Emily Sigman - Per Frachtschiff und Zug von New Haven nach Ghana

Bundeskanzler-Stipendium

22.08.2023 Die Amerikanerin schloss ihr Studium an der Yale University mit einem gemeinsamen Master-Abschluss in Forstwirtschaft (Yale School of Forestry) und Global Affairs (Jackson Institute for Global Affairs) ab. In den nächsten Monaten wird sie am Social-Ecological Systems Institute (SESI) bei Prof. Dr. Jörn Fischer arbeiten und ihr Buch über Kakao fertigstellen.

"Wir denken bei Kakao oft nur an den Hauptbestandteil von Schokolade.  Aber Kakao ist viel mehr als das - er ist eine komplexe Substanz, die von Bäumen mit komplexen biologischen Beziehungen stammt und in vielen wichtigen Momenten der Menschheitsgeschichte eine Schlüsselrolle gespielt hat." ©Leuphana/Marietta Hülsmann
"Wir denken bei Kakao oft nur an den Hauptbestandteil von Schokolade. Aber Kakao ist viel mehr als das - er ist eine komplexe Substanz, die von Bäumen mit komplexen biologischen Beziehungen stammt und in vielen wichtigen Momenten der Menschheitsgeschichte eine Schlüsselrolle gespielt hat."

Emily Sigman konnte den Koffer für die große Seereise kaum tragen. Sie hatte alle Bücher und wissenschaftlichen Artikel über Kakao eingepackt, die sie finden konnte. Sieben Wochen lang war sie in Zügen und Frachtschiffen auf dem Weg von New Haven nach Ghana unterwegs: "Ich hatte weder Internet noch Fernseher und konnte mich ganz auf den Inhalt meines Bücherkoffers konzentrieren", erinnert sich die Amerikanerin. Sie hätte auch fliegen können, entschied sich aber, die lange Reise für ihre Forschung zu nutzen. Emily Sigman ist daran interessiert, Kakao als Objektiv für das Verständnis komplexer Systeme zu nutzen: "Wir denken bei Kakao oft nur an den Hauptbestandteil von Schokolade.  Aber Kakao ist viel mehr als das - er ist eine komplexe Substanz, die von Bäumen mit komplexen biologischen Beziehungen stammt und in vielen wichtigen Momenten der Menschheitsgeschichte eine Schlüsselrolle gespielt hat."

Für die Recherchen zu ihrem Buch reiste Emily Sigman an viele Orte, unter anderem nach Ghana, wo ein großer Teil des weltweiten Kakaos angebaut wird.  Dort untersuchte sie nicht nur die Rolle, die der Kakao bei der Sicherung der Unabhängigkeit Ghanas von Großbritannien spielte, sondern auch, wie der Anbau von einer quasi-staatlichen Behörde namens Ghana Cocoa Board vermittelt wird. "Viele große Unternehmen und bewusste Verbraucher versuchen, die Nachhaltigkeit und Gerechtigkeit im westafrikanischen Kakaoanbau zu verbessern, indem sie sich auf einzelne Kakaobauern konzentrieren", erklärt sie, "aber in vielen Fällen sind diese Bauern in Ghana - aufgrund des Einflusses des Cocoa Board - eher ein Mythos als eine Realität."  Emily fand heraus, dass der heutige Kakaoanbau oft stark von Dienstleistern abhängig ist, die meist unterbezahlt und oft nur saisonal beschäftigt sind." Auf den Plantagen gibt es zum Beispiel Leute, die kommen, um zu düngen; Leute, die kommen, um von Hand zu bestäuben oder Lieferanten, die die Kakaosetzlinge bringen. Die Forscherin führte eine Interviewstudie in Ghana durch. Ihre Arbeit wurde durch das Fox Fellowship, ein Programm der Yale University, finanziert. "Was möchten Sie den Menschen mitteilen?" fragte Emily Sigman die Arbeiter. Ihre Antwort war kurz: "Dass wir existieren."

Die Interviews sind Teil des Buches "In the Shade of the World Tree", das Emily Sigman während ihres Aufenthaltes an der Leuphana fertigstellen möchte. Sie schreibt aus einer sozial-ökologischen Perspektive und thematisiert unter anderem die Geschichte des Kakaoanbaus, den Einfluss der Kolonialisierung, erklärt aber auch die Ökophysiologie des Kakaos und die chemischen Wechselwirkungen im menschlichen Körper.

Gefördert wird die Amerikanerin durch das Bundeskanzler-Stipendium der Alexander von Humboldt-Stiftung. Das Stipendium steht unter der Schirmherrschaft der Bundeskanzlerin der Bundesrepublik Deutschland und unterstützt die Durchführung eines selbstgewählten Projekts, das die wissenschaftliche Entwicklung fördert, gesellschaftlich relevant ist und eine nachhaltige öffentliche Wirkung hat. Emily Sigman ist eine von fünfzig Stipendiaten, die aus einem großen Pool von Bewerbern aus den USA, der Volksrepublik China, Indien, Brasilien und Südafrika ausgewählt wurden, die zusammen ein internationales Netzwerk von engagierten Führungskräften bilden.

An der Leuphana wird Emily Sigman während des Stipendiums von Prof. Dr. Jörn Fischer, Professor für Sustainable Landscapes, betreut. "Ich freue mich sehr, an der Leuphana arbeiten zu können und bin dankbar für die Unterstützung bei der Bewerbung um das Kanzlerstipendium", sagt die Amerikanerin. Neben der regelmäßigen Zusammenarbeit mit Mitgliedern des SESI-Teams bei Vorträgen, Präsentationen und verschiedenen Projekten zu Restaurierung und sozial-ökologischen Systemen arbeitet die ausgebildete Försterin Emily Sigman an dem von der DFG geförderten Projekt "A Social-Ecological Systems Approach to inform Ecosystem Restoration in Rural Africa" mit. Die Wiederherstellung von Ökosystemen wird aus einer sozial-ökologischen Systemperspektive betrachtet. "Emilys Hintergrundwissen im Bereich Restaurierung - insbesondere durch ihre frühere Arbeit und ihre Verbindungen in Yale - sollte uns helfen, Synergien zwischen den verschiedenen Aktivitäten rund um unser DFG-finanziertes Projekt zu schaffen", sagt Jörn Fischer. Im Rahmen eines anderen Stipendiums, des Global Food Fellowship an der Yale University, untersuchte Emily Sigman Obstmärkte in Russland - sowohl im Hinblick auf die Produkte als auch auf die Menschen, die sie verkaufen. Sie führte Interviews und diskutierte ihre Ergebnisse im Kontext der sozio-ökologischen Resilienz. Darüber hinaus war Emily Sigman NSF-Stipendiatin in Yale und verbrachte zuletzt ein Jahr in Taiwan, um Mandarin zu lernen und mit Unterstützung eines Richard-U-Light-Stipendiums an dem Buch zu arbeiten.

Nach ihrem Aufenthalt an der Leuphana wird Emily Sigman in Dartmouth, einer der renommiertesten und ältesten Universitäten der USA, promovieren.