Studierende im Porträt: Karolin Thielemann – Hungrige Algen

16.11.2020 Die Studentin der Umweltwissenschaften analysiert für ihre Bachelorarbeit die Ökobilanz von Algenkultivierungen, die etwa helfen könnten, aus Lebensmittelabfällen einen Soja-Ersatz herzustellen. Die 24-Jährige belegte mit ihrer theoretischen Untersuchung den zweiten Platz beim „Food for Thought“-Wettbewerb im Rahmen der LCA-Food 2020 Konferenz.

Für ihre Forschungsarbeit ging Karolin Thielemann komplett theoretisch vor. Dennoch konnte Sie ebenfalls im Labor die erforschte Alge präsentieren. ©Marvin Sokolis / Leuphana
Studentin Karolin Thielemann zeigt im Labor die von ihr erforschte Alge.

Galdieria sulphuraria ist mikroskopisch klein, könnte aber Großes bewirken: Die Alge betreibt einerseits Photosynthese, verbraucht also Kohlendioxid. Andererseits kann sie auch Zucker verstoffwechseln. Diese Fähigkeiten machen sie für die Wissenschaft interessant. „Durch Mikroalgen könnte Soja nachhaltig ersetzt werden“, erklärt Karolin Thielemann. Galdieria sulphuraria besteht nämlich aus einer proteinreichen Biomasse, die als Fleisch- oder Futterersatz dienen kann. Die Studentin der Umweltwissenschaft schreibt ihre Bachelorarbeit über das Life-Cycle-Assessment (LCA) von Algenkultivierungen bei Apl.-Prof. Dr. Daniel Pleissner am Institut für Nachhaltige Chemie und Umweltchemie. Bei der theoretischen Arbeit schaut sie sich jeden Schritt an, vom Ansetzen der Kultur etwa in Bioreaktoren bis zur Algenernte beispielsweise durch Zentrifugation. Sie greift auf Literaturdaten zurück und prüft die Ökobilanz der einzelnen Schritte: Wie viel Energie wird verbraucht? Wie hoch ist der CO2-Ausstoß? „Bei der Algenkultivierung werden bereits einige Verfahren praktisch umgesetzt. Über den Umwelteinfluss im Zusammenhang mit der Verwertung von Lebensmittelabfällen ist aber nicht viel bekannt“, erklärt Karolin Thielemann. 

Algenkultivierung kann eine wertvolle Ergänzung zur klassischen Landwirtschaft sein: „Sie ist wetter- und lichtunabhängig und mindert den Landnutzungsduck, da weniger Flächen und Wasser benötigt werden“, sagt sie. Karolin Thielemann studiert im Major Umweltwissenschaften. „Im Programm werden relevante Inhalte aus Natur- und Humanwissenschaften gelehrt. Das Studium ist sehr interdisziplinär. Damit hebt sich die Leuphana heraus“, sagt die Studentin. Sie hat viel Arbeit in ihr Abschlussthema gesteckt und beispielsweise noch ein Modul zur Modellierung und Erstellung von Ökobilanzen belegt. Der Einsatz hat sich gelohnt: Daniel Pleissner schlug ihr die Teilnahme beim wissenschaftlichen Wettbewerb „Food for Thought“ im Rahmen der internationalen LCA Food Konferenz 2020 vor. Es sollten umsetzbare Ideen zur Nutzung von CO2-Emissionen aus der Zementindustrie entwickelt werden, durch die neue Biomasse für die Lebensmittelproduktion hergestellt werden kann. Oft haben die Verfahren einen Flaschenhals: Sie sind mit einem hohen Energieverbrauch verbunden oder verursachen selbst Emissionen. Deshalb sollte die Idee für den Wettbewerb nicht nur innovativ sein, auch die Ökobilanz musste stimmen. 

Wegen der Corona-Pandemie stellte Karolin Thielemann ihre Ideen auf der Konferenz online vor: Algen sollten die CO2-Emissionen aus der Zementindustrie photosynthetisch abbauen. Außerdem diskutierte sie den Abbau und Umbau von Lebensmittelabfällen durch Algen. Eine internationale Fachjury fragte kritisch nach: „Ich hatte vorher einiges an Zeit investiert, deswegen konnte ich alles gut beantworten. Insgesamt habe ich ein sehr gutes Feedback bekommen. Das war eine bereichernde Erfahrung“, sagt die Studentin. Ganz besonders hat sie sich dann über die Auszeichnung gefreut: „Zweiter Platz! Damit hatte ich gar nicht gerechnet.“ Ihr Prüfer Daniel Pleissner ist sehr zufrieden mit der Leistung seiner Studentin: „Sie hat sich nicht nur innerhalb kürzester Zeit ein fundiertes Wissen angeeignet, sondern dieses auch in drei herausfordernden Runden einer internationalen Jury gegenüber dargelegt“, sagt der Wissenschaftler. Wenn Karolin Thielemann ihren Bachelor-Abschluss in der Tasche hat, kann sie sich ein Master-Studium im Bereich der Umweltforschung vorstellen.

Kontakt

  • Prof. Dr. Daniel Pleissner