Eine Weltraumreise - von der Sonne über planetare Grenzen zum selbst

Claus Leggewie nimmt uns mit auf eine Weltraumreise von ganz außen nach ganz innen. Wie sich die Perspektive auf diesen Planeten ändert.

Eine Reportage von Julie Hervé.

Claus Leggewie (69) in seinem Vortrag “Planetares Denken in Europäischer Perspektive” ©Julie Hervé
Claus Leggewie (69) in seinem Vortrag “Planetares Denken in Europäischer Perspektive”

Claus Leggewie sitzt in einem Sessel auf der kleinen Bühne in einem Saal hoch oben im fünften Stock. Die großzügigen Fensterfronten geben den Blick frei auf Lüneburger Waldflächen und weit entfernte, langsam rotierende Windräder. Der Professor für Politikwissenschaften und Mitglied des Wissenschaftlichen Beirats der Bundesregierung Globale Veränderung (WBGU),  begrüßt die Anwesenden mit den Worten.

Der Aufstieg in den Weltraum

Auf dem  großen Bildschirm neben der Bühne erscheint ein beeindruckendes Bild. “Earthrise”: Der Aufgang der Erde - Weihnachten 1968, zum allerersten Mal aufgenommen von der Mondmission Apollo 8.

 “Earthrise” - 1968 ©"Earthrise" - 1968 Bill Anders / Public domain https://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/a/a8/NASA-Apollo8-Dec24-Earthrise.jpg
“Earthrise” - 1968

Die Aufnahme geht über in weitere bahnbrechende Bilder aus dem All. Fotografien, die die Welt von außen und von oben zeigen. Die Erde aus 45.000 und dann aus 6 Milliarden Kilometern Entfernung. Eine winzig kleine blaue Kugel in schwarzen Tiefen. Sie wirkt klein, verletzlich. Unbedeutend?

Die Bilder markierten ab den Siebziger Jahren einen dramatischen Perspektivwechsel, der den Start von Umweltbewegungen und die Formulierung von Nachhaltigkeitszielen in der internationalen Politik erst möglich machte.

„Es entwickelte sich eine Forschung, die über die Grenzen hinweg Erdsysteme analysiert hat und Verschlüsse für die Erhaltung des Planeten nutzbar machen wollte.“ Claus Leggewie betont an dieser Stelle seiner „Reise“ den Übergang vom planetischen zum planetaren Weltbild. Die Raumfahrt sei in interplanetare Räume vorgestoßen.

Station Erde: Planetare Grenzen 

Dieser Perspektivwechsel überwinde die arrogante Selbstüberschätzung des Menschen, das Zentrum allen Lebens zu sein, so Leggewie. Angekommen im Anthropozän. Der geophysikalischen Entwicklungsstufe in der Gegenwart, „... in welcher der Mensch der Hauptverursacher der Umweltschäden ist, sie aber eben nicht mehr zu korrigieren vermag.“

Claus Leggewie führt auf seiner Reise vorbei an Meilensteinen der Nachhaltigkeitsentwicklung. Vor den Augen der Anwesenden erscheint eine Grafik: Die im Jahr 2009, von einer Forschungsgruppe des Stockholm Resilience Centre veröffentlichten „Planetary Boundaries“.  Die Grafik visualisiert die ökologischen Grenzen der Erde, deren Überschreitung die Stabilität des Ökosystems und die Lebensgrundlagen der Menschheit gefährden. Sie zeigt: Die Menschheit hat einen sehr konkreten Handlungsspielraum.

https://en.wikipedia.org/wiki/Planetary_boundaries#/media/File:Planetary_Boundaries.png  Quelle: Planetary boundaries according to the paper by Rockström et al. published in Nature in 2009. By Felix Mueller. ©Felix Müller (www.zukunft-selbermachen.de)
https://en.wikipedia.org/wiki/Planetary_boundaries#/media/File:Planetary_Boundaries.png Quelle: Planetary boundaries according to the paper by Rockström et al. published in Nature in 2009. By Felix Mueller.

„Am Horizont steht ein Stoppschild und heißt Heute“

Die Reise von Claus Leggewie endet genau hier. Heute. Zu Zeiten der Klima-Proteste, die ihm zufolge “...das Beste sind, was uns passieren konnte.” Wir seien an einem Punkt, wo Städte agieren, wenn Nationalstaaten dies nicht mehr tun.

An dieser Stelle nennt Claus Leggewie die internationale gesellschaftspolitische Klimabewegung Extinction Rebellion und ihre Forderung nach radikalen Beschränkungen. Unter anderem: Null Emissionen bis 2025.

„Wir haben hier eine in den letzten 10 Jahren weltweit aktive (...) sehr wirksame und massiv auftretende Protestbewegung. Das hat für erstens, die Bewusstwerdung dessen, worüber wir reden und zweitens, für die Inangriffnahme von Klimaschutzplänen, ob die nun auf der lokalen Ebene oder im Rahmen des Pariser Abkommens global sind, eine Bedeutung gehabt. Und natürlich ist es klar, dass diese Bewegung weitergeht, weil es ja nie genug ist, was im Moment gerade passiert.“

Die Weltraumreise von Claus Leggewie hat sein Publikum mitgenommen, von ersten Aufnahmen der Erde zum Bewusstwerden dessen was unser Planet ist, und welche Grenzen er hat. Sie führte an Meilensteinen vorbei, zum Jetzt. Dem Jetzt, in dem wir handeln müssen.

„Es ist ohne Zweifel wichtig, dass jede und jeder Einzelne im Moment, sich nachhaltigkeitskonformer verhält“, beendet er seinen Vortrag. „Im einzelnen muss das Ganze experimentell und wie ich finde, freundlich und mit Humor gelöst werden. In der Anerkennung dessen, das Menschen fehlbar sind und, dass wir uns gemeinsam bemühen werden etwas auf die Beine zu stellen.“

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