Die Kommune der Zukunft
Im Auditorium des Libeskind-Gebäudes stand Vizekanzler und Bundesfinanzminister Olaf Scholz vier Studierenden Rede und Antwort zum Thema Wohlstand in Europa. Das gespannte Lauschen des Publikums wandelte sich innerhalb der zwei Stunden hin zu einem lauthalsen Wortgefecht. Eine kontroverse Diskussion in Zitaten.
von Natalie Axmann.

Zum Abschluss der Konferenzwoche betritt Olaf Scholz das Podest des bis auf den letzten Platz besetzten Auditoriums. Zunächst eröffnet der Vizekanzler und Bundesfinanzminister seine Veranstaltung mit einer kurzen Keynote, in der er die Frage "Teilen oder Wachsen?" beantwortet. Im Anschluss treten vier Studierende der Leuphana Universität auf die Bühne und diskutieren angeregt mit Scholz über vielfältige Themen, wie das bedingungslose Grundeinkommen, die Flüchtlingspolitik oder die Klimakrise.
Nicht nur auf der Bühne, sondern auch im Publikum wird kontrovers diskutiert, als Olaf Scholz seinen Standpunkt zu diesen Themenbereichen innerhalb und außerhalb Europas deutlich macht.

Zitat 1: Olaf Scholz zur Frage: “Teilen oder Wachsen?”
Ich will gleich anfangen, indem ich sage, dass ich nicht so sicher bin, ob dieser Gegensatz die richtige Frage ist: teilen ODER wachsen? Weil, dass man teilen muss, fällt mir als Sozialdemokrat einzusehen nicht schwer [...], aber dass Wachstum deshalb ausgeschlossen ist und dass es nur diese Alternative gibt, das finde ich, ist keineswegs so selbstverständlich.

Zitat 2: Olaf Scholz zum Klimaschutz
Auf die Frage: Warum sollen wir in Deutschland etwas tun, wo wir doch nur zwei Prozent der Weltemission zu verantworten haben, ist meine Antwort: Erstens sind zwei Prozent, gemessen an unserem Anteil an der Bevölkerung genau ein Prozentpunkt zu viel. Zweitens ist es auch deshalb falsch, weil wir mit unseren wirtschaftlichen, technologischen und ökonomischen Möglichkeiten auch diejenigen sein können, die Klimaneutralität nicht nur bei uns möglich machen, sondern diese auch auf der ganzen Welt eingesetzt werden können. Das ist unsere Verantwortung und vor der dürfen wir uns nicht drücken.

Zitat 3: Olaf Scholz zur Ressourcenfrage
Wichtiger als die Frage, mit den Rohstoffen, ist die Frage, ob es überall Institutionen gibt, die es möglich machen, dass dort Arbeitsplätze entstehen können, die nicht abhängig sind von allein diesen Produkten (Rohstoffen, Anm. d. Red.). Denn das wäre eine Fehlentwicklung der Welt, wenn für […] Rohstoffe aller Art besser und fairer bezahlt wird […]. Aber es darf nicht vergessen werden […], dass die Chancen darin liegen, dass dort (Entwicklungsländern, Anm. d. Red.) eine eigenständige Weiterentwicklung der Industrialisierung stattfindet, die dazu führt, dass die Einwohner eine gute Perspektive haben.

Zitat 4: Olaf Scholz zur Flüchtlingspolitik
Wir brauchen eine Politik in Bezug auf die Lage in diesen Ländern. Und das heißt auch, dass wir Geld geben, um die Situation vor Ort zu verbessern, und dass wir es für uns als große Aufgabe begreifen, bei der Integration mitzuhelfen. […] Flüchtlingscamps […], die 50, 60, 70 Jahre unverändert da sind, wo die Leute nicht rauskommen und wo sie ihr Leben nicht verändern können, sind keine Lösung. Und wenn wir uns da mitengagieren, ist das glaube ich der richtige Weg.

Zitat 5: Olaf Scholz zur Rüstungsindustrie
Was ich nicht richtig fände, wäre die Vorstellung, dass man ohne Verteidigung, ohne Armee und ohne Rüstungswirtschaft auskommen könnte. Das glaube ich, würde uns in größte Abhängigkeit bringen und wir würden nicht in der Lage sein, unsere eigenen Gesichtspunkte und eigene Unabhängigkeit zu verteidigen. […] Ohne eigene Verteidigungswirtschaft würden wir die Waffen kaufen müssen, die andere uns mitteilen. Das glaube ich, kann man nicht verantworten. Deshalb glaube ich, gehört es zur Demokratie und Unabhängigkeit dazu, dass wir auch in Zukunft diese Fähigkeit zu besitzen. […] Und deshalb wünsche ich mir eigentlich eine größere europäische Zusammenarbeit und ein europäisches Rüstungsexportregime, das so strikt ist, wie wir das hier zu Lande in Deutschland richtig finden.

Zitat 6: Olaf Scholz zum Sozialstaat
Wir haben viele Sozialleistungen erhöht. Eine der wichtigsten Verbesserungen sind mehrfach Erhöhungen des Kindergeldes und des Kinderzuschlags für erwerbstätige Familien. […] Wir haben das Wohngeld und das Bafög erhöht und alle möglichen Dinge in dieser Richtung getan. […] Und deshalb finde ich, kann man über alles Mögliche diskutieren, aber den Zusammenhang zwischen der Frage der Haushaltspolitik und der sozialstaatlichen Fragestellung kann ich gerade nicht erkennen, denn wir sind genau in die andere Richtung unterwegs […]. In einer Zeit mit so viel Veränderung brauchen wir einen sehr bewussten Sozialstaat, ausgestattet mit Steuerzuschüssen und Versicherungsbeiträgen.

Zitat 7: Olaf Scholz zum bedingungslosen Grundeinkommen
Das halte ich für herzlosen Neo-Liberalismus und deshalb glaube ich, dass das Konzept des bedingungslosen Grundeinkommens eigentlich eine ganz unmoralische Aussage beinhaltet, nämlich dass man sich um einen Teil der Bürger nicht kümmert. […] Also für mich erinnert das mehr an Rom und Brot und Spiele als an ein soziales Gesellschaftsmodell und deswegen finde ich es ganz furchtbar.

Zitat 8: Olaf Scholz
Wenn Leute, die rechte Taten begehen oder eine rechte Einstellung entwickeln, es damit schönreden, dass es ihm gerade in ihrer Situation schlecht geht, dann hat derjenige eine ganz zentrale moralische Konstante unseres Lebens nicht begriffen.
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