbst genau hin. Der Musiker plant gemeinsame Probenwochenenden mit Expert*innen-Workshops, um das Klangbild der einzelnen Satzgruppen zu verbessern: „Durch Corona können wir nicht für ein Konzert üben. Dadurch haben wir die Möglichkeiten, mehr an den Feinheiten zu arbeiten.“ Vier Stücke von Swing bis Funk stehen zurzeit auf dem Programm. Eissele möchte „unnatürliche Hierarchien“ abbauen: „Ich will durch Kompetenz überzeugen und alle mitnehmen. Die Musiker*innen sollen sich freispielen.“ Ein falscher Ton sei nicht schlimm: „Proben heißt Probieren.“ Gleichzeitig sei er aber auch „penibel“.
Leidenschaft und Anspruch gehören für Alexander Eissele zusammen. Mit Mitte 20 wurde er ins Gustav Mahler Jugendorchester aufgenommen und ging auf Sommertournee mit dem Stardirigenten Claudio Abbado. „Wir führten die Gurrelieder von Schönberg in der Felsenreitschule Salzburg, in Edinburgh oder der MUK Lübeck auf. Ich habe jeden Abend um mein Leben gespielt“, erinnert sich Alexander Eissele. Er musizierte außerdem bei der Jungen Deutschen Philharmonie sowie der Bayerischen Orchesterakademie und war an den Opernhäusern Darmstadt und Köln engagiert. Neben seiner Tätigkeit bei den Lüneburger Symphonikern war Alexander Eissele Dozent beim Landesjugendorchester Baden-Württemberg. Außerdem leitet er in seiner Heimatstadt Göppingen die Lumberjack Big Band. „Klassik oder Jazz? Ich spiele beides gern“, sagt Eissele. Allerdings erlebte er 2013 etwas, was ihm nur der Swing bieten kann: Hugo Strasser war als Solist bei der Lumberjack Big Band zu Gast und Eissele dirigierte: „Mein Vorbild stand gleich neben mir auf der Bühne und wir machten gemeinsam Musik. Das war ein ganz besonderer Moment.“