Den Mooren zuhören: Land schafft Klang
„Wie aus Naturgeräuschen Musik entsteht“
08.12.2025 Unter der Überschrift „Land schafft Klang“ lädt die Leuphana am Dienstag, 16. Dezember, ab 18 Uhr ins Zentralgebäude zur Ausstellung, kurzen Vorträgen, einer Talk-Runde und musikalischer Performance ein. Forschende, Studierende sowie Bürgerinnen und Bürger Lüneburgs sind herzlich eingeladen, dieses außergewöhnliche Klangexperiment mitzuerleben. Der Abend steht auch im Zeichen des 100jähigen Jubiläums der Studienstiftung des deutschen Volkes (SdV). Der Eintritt ist frei.
©Kurt Holzkämper/MONAS
Der Frühnebel hängt noch über dem Moor. Klangkünstler Kurt Holzkämper trägt Kopfhörer und lauscht einem Rauschen, Gurgeln und Klopfen – tiefen, dumpfen, rhythmischen Geräuschen, die fast wie ein Herzschlag wirken. Mehrere Meter tief sind die Mikrofone im Boden des Großen Moores bei Wietzendorf in der Lüneburger Heide versenkt. „Moore haben etwas Mystisches. Was wir jedoch häufig unterschätzen: Landschaften besitzen ihren eigenen Klang“, sagt der Potsdamer Umweltwissenschaftler Prof. Dr. Hubert Wiggering. Gemeinsam mit Studierenden der Leuphana Universität hat das Künstlerkollektiv MONAS collective for environmental art im Moor Naturklänge gesammelt.
Der Hamburger Komponist Dominic Wills hat diese Aufnahmen weiterbearbeitet und daraus die Chorkomposition „cantata for an ecosystem“ entwickelt. Impulse erhielt er von einem Komplementärseminar der Leuphana unter Leitung der Philosophin PD Dr. Steffi Hobuß. Sie betont den transdisziplinären Ansatz: „Es ist faszinierend zu beobachten, wie aus Naturgeräuschen Musik entsteht – und welches Verständnis von Klang und Komposition die Studierenden dabei entwickeln.“ Die Studierenden waren dabei Forschende und künstlerische Impulsgeber zugleich: Aus ihren Eindrücken von der Moor-Exkursion entstanden acht kreative Impulse – Worte, Bilder, Videos oder Gedichte –, die den Ausgangspunkt für die Komposition bildeten. Auch das Komplementärseminar „Konzerte als transformative Lernerfahrung: ein Leuphana Concert Lab-Seminar“ unter Leitung von Lea Jakob steuerte Beiträge bei.
Moore sind wertvolle Ökosysteme, die eine entscheidende Rolle für Klima und Artenvielfalt spielen. „Sie speichern enorme Mengen Kohlenstoff im Boden, funktionieren aber nur, wenn sie nass sind“, erklärt Hubert Wiggering. Da in Deutschland der Großteil der Moore entwässert wurde und dadurch große Mengen CO₂ freisetzt, ist ihr Schutz und ihre Wiedervernässung heute besonders wichtig.
Würdigung der Studienstiftung des deutschen Volkes
Mit dem ungewöhnlichen Klangprojekt würdigt die Leuphana auch ein besonderes Jubiläum: Der Leuphana Kammerchor präsentiert unter der Leitung von Musikdirektorin Rebecca Lang das Chorwerk anlässlich der 100 Jahr-Feier der SdV. Verteilt über das Jahr 2025 hat die Studienstiftung gemeinsam mit Hochschulen das erfolgreiche Jahrhundert ihrer Förderung von akademischen Talenten, die gleichzeitig ein großes gesellschaftliches Engagement zeigen, mit unterschiedlichen Formaten gefeiert. Die Leuphana möchte neben bereits über das laufende Jahr durchgeführten Veranstaltungen am Campus zum ausklingenden Dezember für die Unterstützung ihrer zahlreichen Stipendiaten*innen durch die SdV danken.
Mit der Kantate auch Diskurse anstoßen
Naturaufnahmen aus dem Moor verschmelzen an dem Abend mit einer zeitgenössischen Neukomposition: „Wir haben einen einzigartigen kreativen Prozess erlebt, und ich freue mich sehr, gemeinsam mit unseren Sänger*innen das Ergebnis zu präsentieren“, erklärt Rebecca Lang.
College-Student Mathis Schräder, Tenor im Kammerchor, gibt Einblicke in die Probenarbeit: „Für mich ist es etwas Besonderes, ein so wichtiges Thema musikalisch zu verarbeiten und Aufmerksamkeit dafür zu schaffen. Ziel der Kantate ist nicht in erster Linie, schön zu klingen, sondern Eindrücke zu erzeugen und Diskurse anzustoßen.“
Die Veranstaltung beginnt mit der Keynote „Echoes of the Anthropocene“, gehalten von Pedro J. S. Vieira de Oliveira, ehemaliger Fellow des Leuphana Institute of Advanced Studies. Anschließend führen Kurt Holzkämper und Hubert Wiggering in das Projekt „Land schafft Klang“ ein. Nach der Aufführung der Kantate folgt die Gesprächsrunde „Die Akustik der Moore und die gesellschaftliche Transformation“ – unter anderem mit der Leuphana-Ökologin Prof. Dr. Vicky Temperton.
Rückfragen und Kontakt
- Dr. Markus Lemmens